Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

X. Betrachtung.
nutzest. Hierdurch wirst du eine immer größere Mei-
nung von Gott bekommen, und so bald sich die dei-
ner Seele recht tief eingedrückt hat, so wirst du mit
der größten Vorsichtigkeit jede Sünde meiden, und
wenn auch die Versuchung dazu noch so stark, und
noch so nahe wäre, so wirst du doch mit männlicher
Entschlossenheit sagen: Wie sollte ich ein so groß Uebel
thun, und wider Gott sündigen!
*) Belebt dich Ehr-
furcht gegen Gott, so wirst du nicht nur vor den Au-
gen der Welt, die dich beobachtet, sondern auch im
Verborgenen, wo dich Niemand siehet, jede Ver-
letzung deiner Pflicht meiden; du wirst selbst in Klei-
nigkeiten gewissenhaft seyn; du wirst Niemanden be-
vortheilen, wenn du es auch ungestraft und unent-
deckt thun könntest; du wirst nie die Unwissenheit
und Unerfahrenheit eines andern zu seinem Nachtheil
mißbrauchen. Nichts wird dich sicherer vor dem
Mißbrauch des göttlichen Namens, vor Religions-
spötterey, vor leichtsinnigen Schwören und Fluchen
verwahren, als die stete Empfindung der Ehrfurcht
gegen Gott, deren du dich nie, auch selbst in der Ge-
sellschaft Gottesvergessener und einer falschen Auf-
klärung sich rühmender Menschen, schämen darfst.
Wer daher von Gott und von Dingen, die auf Got-
tesdienst, Religion und Tugend Beziehung haben,
leichtsinnig spricht; wer bey jeder Gelegenheit der

from-
*) 1. B. Mos. 39, 9.

X. Betrachtung.
nutzeſt. Hierdurch wirſt du eine immer größere Mei-
nung von Gott bekommen, und ſo bald ſich die dei-
ner Seele recht tief eingedrückt hat, ſo wirſt du mit
der größten Vorſichtigkeit jede Sünde meiden, und
wenn auch die Verſuchung dazu noch ſo ſtark, und
noch ſo nahe wäre, ſo wirſt du doch mit männlicher
Entſchloſſenheit ſagen: Wie ſollte ich ein ſo groß Uebel
thun, und wider Gott ſündigen!
*) Belebt dich Ehr-
furcht gegen Gott, ſo wirſt du nicht nur vor den Au-
gen der Welt, die dich beobachtet, ſondern auch im
Verborgenen, wo dich Niemand ſiehet, jede Ver-
letzung deiner Pflicht meiden; du wirſt ſelbſt in Klei-
nigkeiten gewiſſenhaft ſeyn; du wirſt Niemanden be-
vortheilen, wenn du es auch ungeſtraft und unent-
deckt thun könnteſt; du wirſt nie die Unwiſſenheit
und Unerfahrenheit eines andern zu ſeinem Nachtheil
mißbrauchen. Nichts wird dich ſicherer vor dem
Mißbrauch des göttlichen Namens, vor Religions-
ſpötterey, vor leichtſinnigen Schwören und Fluchen
verwahren, als die ſtete Empfindung der Ehrfurcht
gegen Gott, deren du dich nie, auch ſelbſt in der Ge-
ſellſchaft Gottesvergeſſener und einer falſchen Auf-
klärung ſich rühmender Menſchen, ſchämen darfſt.
Wer daher von Gott und von Dingen, die auf Got-
tesdienſt, Religion und Tugend Beziehung haben,
leichtſinnig ſpricht; wer bey jeder Gelegenheit der

