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Curtius, Georg: Zur Kritik der neuesten Sprachforschung. Leipzig, 1885.

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weisen lassen von einer ähnlichen Einwirkung der A-Decli-
nation auf die consonantische. Der einzige Grund für die an-
geführte Behauptung liegt darin, dass solche Accusative zu der
Theorie der erwähnten Gelehrten über das sogenannte n sonans
nicht passen wollen. Aber was für ein wunderliches Gebilde
wäre namentlich bei solcher Auffassung das kretische epibal-
lontans
! In dieser Form weist nt entschieden auf das Mascu-
linum, a ist nach der erwähnten Annahme dem Femininum ent-
nommen, das doch durch eine ganz verschiedene Stammbildung
sich unterscheidet, und die ganze Form ist dennoch masculinisch.

Für höchst unwahrscheinlich halte ich die analogistische
Erklärung der Dative Pluralis auf -essi von andern als s-Stäm-
men, z. B. phulakessi, aigessi, elthontessi. Nachdem Bopp in
der Vergl. Gramm. neben einer andern Auffassung auch die
vorgetragen hatte, die Silbe -es- könne nach der Analogie
der Stämme auf -es, ähnlich wie es etwa beim Comparativ
sophronesteros der Fall ist, in diese Formen gedrungen sein,
hat Brugmann Stud. IX, 297 und nach ihm G. Meyer § 374
mit Bestimmtheit behauptet, dass diese Auffassung die allein
richtige sei. Kann man denn aber wohl mit irgend einem
Rechte vermuthen, dass Formen wie kunessi, onukhessi, khei-
ressi
, pherontessi den grösstentheils neutralen oder adjectivi-
schen Stämmen auf -es, wie ores-, beles-, genes-, irgendwie
nahe liegen ? Das Suffix -es wird regelmässig nicht an No-
minalstämme, sondern an Wurzeln angehängt, so dass es für
einen Stamm kheires-, pherontes- an jedem Vorbild fehlen würde.
Noch künstlicher sind die Erklärungen der herakleischen En-
dung -assi, die man ebenfalls (vgl. Joh. Schmidt, Zeitschr.
XXV) auf dem Wege der Analogie zu deuten versucht hat.
P. Warncke hat in seiner Dissertation "de dativo pluralis
Graeco" (Leipzig 1881) diese Formen, bei denen es allerdings
an Schwierigkeiten nicht fehlt, ausführlich behandelt.

Die allgemeine Annahme in Bezug auf Analogiebildungen
geht dahin, dass sie unbewusst entstanden wären. Man be-

weisen lassen von einer ähnlichen Einwirkung der A-Decli-
nation auf die consonantische. Der einzige Grund für die an-
geführte Behauptung liegt darin, dass solche Accusative zu der
Theorie der erwähnten Gelehrten über das sogenannte n sonans
nicht passen wollen. Aber was für ein wunderliches Gebilde
wäre namentlich bei solcher Auffassung das kretische ἐπιβαλ-
λόντανς
! In dieser Form weist ντ entschieden auf das Mascu-
linum, α ist nach der erwähnten Annahme dem Femininum ent-
nommen, das doch durch eine ganz verschiedene Stammbildung
sich unterscheidet, und die ganze Form ist dennoch masculinisch.

