Curtius, Georg: Zur Kritik der neuesten Sprachforschung. Leipzig, 1885.ad Aiacem v. 24 das singuläre Wort atheleos bei Aesch. Suppl. In der neuesten Grammatik finde ich für den Begriff der 1) Analogiebildung, auch bloss "Analogie" oder "fal- 2) Formübertragung, ein meines Wissens von 3) Parallelbildung und davon wenig verschieden die ad Aiacem v. 24 das singuläre Wort ἀθέλεος bei Aesch. Suppl. In der neuesten Grammatik finde ich für den Begriff der 1) Analogiebildung, auch bloss „Analogie“ oder „fal- 2) Formübertragung, ein meines Wissens von 3) Parallelbildung und davon wenig verschieden die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0044" n="36"/> ad Aiacem v. 24 das singuläre Wort <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">ἀθέλεος</foreign></hi> bei Aesch. Suppl.<lb/> 864, wo <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">θέλεος ἀθέλεος</foreign></hi> neben einander stehen. Schade nur,<lb/> dass das positive Wort ebenso singulär ist wie das negative.<lb/> Lobeck macht überhaupt von der <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">συνεκδρομή</foreign></hi> einen recht aus-<lb/> giebigen Gebrauch. Er hält es Elem. I, 408 für möglich, dass<lb/> bei Callimachus in dem Verse „<hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">κούρη δὲ παρείατο δακρυ-<lb/> χέουσα</foreign></hi>" die Verbalform auf einer „parectasis a synecdrome<lb/> profecta“ beruhe, und 0. Schneider, Callim. frag. 521, stimmt<lb/> ihm darin bei, dass hier die Pluralform „einfach“ — wie man<lb/> auch heute zu sagen pflegt — an die Stelle der Singularform<lb/> gesetzt sei. Nebenbei bemerkt, ist Lobeck auch ein Vorläufer<lb/> der neueren Freunde des <hi rendition="#i">n</hi> sonans, indem er an der erwähn-<lb/> ten Stelle mit Bezug auf die 3. Plur. <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">ἴασιν</foreign></hi> von einem „<hi rendition="#i">α</hi> pro<lb/> consona <hi rendition="#i">ν</hi> introductum“ redet, wie denn die Behauptung, Alpha<lb/> könne sich <hi rendition="#g">aus</hi> <hi rendition="#i">ν</hi> entwickeln, längst vor Ahrens, den man<lb/> fälschlich für den Urheber solcher Auffassung erklärt hat, eine<lb/> weit verbreitete, aber gerade von den Anhängern der verglei-<lb/> chenden Grammatik deshalb bestrittene war, weil der Ueber-<lb/> gang eines Consonanten in einen Vocal nach damaliger Auf-<lb/> fassung unzulässig schien. Es blieb erst den jüngeren über-<lb/> lassen, dieselbe Lehre durch eine feinere Phonetik wieder<lb/> zur Geltung zu bringen.</p><lb/> <p> In der neuesten Grammatik finde ich für den Begriff der<lb/><hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">συνεκδρομή</foreign></hi> folgende Ausdrücke:</p><lb/> <p> 1) <hi rendition="#g">Analogiebildung</hi>, auch bloss „Analogie“ oder „fal-<lb/> sche Analogie“, „mistaken analogy“ bei Whitney, mit verschie-<lb/> denen Unterabtheilungen, z. B. „proportionale Analogiebildung"<lb/> (Osthoff, Morphol. Unters. II, 132).</p><lb/> <p> 2) <hi rendition="#g">Formübertragung</hi>, ein meines Wissens von<lb/> Scherer erfundener und jedenfalls mit Vorliebe gebrauchter<lb/> Ausdruck. Dazu stellen wir das vornehmere Wort „Unifor-<lb/> mirung “.</p><lb/> <p>3) <hi rendition="#g">Parallelbildung</hi> und davon wenig verschieden die<lb/> vox hybrida <hi rendition="#g">Pendantbildung</hi>.</p><lb/><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [36/0044]
ad Aiacem v. 24 das singuläre Wort ἀθέλεος bei Aesch. Suppl.
864, wo θέλεος ἀθέλεος neben einander stehen. Schade nur,
dass das positive Wort ebenso singulär ist wie das negative.
Lobeck macht überhaupt von der συνεκδρομή einen recht aus-
giebigen Gebrauch. Er hält es Elem. I, 408 für möglich, dass
bei Callimachus in dem Verse „κούρη δὲ παρείατο δακρυ-
χέουσα" die Verbalform auf einer „parectasis a synecdrome
profecta“ beruhe, und 0. Schneider, Callim. frag. 521, stimmt
ihm darin bei, dass hier die Pluralform „einfach“ — wie man
auch heute zu sagen pflegt — an die Stelle der Singularform
gesetzt sei. Nebenbei bemerkt, ist Lobeck auch ein Vorläufer
der neueren Freunde des n sonans, indem er an der erwähn-
ten Stelle mit Bezug auf die 3. Plur. ἴασιν von einem „α pro
consona ν introductum“ redet, wie denn die Behauptung, Alpha
könne sich aus ν entwickeln, längst vor Ahrens, den man
fälschlich für den Urheber solcher Auffassung erklärt hat, eine
weit verbreitete, aber gerade von den Anhängern der verglei-
chenden Grammatik deshalb bestrittene war, weil der Ueber-
gang eines Consonanten in einen Vocal nach damaliger Auf-
fassung unzulässig schien. Es blieb erst den jüngeren über-
lassen, dieselbe Lehre durch eine feinere Phonetik wieder
zur Geltung zu bringen.
In der neuesten Grammatik finde ich für den Begriff der
συνεκδρομή folgende Ausdrücke:
1) Analogiebildung, auch bloss „Analogie“ oder „fal-
sche Analogie“, „mistaken analogy“ bei Whitney, mit verschie-
denen Unterabtheilungen, z. B. „proportionale Analogiebildung"
(Osthoff, Morphol. Unters. II, 132).
2) Formübertragung, ein meines Wissens von
Scherer erfundener und jedenfalls mit Vorliebe gebrauchter
Ausdruck. Dazu stellen wir das vornehmere Wort „Unifor-
mirung “.
3) Parallelbildung und davon wenig verschieden die
vox hybrida Pendantbildung.
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