from-
*) 1. B. Moſ. 39, 9.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0086" n="60"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">X.</hi> Betrachtung.</fw><lb/>
nutze&#x017F;t. Hierdurch wir&#x017F;t du eine immer größere Mei-<lb/>
nung von Gott bekommen, und &#x017F;o bald &#x017F;ich die dei-<lb/>
ner Seele recht tief eingedrückt hat, &#x017F;o wir&#x017F;t du mit<lb/>
der größten Vor&#x017F;ichtigkeit jede Sünde meiden, und<lb/>
wenn auch die Ver&#x017F;uchung dazu noch &#x017F;o &#x017F;tark, und<lb/>
noch &#x017F;o nahe wäre, &#x017F;o wir&#x017F;t du doch mit männlicher<lb/>
Ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enheit &#x017F;agen: <hi rendition="#fr">Wie &#x017F;ollte ich ein &#x017F;o groß Uebel<lb/>
thun, und wider Gott &#x017F;ündigen!</hi><note place="foot" n="*)">1. B. Mo&#x017F;. 39, 9.</note> Belebt dich Ehr-<lb/>
furcht gegen Gott, &#x017F;o wir&#x017F;t du nicht nur vor den Au-<lb/>
gen der Welt, die dich beobachtet, &#x017F;ondern auch im<lb/>
Verborgenen, wo dich Niemand &#x017F;iehet, jede Ver-<lb/>
letzung deiner Pflicht meiden; du wir&#x017F;t &#x017F;elb&#x017F;t in Klei-<lb/>
nigkeiten gewi&#x017F;&#x017F;enhaft &#x017F;eyn; du wir&#x017F;t Niemanden be-<lb/>
vortheilen, wenn du es auch unge&#x017F;traft und unent-<lb/>
deckt thun könnte&#x017F;t; du wir&#x017F;t nie die Unwi&#x017F;&#x017F;enheit<lb/>
und Unerfahrenheit eines andern zu &#x017F;einem Nachtheil<lb/>
mißbrauchen. Nichts wird dich &#x017F;icherer vor dem<lb/>
Mißbrauch des göttlichen Namens, vor Religions-<lb/>
&#x017F;pötterey, vor leicht&#x017F;innigen Schwören und Fluchen<lb/>
verwahren, als die &#x017F;tete Empfindung der Ehrfurcht<lb/>
gegen Gott, deren du dich nie, auch &#x017F;elb&#x017F;t in der Ge-<lb/>
&#x017F;ell&#x017F;chaft Gottesverge&#x017F;&#x017F;ener und einer fal&#x017F;chen Auf-<lb/>
klärung &#x017F;ich rühmender Men&#x017F;chen, &#x017F;chämen darf&#x017F;t.<lb/>
Wer daher von Gott und von Dingen, die auf Got-<lb/>
tesdien&#x017F;t, Religion und Tugend Beziehung haben,<lb/>
leicht&#x017F;innig &#x017F;pricht; wer bey jeder Gelegenheit der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">from-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[60/0086] X. Betrachtung. nutzeſt. Hierdurch wirſt du eine immer größere Mei- nung von Gott bekommen, und ſo bald ſich die dei- ner Seele recht tief eingedrückt hat, ſo wirſt du mit der größten Vorſichtigkeit jede Sünde meiden, und wenn auch die Verſuchung dazu noch ſo ſtark, und noch ſo nahe wäre, ſo wirſt du doch mit männlicher Entſchloſſenheit ſagen: Wie ſollte ich ein ſo groß Uebel thun, und wider Gott ſündigen! *) Belebt dich Ehr- furcht gegen Gott, ſo wirſt du nicht nur vor den Au- gen der Welt, die dich beobachtet, ſondern auch im Verborgenen, wo dich Niemand ſiehet, jede Ver- letzung deiner Pflicht meiden; du wirſt ſelbſt in Klei- nigkeiten gewiſſenhaft ſeyn; du wirſt Niemanden be- vortheilen, wenn du es auch ungeſtraft und unent- deckt thun könnteſt; du wirſt nie die Unwiſſenheit und Unerfahrenheit eines andern zu ſeinem Nachtheil mißbrauchen. Nichts wird dich ſicherer vor dem Mißbrauch des göttlichen Namens, vor Religions- ſpötterey, vor leichtſinnigen Schwören und Fluchen verwahren, als die ſtete Empfindung der Ehrfurcht gegen Gott, deren du dich nie, auch ſelbſt in der Ge- ſellſchaft Gottesvergeſſener und einer falſchen Auf- klärung ſich rühmender Menſchen, ſchämen darfſt. Wer daher von Gott und von Dingen, die auf Got- tesdienſt, Religion und Tugend Beziehung haben, leichtſinnig ſpricht; wer bey jeder Gelegenheit der from- *) 1. B. Moſ. 39, 9.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/86
Zitationshilfe: Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/86>, abgerufen am 21.11.2024.