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Curtius, Georg: Zur Kritik der neuesten Sprachforschung. Leipzig, 1885.

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tigt. Hier folge ich der alten, goldnen Regel: qui bene distin-
guit bene docet. Die Verschiedenheiten der einzelnen sprach-
lichen und mundartlichen Gebiete zu erkennen, bleibt eine
ebenso wesentliche Aufgabe der Sprachwissenschaft, wie die
allgemeinen Neigungen und Aehnlichkeiten des Sprachlebens
überhaupt zu beobachten. Nachdem übrigens jenes dedoka
einige Jahre hindurch gleichsam ein Hauptschiboleth der neuen
Richtung im Gegensatz zur alten geblieben ist, hat Osthoff in
seiner neuesten Schrift "Zur Geschichte des Perfects" S. 324 ff.
diese Vermuthung auch seinerseits vollständig verworfen, ein
recht deutliches Zeichen davon, dass die jüngern Gelehrten
auch ihrerseits trotz gewisser gemeinsamer Bekenntnissformeln
recht weit auseinander gehn.

Joh. Schmidt hat in Bd. XXVII, 309 ff. seiner Zeitschrift
über "die Entstehung der griechischen aspirirten Perfecta"
eine neue Ansicht aufgestellt, bei welcher die uns hier be-
schäftigenden Fragen über die Wahrscheinlichkeit angeblicher
Analogiebildungen mehrfach in Betracht kommen. Die That-
sachen, auf die es ankommt, sind von mir Verb. II2 217 ff.
zusammengestellt und von Joh. Schmidt nicht vermehrt. Wir
finden zu zwei verschiedenen Zeiten und in zwei verschie-
denen Dialekten in zwei verschiedenen Formen des Perfects
eine durch keine feste Gewohnheit, oder mit andern Worten,
durch kein Lautgesetz erklärbare Aspiration der gutturalen
und labialen Explosivlaute:

1) in der 3. PL Perf. und Plsqpf. Medii bei Homer, Hero-
dot und den ältesten Attikern: homer. tetraphatai (zu trepo),
herod. eilikhato,

2) im activen Perfect in einer einzigen Spur bei Herodot
(pepompha), dann im Atticismus mit der Zeit immer häufiger,
in einzelnen Spuren auch ausserhalb des Atticismus.

Zwei Fragen werfen sich hierbei auf, erstens die nach
der Erklärung beider Erscheinungen und zweitens die, ob die
zweite, bedeutend später auftretende mit der ersten in einem

tigt. Hier folge ich der alten, goldnen Regel: qui bene distin-
guit bene docet. Die Verschiedenheiten der einzelnen sprach-
lichen und mundartlichen Gebiete zu erkennen, bleibt eine
ebenso wesentliche Aufgabe der Sprachwissenschaft, wie die
allgemeinen Neigungen und Aehnlichkeiten des Sprachlebens
überhaupt zu beobachten. Nachdem übrigens jenes δέδωκα
einige Jahre hindurch gleichsam ein Hauptschiboleth der neuen
Richtung im Gegensatz zur alten geblieben ist, hat Osthoff in
seiner neuesten Schrift „Zur Geschichte des Perfects“ S. 324 ff.
diese Vermuthung auch seinerseits vollständig verworfen, ein
recht deutliches Zeichen davon, dass die jüngern Gelehrten
auch ihrerseits trotz gewisser gemeinsamer Bekenntnissformeln
recht weit auseinander gehn.

Joh. Schmidt hat in Bd. XXVII, 309 ff. seiner Zeitschrift
über „die Entstehung der griechischen aspirirten Perfecta"
eine neue Ansicht aufgestellt, bei welcher die uns hier be-
schäftigenden Fragen über die Wahrscheinlichkeit angeblicher
Analogiebildungen mehrfach in Betracht kommen. Die That-
sachen, auf die es ankommt, sind von mir Verb. II2 217 ff.
zusammengestellt und von Joh. Schmidt nicht vermehrt. Wir
finden zu zwei verschiedenen Zeiten und in zwei verschie-
denen Dialekten in zwei verschiedenen Formen des Perfects
eine durch keine feste Gewohnheit, oder mit andern Worten,
durch kein Lautgesetz erklärbare Aspiration der gutturalen
und labialen Explosivlaute:

1) in der 3. PL Perf. und Plsqpf. Medii bei Homer, Hero-
dot und den ältesten Attikern: homer. τετράφαται (zu τρέπω),
herod. εἱλίχατο,

2) im activen Perfect in einer einzigen Spur bei Herodot
(πέπομφα), dann im Atticismus mit der Zeit immer häufiger,
in einzelnen Spuren auch ausserhalb des Atticismus.

Zwei Fragen werfen sich hierbei auf, erstens die nach
der Erklärung beider Erscheinungen und zweitens die, ob die
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[58/0066] tigt. Hier folge ich der alten, goldnen Regel: qui bene distin- guit bene docet. Die Verschiedenheiten der einzelnen sprach- lichen und mundartlichen Gebiete zu erkennen, bleibt eine ebenso wesentliche Aufgabe der Sprachwissenschaft, wie die allgemeinen Neigungen und Aehnlichkeiten des Sprachlebens überhaupt zu beobachten. Nachdem übrigens jenes δέδωκα einige Jahre hindurch gleichsam ein Hauptschiboleth der neuen Richtung im Gegensatz zur alten geblieben ist, hat Osthoff in seiner neuesten Schrift „Zur Geschichte des Perfects“ S. 324 ff. diese Vermuthung auch seinerseits vollständig verworfen, ein recht deutliches Zeichen davon, dass die jüngern Gelehrten auch ihrerseits trotz gewisser gemeinsamer Bekenntnissformeln recht weit auseinander gehn. Joh. Schmidt hat in Bd. XXVII, 309 ff. seiner Zeitschrift über „die Entstehung der griechischen aspirirten Perfecta" eine neue Ansicht aufgestellt, bei welcher die uns hier be- schäftigenden Fragen über die Wahrscheinlichkeit angeblicher Analogiebildungen mehrfach in Betracht kommen. Die That- sachen, auf die es ankommt, sind von mir Verb. II2 217 ff. zusammengestellt und von Joh. Schmidt nicht vermehrt. Wir finden zu zwei verschiedenen Zeiten und in zwei verschie- denen Dialekten in zwei verschiedenen Formen des Perfects eine durch keine feste Gewohnheit, oder mit andern Worten, durch kein Lautgesetz erklärbare Aspiration der gutturalen und labialen Explosivlaute: 1) in der 3. PL Perf. und Plsqpf. Medii bei Homer, Hero- dot und den ältesten Attikern: homer. τετράφαται (zu τρέπω), herod. εἱλίχατο, 2) im activen Perfect in einer einzigen Spur bei Herodot (πέπομφα), dann im Atticismus mit der Zeit immer häufiger, in einzelnen Spuren auch ausserhalb des Atticismus. Zwei Fragen werfen sich hierbei auf, erstens die nach der Erklärung beider Erscheinungen und zweitens die, ob die zweite, bedeutend später auftretende mit der ersten in einem

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Zitationshilfe: Curtius, Georg: Zur Kritik der neuesten Sprachforschung. Leipzig, 1885, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/curtius_sprachforschung_1885/66>, abgerufen am 24.11.2024.