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Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792.

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LX. Betrachtung.
"Segenswünsche beglücken können?" Seine Schü-
ler, die es nicht gerne sahen, daß man Kinder herzu-
führte, und sie in ihrer Unterredung mit Jesu unter-
brach, legten es den Eltern für Unbescheidenheit aus,
daß sie so zudringlich wären. Wahrscheinlich wa-
ren sie auch für die Ruhe ihres Herrn besorgt, und
wollten es hindern, daß er nicht in den wichtigen Ge-
schäften seines Lehramts von allen Seiten gestört wür-
de. Darum wiesen sie viele zurück, und suchten sie
zu entfernen. Allein kaum merkte es der menschen-
freundliche Jesus, so gab er seinen Jüngern in Ge-
genwart der Eltern einen Verweis; denn er hielt
diese Kleinen seines Segens würdig, wenn sie gleich
seines Unterrichts noch nicht fähig waren, und sie
selbst diese Kleinen naheten sich gerne zu dem Manne,
der so viel gefälliges im Gesichte, und so viel liebrei-
ches in seinen Reden blicken ließ. Mit Liebe und
Anmuth und ganz im einladenden Tone sprach er:
Lasset die Kindlein zu mir kommen, und wehret ih-
nen nicht, denn solcher ist das Reich Gottes.
Das
ist: haltet sie nicht zurück diese Kleinen, eben solche
sanfte bescheidene Seelen sind es, die sich für das
himmlische Reich am besten schicken, und am gewisse-
sten in dasselbe kommen. Hätten nur alle die Ge-
sinnungen dieser Kinder, wären nur alle so unverdor-
ben; so würde meine Lehre mehr Eingang finden,
und sich schneller verbreiten. Ganz beschäftigte er

sich

LX. Betrachtung.
„Segenswünſche beglücken können?“ Seine Schü-
ler, die es nicht gerne ſahen, daß man Kinder herzu-
führte, und ſie in ihrer Unterredung mit Jeſu unter-
brach, legten es den Eltern für Unbeſcheidenheit aus,
daß ſie ſo zudringlich wären. Wahrſcheinlich wa-
ren ſie auch für die Ruhe ihres Herrn beſorgt, und
wollten es hindern, daß er nicht in den wichtigen Ge-
ſchäften ſeines Lehramts von allen Seiten geſtört wür-
de. Darum wieſen ſie viele zurück, und ſuchten ſie
zu entfernen. Allein kaum merkte es der menſchen-
freundliche Jeſus, ſo gab er ſeinen Jüngern in Ge-
genwart der Eltern einen Verweis; denn er hielt
dieſe Kleinen ſeines Segens würdig, wenn ſie gleich
ſeines Unterrichts noch nicht fähig waren, und ſie
ſelbſt dieſe Kleinen naheten ſich gerne zu dem Manne,
der ſo viel gefälliges im Geſichte, und ſo viel liebrei-
ches in ſeinen Reden blicken ließ. Mit Liebe und
Anmuth und ganz im einladenden Tone ſprach er:
Laſſet die Kindlein zu mir kommen, und wehret ih-
nen nicht, denn ſolcher iſt das Reich Gottes.
Das
iſt: haltet ſie nicht zurück dieſe Kleinen, eben ſolche
ſanfte beſcheidene Seelen ſind es, die ſich für das
himmliſche Reich am beſten ſchicken, und am gewiſſe-
ſten in daſſelbe kommen. Hätten nur alle die Ge-
ſinnungen dieſer Kinder, wären nur alle ſo unverdor-
ben; ſo würde meine Lehre mehr Eingang finden,
und ſich ſchneller verbreiten. Ganz beſchäftigte er

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[399/0425] LX. Betrachtung. „Segenswünſche beglücken können?“ Seine Schü- ler, die es nicht gerne ſahen, daß man Kinder herzu- führte, und ſie in ihrer Unterredung mit Jeſu unter- brach, legten es den Eltern für Unbeſcheidenheit aus, daß ſie ſo zudringlich wären. Wahrſcheinlich wa- ren ſie auch für die Ruhe ihres Herrn beſorgt, und wollten es hindern, daß er nicht in den wichtigen Ge- ſchäften ſeines Lehramts von allen Seiten geſtört wür- de. Darum wieſen ſie viele zurück, und ſuchten ſie zu entfernen. Allein kaum merkte es der menſchen- freundliche Jeſus, ſo gab er ſeinen Jüngern in Ge- genwart der Eltern einen Verweis; denn er hielt dieſe Kleinen ſeines Segens würdig, wenn ſie gleich ſeines Unterrichts noch nicht fähig waren, und ſie ſelbſt dieſe Kleinen naheten ſich gerne zu dem Manne, der ſo viel gefälliges im Geſichte, und ſo viel liebrei- ches in ſeinen Reden blicken ließ. Mit Liebe und Anmuth und ganz im einladenden Tone ſprach er: Laſſet die Kindlein zu mir kommen, und wehret ih- nen nicht, denn ſolcher iſt das Reich Gottes. Das iſt: haltet ſie nicht zurück dieſe Kleinen, eben ſolche ſanfte beſcheidene Seelen ſind es, die ſich für das himmliſche Reich am beſten ſchicken, und am gewiſſe- ſten in daſſelbe kommen. Hätten nur alle die Ge- ſinnungen dieſer Kinder, wären nur alle ſo unverdor- ben; ſo würde meine Lehre mehr Eingang finden, und ſich ſchneller verbreiten. Ganz beſchäftigte er ſich

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Zitationshilfe: Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/425>, abgerufen am 24.11.2024.