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Curtius, Ernst: Alterthum und Gegenwart. Gesammelte Reden und Vorträge. Bd. 1. Berlin, 1875.

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Die öffentliche Pflege von Wiſſenſchaft und Kunſt.
pflege, die zwar ſtattlicher und prächtiger werden, aber immer
etwas an urſprünglichem Reize einbüßen.

Kunſt und Künſtler bedarf das Gemeinweſen; ohne ſie
iſt der antike Staat gar nicht zu denken. Die Wiſſenſchaft
ſteht ihm ferner. Auch ſie entwickelte ſich unmittelbar aus
dem Geiſte des Volks, ſich ſelber unbewußt und allmählich
fortſchreitend, ſo wie ein Räthſel nach dem anderen in der
Menſchenſeele aufdämmerte und die ſchlummernde Denkkraft
weckte.

Dieſe Entwickelung erfolgte aber nicht ſo wie die der
Kunſt in vollem Einklange mit dem Volksleben und reifte
nicht ſo wie dieſe den Bedürfniſſen des Staats entgegen.
Sie war ſelbſtändiger, rückſichtsloſer und es kam auch in
Athen zu Kampf und Streit, als der philoſophiſche Gedanke
von harmloſer Naturbetrachtung auf die menſchlichen Dinge
überging, alles Beſtehende auf das Recht ſeines Beſtehens
unterſuchte und jede Ueberlieferung in Frage ſtellte. Die
Sophiſten waren die Erſten unter den Hellenen, welche aus
der Virtuoſität im Denken und Reden einen Lebensberuf
machten, und da ſie als Volkslehrer umherzogen und die
Jugend um ſich ſammelten, befand ſich der antike Staat ihnen
gegenüber in einem Zuſtande der Nothwehr.

Das beſte Gegenmittel gegen die Sophiſtik lag in der
echten Philoſophie, welche für das Alte, das haltlos geworden,
etwas Höheres und Beſſeres bieten konnte. Aber der Staat
war nicht im Stande dieſe Kräfte zu ſeiner Erneuerung zu
verwerthen. Die attiſche Philoſophie wirkte in engen Kreiſen,
welche von der Stadt und ihrem Treiben fern, in ſtolzer Un¬
abhängigkeit als beſondere Gemeinden beſtanden mit ihren
aus ihrer Mitte erwählten Führern, welche Prieſtern gleich
den Herd höherer Erkenntniß hüteten, eine Folge von Schul¬
häuptern, welche auf dem einmal geheiligten Boden von Attika
einander ablöſten, Einer dem Andern das Scepter übergebend.

Dennoch iſt auch der Staat Athen an der Förderung
der Wiſſenſchaften nicht unbetheiligt geblieben und es iſt ein
merkwürdiges Zeichen von echt hiſtoriſchem Sinne, daß hier

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Zitationshilfe: Curtius, Ernst: Alterthum und Gegenwart. Gesammelte Reden und Vorträge. Bd. 1. Berlin, 1875, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/curtius_alterthum01_1875/138>, abgerufen am 20.02.2025.