alles leicht, sie wagt und duldet alles, wenn sie ein- mal die herrschende Gesinnung der Seele gewor- den ist.
Auch für dich, o Mensch, ist, Gott über al- les zu lieben, die erste Pflicht, das fürnehmste Ge- bot. Das sagt dir gewiß schon dein Herz; denn er er ist dein Vater, er ist dein größter Wohlthäter, und könntest du wohl einen solchen Vater haben, und ihn nicht lieben? Könntest du ihn wohl deinen Wohl- thäter nennen, und gegen ihn nicht dankbar seyn? Gehe nur die Geschichte deines Lebens durch; suche nur überall die Spuren seiner Güte und Vaterliebe auf; bedenke nur, wie viel Gott von jeher, beson- ders durch seinen Sohn, Jesum Christum, deinen und aller Menschen Heiland, an dir gethan hat, und noch thut, und du wirst es fühlen, daß Gott deine ganze Liebe verdient; du wirst deine Lust und Freu- de an Gott haben, weil er so liebenswürdig ist, und weil du als Mensch und als Christ ein so vorzügli- cher Gegenstand seiner Güte bist. Voll von dieser Ueberzeugung wirst du ausrufen: hat Gott mich so sehr geliebt, so will ich ihn wieder lieben. Den- ke zu dem Ende oft und gern an ihn, deinen besten Wohlthäter, damit du dem David die Worte mit Beystimmung deines Herzens nachsprechen kannst: wenn ich mich zu Bette lege, so denke ich an dich; wenn ich erwache, so rede ich von dir.*) Dieser
Gedan-
*) Ps. 63, 7.
IX. Betrachtung.
alles leicht, ſie wagt und duldet alles, wenn ſie ein- mal die herrſchende Geſinnung der Seele gewor- den iſt.
Auch für dich, o Menſch, iſt, Gott über al- les zu lieben, die erſte Pflicht, das fürnehmſte Ge- bot. Das ſagt dir gewiß ſchon dein Herz; denn er er iſt dein Vater, er iſt dein größter Wohlthäter, und könnteſt du wohl einen ſolchen Vater haben, und ihn nicht lieben? Könnteſt du ihn wohl deinen Wohl- thäter nennen, und gegen ihn nicht dankbar ſeyn? Gehe nur die Geſchichte deines Lebens durch; ſuche nur überall die Spuren ſeiner Güte und Vaterliebe auf; bedenke nur, wie viel Gott von jeher, beſon- ders durch ſeinen Sohn, Jeſum Chriſtum, deinen und aller Menſchen Heiland, an dir gethan hat, und noch thut, und du wirſt es fühlen, daß Gott deine ganze Liebe verdient; du wirſt deine Luſt und Freu- de an Gott haben, weil er ſo liebenswürdig iſt, und weil du als Menſch und als Chriſt ein ſo vorzügli- cher Gegenſtand ſeiner Güte biſt. Voll von dieſer Ueberzeugung wirſt du ausrufen: hat Gott mich ſo ſehr geliebt, ſo will ich ihn wieder lieben. Den- ke zu dem Ende oft und gern an ihn, deinen beſten Wohlthäter, damit du dem David die Worte mit Beyſtimmung deines Herzens nachſprechen kannſt: wenn ich mich zu Bette lege, ſo denke ich an dich; wenn ich erwache, ſo rede ich von dir.*) Dieſer
Gedan-
*) Pſ. 63, 7.
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IX. Betrachtung.
alles leicht, ſie wagt und duldet alles, wenn ſie ein-
mal die herrſchende Geſinnung der Seele gewor-
den iſt.
Auch für dich, o Menſch, iſt, Gott über al-
les zu lieben, die erſte Pflicht, das fürnehmſte Ge-
bot. Das ſagt dir gewiß ſchon dein Herz; denn er
er iſt dein Vater, er iſt dein größter Wohlthäter,
und könnteſt du wohl einen ſolchen Vater haben, und
ihn nicht lieben? Könnteſt du ihn wohl deinen Wohl-
thäter nennen, und gegen ihn nicht dankbar ſeyn?
Gehe nur die Geſchichte deines Lebens durch; ſuche
nur überall die Spuren ſeiner Güte und Vaterliebe
auf; bedenke nur, wie viel Gott von jeher, beſon-
ders durch ſeinen Sohn, Jeſum Chriſtum, deinen
und aller Menſchen Heiland, an dir gethan hat, und
noch thut, und du wirſt es fühlen, daß Gott deine
ganze Liebe verdient; du wirſt deine Luſt und Freu-
de an Gott haben, weil er ſo liebenswürdig iſt, und
weil du als Menſch und als Chriſt ein ſo vorzügli-
cher Gegenſtand ſeiner Güte biſt. Voll von dieſer
Ueberzeugung wirſt du ausrufen: hat Gott mich
ſo ſehr geliebt, ſo will ich ihn wieder lieben. Den-
ke zu dem Ende oft und gern an ihn, deinen beſten
Wohlthäter, damit du dem David die Worte mit
Beyſtimmung deines Herzens nachſprechen kannſt:
wenn ich mich zu Bette lege, ſo denke ich an dich;
wenn ich erwache, ſo rede ich von dir. *) Dieſer
Gedan-
*) Pſ. 63, 7.
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Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/78>, abgerufen am 21.11.2024.
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