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Cundisius, Gottfried: Der Geistreiche Prophet Haggaj. Leipzig, 1648.

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Die andere Predigt/
ben/ es sol also/ und nicht anders gehalten werden. Dis sehen wir
wol an jenem Ertzschencken/ dem Schnarcher/ welcher dem
Könige Hißkiae sagen ließ: So spricht der grosse König/
der König von Assyrien. Was ist das für ein Trotz/ dar-
auff du dich verlessest? Meinest du/ es sey noch Rath/ und

2. Reg. 18.
v.
19.
Macht zu streiten? 2. Reg. 18. v. 19. Dis kam her aus mensch-
licher Einbildung/ und weisete auff einen schändlichen Hochmuth.
Aber was ist doch der Mensch/ die Wasserblase? Was ists/ daß ein
Erdenkloß/ ja ein stinckender Koth/ so gar hoch wil gehalten seyn/
und andere Leute pochen? Nun wir lassen fahren solche hochtra-
bende und unnütze Reden: im Gegentheil lassen wirs uns gesagt
seyn/ daß allhier der Herr Zebaoth redet/ dem es an Gewalt
nicht fehlet/ gegen welchem zu rechnen Nebucadnezar mit aller sei-
ner Macht/ wie ein Schärfflein ist/ so in der Wage bleibet/
Es. 40. v. 15.und wie ein Stäublein/ Esa. 40. v. 15. Legt demnach der Mann
Gottes Haggai einen statlichen Grund zu seinem Anbringen/ und
hat für sich seinen gewissen Beruff. Es darff an seiner Weissa-
gung niemand zweifeln/ weil sie ihm ist von Gott eingegeben/ welcher
die Warheit selber ist.

USUS
l.

Behaltet hieraus Anfangs/ daß ein mercklicher Vnter-
scheid sey zwischen heiliger Göttlicher Schrifft/ und andern Bü-
chern: zwischen Gottes Wort/ und menschlichen Reden. Dis wird
von vielen nicht recht erwogen/ dannenhero die Sprüche der heyd-
nischen Scribenten/ die zwar an ihrem Ort nicht zu verachten sind/
offt dem Ausspruche des heiligen Geistes werden vorgezogen/ nicht
anders/ als könte man dadurch zur Seligkeit erbawer werden/ da
doch die Heyden mit aller ihrer Weisheit im geriugsten nicht hierzu
dienen. Epiphanius schreibet Haeresi 27. daß die alten Ketzer
Carpocratitae genant/ unter andern Contrafacturen auch die Bil-
der Platonis, Aristotelis und Pythagorae hoch gehalten/ welche sie
angebetet/ und verehret haben. Zu unser Zeit beret man zwar der-
gleichen Leute nicht an/ man hebt sie aber sonst bißweilen zu hoch/

und

Die andere Predigt/
ben/ es ſol alſo/ und nicht anders gehalten werden. Dis ſehen wir
wol an jenem Ertzſchencken/ dem Schnarcher/ welcher dem
Koͤnige Hißkiæ ſagen ließ: So ſpricht der groſſe Koͤnig/
der Koͤnig von Aſſyrien. Was iſt das fuͤr ein Trotz/ dar-
auff du dich verleſſeſt? Meineſt du/ es ſey noch Rath/ und

2. Reg. 18.
v.
19.
Macht zu ſtreiten? 2. Reg. 18. v. 19. Dis kam her aus menſch-
licher Einbildung/ und weiſete auff einen ſchaͤndlichen Hochmuth.
Aber was iſt doch der Menſch/ die Waſſerblaſe? Was iſts/ daß ein
Erdenkloß/ ja ein ſtinckender Koth/ ſo gar hoch wil gehalten ſeyn/
und andere Leute pochen? Nun wir laſſen fahren ſolche hochtra-
bende und unnütze Reden: im Gegentheil laſſen wirs uns geſagt
ſeyn/ daß allhier der Herr Zebaoth redet/ dem es an Gewalt
nicht fehlet/ gegen welchem zu rechnen Nebucadnezar mit aller ſei-
ner Macht/ wie ein Schaͤrfflein iſt/ ſo in der Wage bleibet/
Eſ. 40. v. 15.und wie ein Staͤublein/ Eſa. 40. v. 15. Legt demnach der Mann
Gottes Haggai einen ſtatlichen Grund zu ſeinem Anbringen/ und
hat fuͤr ſich ſeinen gewiſſen Beruff. Es darff an ſeiner Weiſſa-
gung niemand zweifeln/ weil ſie ihm iſt von Gott eingegeben/ welcher
die Warheit ſelber iſt.