Für höchst unwahrscheinlich halte ich die analogistische
Erklärung der Dative Pluralis auf -εσσι von andern als s-Stäm-
men, z. B. φυλάκεσσι, αἴγεσσι, ἐλθόντεσσι. Nachdem Bopp in
der Vergl. Gramm. neben einer andern Auffassung auch die
vorgetragen hatte, die Silbe -ες- könne nach der Analogie
der Stämme auf -ες, ähnlich wie es etwa beim Comparativ
σωφρονέστερος der Fall ist, in diese Formen gedrungen sein,
hat Brugmann Stud. IX, 297 und nach ihm G. Meyer § 374
mit Bestimmtheit behauptet, dass diese Auffassung die allein
richtige sei. Kann man denn aber wohl mit irgend einem
Rechte vermuthen, dass Formen wie κύνεσσι, ὀνύχεσσι, χεί-
ρεσσι
, φερόντεσσι den grösstentheils neutralen oder adjectivi-
schen Stämmen auf -ες, wie ὀρες-, βελες-, γενες-, irgendwie
nahe liegen ? Das Suffix -ες wird regelmässig nicht an No-
minalstämme, sondern an Wurzeln angehängt, so dass es für
einen Stamm χειρες-, φεροντες- an jedem Vorbild fehlen würde.
Noch künstlicher sind die Erklärungen der herakleischen En-
dung -ασσι, die man ebenfalls (vgl. Joh. Schmidt, Zeitschr.
XXV) auf dem Wege der Analogie zu deuten versucht hat.
P. Warncke hat in seiner Dissertation „de dativo pluralis
Graeco“ (Leipzig 1881) diese Formen, bei denen es allerdings
an Schwierigkeiten nicht fehlt, ausführlich behandelt.

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geht dahin, dass sie unbewusst entstanden wären. Man be-

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[53/0061] weisen lassen von einer ähnlichen Einwirkung der A-Decli- nation auf die consonantische. Der einzige Grund für die an- geführte Behauptung liegt darin, dass solche Accusative zu der Theorie der erwähnten Gelehrten über das sogenannte n sonans nicht passen wollen. Aber was für ein wunderliches Gebilde wäre namentlich bei solcher Auffassung das kretische ἐπιβαλ- λόντανς! In dieser Form weist ντ entschieden auf das Mascu- linum, α ist nach der erwähnten Annahme dem Femininum ent- nommen, das doch durch eine ganz verschiedene Stammbildung sich unterscheidet, und die ganze Form ist dennoch masculinisch. Für höchst unwahrscheinlich halte ich die analogistische Erklärung der Dative Pluralis auf -εσσι von andern als s-Stäm- men, z. B. φυλάκεσσι, αἴγεσσι, ἐλθόντεσσι. Nachdem Bopp in der Vergl. Gramm. neben einer andern Auffassung auch die vorgetragen hatte, die Silbe -ες- könne nach der Analogie der Stämme auf -ες, ähnlich wie es etwa beim Comparativ σωφρονέστερος der Fall ist, in diese Formen gedrungen sein, hat Brugmann Stud. IX, 297 und nach ihm G. Meyer § 374 mit Bestimmtheit behauptet, dass diese Auffassung die allein richtige sei. Kann man denn aber wohl mit irgend einem Rechte vermuthen, dass Formen wie κύνεσσι, ὀνύχεσσι, χεί- ρεσσι, φερόντεσσι den grösstentheils neutralen oder adjectivi- schen Stämmen auf -ες, wie ὀρες-, βελες-, γενες-, irgendwie nahe liegen ? Das Suffix -ες wird regelmässig nicht an No- minalstämme, sondern an Wurzeln angehängt, so dass es für einen Stamm χειρες-, φεροντες- an jedem Vorbild fehlen würde. Noch künstlicher sind die Erklärungen der herakleischen En- dung -ασσι, die man ebenfalls (vgl. Joh. Schmidt, Zeitschr. XXV) auf dem Wege der Analogie zu deuten versucht hat. P. Warncke hat in seiner Dissertation „de dativo pluralis Graeco“ (Leipzig 1881) diese Formen, bei denen es allerdings an Schwierigkeiten nicht fehlt, ausführlich behandelt. Die allgemeine Annahme in Bezug auf Analogiebildungen geht dahin, dass sie unbewusst entstanden wären. Man be-

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Zitationshilfe: Curtius, Georg: Zur Kritik der neuesten Sprachforschung. Leipzig, 1885, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/curtius_sprachforschung_1885/61>, abgerufen am 21.11.2024.