Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

LXIV. Betrachtung.
denn alsdann darf ich auch hoffen, daß sie ihre Freund-
schaft noch den Meinigen schenken, und sie nach mei-
nem Tode mit Rath und That unterstützen werden.
Kann ich meinen Angehörigen keine Schätze und irdi-
schen Güter zurück lassen, so sollen sie wenigstens Got-
tes Segen und einen guten Nahmen von mir erben;
und wenn mein Andenken unter den Menschen in Se-
gen bleibt, so wird ihnen das auch nützlich werden.
Habe ich ernstlich und nach meinen Kräften für die
Meinen gesorgt; habe ich nichts an ihnen versäumt
und verschuldet, habe ich selbst der Welt genutzt und
viel Gutes gethan: so kann ich sie desto getroster der
Fürsorge Gottes empfehlen, der ihnen nie abstirbt,
und der der rechte Vater ist über alles, was Kinder
heißt im Himmel und auf Erden. Dann werde ich
nicht ängstlich zagen, wenn mich der Tod von mei-
nen Lieben und Freunden ruft. Jch werde sie Jesu
empfehlen, der die Seinen liebte bis ans Ende.

Welch Beyspiel kindlich frommer Triebe,
Als unter Leiden ohne Zahl,
Der Herr, dem Jünger seiner Liebe,
Die Mutter, sterbend, anbefahl!
Ach wird mein Aug' einst um die Meinen
Jn seiner letzten Stunde weinen,
So soll dies Wort mir Trost verleihn:
Der, als der Tod schon um ihn schwebte,
Die Seinen noch zu schützen strebte,
Wird auch der Meinen Pfleger seyn.


Fünf-

LXIV. Betrachtung.
denn alsdann darf ich auch hoffen, daß ſie ihre Freund-
ſchaft noch den Meinigen ſchenken, und ſie nach mei-
nem Tode mit Rath und That unterſtützen werden.
Kann ich meinen Angehörigen keine Schätze und irdi-
ſchen Güter zurück laſſen, ſo ſollen ſie wenigſtens Got-
tes Segen und einen guten Nahmen von mir erben;
und wenn mein Andenken unter den Menſchen in Se-
gen bleibt, ſo wird ihnen das auch nützlich werden.
Habe ich ernſtlich und nach meinen Kräften für die
Meinen geſorgt; habe ich nichts an ihnen verſäumt
und verſchuldet, habe ich ſelbſt der Welt genutzt und
viel Gutes gethan: ſo kann ich ſie deſto getroſter der
Fürſorge Gottes empfehlen, der ihnen nie abſtirbt,
und der der rechte Vater iſt über alles, was Kinder
heißt im Himmel und auf Erden. Dann werde ich
nicht ängſtlich zagen, wenn mich der Tod von mei-
nen Lieben und Freunden ruft. Jch werde ſie Jeſu
empfehlen, der die Seinen liebte bis ans Ende.

Welch Beyſpiel kindlich frommer Triebe,
Als unter Leiden ohne Zahl,
Der Herr, dem Jünger ſeiner Liebe,
Die Mutter, ſterbend, anbefahl!
Ach wird mein Aug’ einſt um die Meinen
Jn ſeiner letzten Stunde weinen,
So ſoll dies Wort mir Troſt verleihn:
Der, als der Tod ſchon um ihn ſchwebte,
Die Seinen noch zu ſchützen ſtrebte,
Wird auch der Meinen Pfleger ſeyn.