USUS
l.

Behaltet hieraus Anfangs/ daß ein mercklicher Vnter-
ſcheid ſey zwiſchen heiliger Goͤttlicher Schrifft/ und andern Buͤ-
chern: zwiſchen Gottes Wort/ und menſchlichen Reden. Dis wird
von vielen nicht recht erwogen/ dannenhero die Spruͤche der heyd-
niſchen Scribenten/ die zwar an ihrem Ort nicht zu verachten ſind/
offt dem Ausſpruche des heiligen Geiſtes werden vorgezogen/ nicht
anders/ als koͤnte man dadurch zur Seligkeit erbawer werden/ da
doch die Heyden mit aller ihrer Weisheit im geriugſten nicht hierzu
dienen. Epiphanius ſchreibet Hæreſi 27. daß die alten Ketzer
Carpocratitæ genant/ unter andern Contrafacturen auch die Bil-
der Platonis, Ariſtotelis und Pythagoræ hoch gehalten/ welche ſie
angebetet/ und verehret haben. Zu unſer Zeit beret man zwar der-
gleichen Leute nicht an/ man hebt ſie aber ſonſt bißweilen zu hoch/

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[32/0052] Die andere Predigt/ ben/ es ſol alſo/ und nicht anders gehalten werden. Dis ſehen wir wol an jenem Ertzſchencken/ dem Schnarcher/ welcher dem Koͤnige Hißkiæ ſagen ließ: So ſpricht der groſſe Koͤnig/ der Koͤnig von Aſſyrien. Was iſt das fuͤr ein Trotz/ dar- auff du dich verleſſeſt? Meineſt du/ es ſey noch Rath/ und Macht zu ſtreiten? 2. Reg. 18. v. 19. Dis kam her aus menſch- licher Einbildung/ und weiſete auff einen ſchaͤndlichen Hochmuth. Aber was iſt doch der Menſch/ die Waſſerblaſe? Was iſts/ daß ein Erdenkloß/ ja ein ſtinckender Koth/ ſo gar hoch wil gehalten ſeyn/ und andere Leute pochen? Nun wir laſſen fahren ſolche hochtra- bende und unnütze Reden: im Gegentheil laſſen wirs uns geſagt ſeyn/ daß allhier der Herr Zebaoth redet/ dem es an Gewalt nicht fehlet/ gegen welchem zu rechnen Nebucadnezar mit aller ſei- ner Macht/ wie ein Schaͤrfflein iſt/ ſo in der Wage bleibet/ und wie ein Staͤublein/ Eſa. 40. v. 15. Legt demnach der Mann Gottes Haggai einen ſtatlichen Grund zu ſeinem Anbringen/ und hat fuͤr ſich ſeinen gewiſſen Beruff. Es darff an ſeiner Weiſſa- gung niemand zweifeln/ weil ſie ihm iſt von Gott eingegeben/ welcher die Warheit ſelber iſt. 2. Reg. 18. v. 19. Eſ. 40. v. 15. Behaltet hieraus Anfangs/ daß ein mercklicher Vnter- ſcheid ſey zwiſchen heiliger Goͤttlicher Schrifft/ und andern Buͤ- chern: zwiſchen Gottes Wort/ und menſchlichen Reden. Dis wird von vielen nicht recht erwogen/ dannenhero die Spruͤche der heyd- niſchen Scribenten/ die zwar an ihrem Ort nicht zu verachten ſind/ offt dem Ausſpruche des heiligen Geiſtes werden vorgezogen/ nicht anders/ als koͤnte man dadurch zur Seligkeit erbawer werden/ da doch die Heyden mit aller ihrer Weisheit im geriugſten nicht hierzu dienen. Epiphanius ſchreibet Hæreſi 27. daß die alten Ketzer Carpocratitæ genant/ unter andern Contrafacturen auch die Bil- der Platonis, Ariſtotelis und Pythagoræ hoch gehalten/ welche ſie angebetet/ und verehret haben. Zu unſer Zeit beret man zwar der- gleichen Leute nicht an/ man hebt ſie aber ſonſt bißweilen zu hoch/ und

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Zitationshilfe: Cundisius, Gottfried: Der Geistreiche Prophet Haggaj. Leipzig, 1648, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cundisius_predigten_1648/52>, abgerufen am 22.11.2024.