Fünf-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0452" n="426"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">LXIV.</hi> Betrachtung.</fw><lb/>
denn alsdann darf ich auch hoffen, daß &#x017F;ie ihre Freund-<lb/>
&#x017F;chaft noch den Meinigen &#x017F;chenken, und &#x017F;ie nach mei-<lb/>
nem Tode mit Rath und That unter&#x017F;tützen werden.<lb/>
Kann ich meinen Angehörigen keine Schätze und irdi-<lb/>
&#x017F;chen Güter zurück la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o &#x017F;ollen &#x017F;ie wenig&#x017F;tens Got-<lb/>
tes Segen und einen guten Nahmen von mir erben;<lb/>
und wenn mein Andenken unter den Men&#x017F;chen in Se-<lb/>
gen bleibt, &#x017F;o wird ihnen das auch nützlich werden.<lb/>
Habe ich ern&#x017F;tlich und nach meinen Kräften für die<lb/>
Meinen ge&#x017F;orgt; habe ich nichts an ihnen ver&#x017F;äumt<lb/>
und ver&#x017F;chuldet, habe ich &#x017F;elb&#x017F;t der Welt genutzt und<lb/>
viel Gutes gethan: &#x017F;o kann ich &#x017F;ie de&#x017F;to getro&#x017F;ter der<lb/>
Für&#x017F;orge Gottes empfehlen, der ihnen nie ab&#x017F;tirbt,<lb/>
und der der rechte Vater i&#x017F;t über alles, was Kinder<lb/>
heißt im Himmel und auf Erden. Dann werde ich<lb/>
nicht äng&#x017F;tlich zagen, wenn mich der Tod von mei-<lb/>
nen Lieben und Freunden ruft. Jch werde &#x017F;ie Je&#x017F;u<lb/>
empfehlen, der die Seinen liebte bis ans Ende.</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Welch Bey&#x017F;piel kindlich frommer Triebe,</l><lb/>
            <l>Als unter Leiden ohne Zahl,</l><lb/>
            <l>Der Herr, dem Jünger &#x017F;einer Liebe,</l><lb/>
            <l>Die Mutter, &#x017F;terbend, anbefahl!</l><lb/>
            <l>Ach wird mein Aug&#x2019; ein&#x017F;t um die Meinen</l><lb/>
            <l>Jn &#x017F;einer letzten Stunde weinen,</l><lb/>
            <l>So &#x017F;oll dies Wort mir Tro&#x017F;t verleihn:</l><lb/>
            <l>Der, als der Tod &#x017F;chon um ihn &#x017F;chwebte,</l><lb/>
            <l>Die Seinen noch zu &#x017F;chützen &#x017F;trebte,</l><lb/>
            <l>Wird auch der Meinen Pfleger &#x017F;eyn.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Fünf-</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[426/0452] LXIV. Betrachtung. denn alsdann darf ich auch hoffen, daß ſie ihre Freund- ſchaft noch den Meinigen ſchenken, und ſie nach mei- nem Tode mit Rath und That unterſtützen werden. Kann ich meinen Angehörigen keine Schätze und irdi- ſchen Güter zurück laſſen, ſo ſollen ſie wenigſtens Got- tes Segen und einen guten Nahmen von mir erben; und wenn mein Andenken unter den Menſchen in Se- gen bleibt, ſo wird ihnen das auch nützlich werden. Habe ich ernſtlich und nach meinen Kräften für die Meinen geſorgt; habe ich nichts an ihnen verſäumt und verſchuldet, habe ich ſelbſt der Welt genutzt und viel Gutes gethan: ſo kann ich ſie deſto getroſter der Fürſorge Gottes empfehlen, der ihnen nie abſtirbt, und der der rechte Vater iſt über alles, was Kinder heißt im Himmel und auf Erden. Dann werde ich nicht ängſtlich zagen, wenn mich der Tod von mei- nen Lieben und Freunden ruft. Jch werde ſie Jeſu empfehlen, der die Seinen liebte bis ans Ende. Welch Beyſpiel kindlich frommer Triebe, Als unter Leiden ohne Zahl, Der Herr, dem Jünger ſeiner Liebe, Die Mutter, ſterbend, anbefahl! Ach wird mein Aug’ einſt um die Meinen Jn ſeiner letzten Stunde weinen, So ſoll dies Wort mir Troſt verleihn: Der, als der Tod ſchon um ihn ſchwebte, Die Seinen noch zu ſchützen ſtrebte, Wird auch der Meinen Pfleger ſeyn. Fünf-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/452
Zitationshilfe: Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/452>, abgerufen am 16.07.2024.