Curtius, Georg: Zur Kritik der neuesten Sprachforschung. Leipzig, 1885.(tetagmenoi eisi), die mit der Zeit die allein herrschende Wir kommen jetzt zur Aspiration im activen Perfect. Die (τεταγμένοι εἰσί), die mit der Zeit die allein herrschende Wir kommen jetzt zur Aspiration im activen Perfect. Die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0072" n="64"/> (<hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">τεταγμένοι εἰσί</foreign></hi>), die mit der Zeit die allein herrschende<lb/> wurde.</p><lb/> <p>Wir kommen jetzt zur Aspiration im activen Perfect. Die<lb/> Behauptung, jene Medialformen, die uns bisher beschäftigten,<lb/> seien das Muster für die entsprechenden activen gewesen, wird<lb/> durch den Thatbestand der wirklich überlieferten Formen kei-<lb/> neswegs begünstigt. Den 5 homerischen Medialformen steht<lb/> bekanntlich gar kein Beispiel der activen zur Seite. Den 4 hero-<lb/> doteischen und altattischen nur <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">τέταχα</foreign></hi>, dies aber ist nicht aus<lb/> derselben Zeit mit <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">τετάχαται</foreign></hi> überliefert. Ersteres kommt erst<lb/> bei Xenophon und Plato, <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">τετάχαται</foreign></hi> schon bei Herodot vor.<lb/> Unter den 37 Beispielen (Verb. II<hi rendition="#sup">2</hi> 222) der activen Perfecta<lb/> mit Aspiration sind <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">τέταχα</foreign></hi>, <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">τέτροφα</foreign></hi> (<hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">τέτραφα</foreign></hi>) und <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">τέτριφα</foreign></hi><lb/> (Aristoph.) die einzigen, denen überhaupt eine entsprechende<lb/> Medialform zur Seite steht. Das erst bei Polybius auftretende<lb/><hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">μέμιχα</foreign></hi> hat gewiss <hi rendition="#g">nicht</hi> im herodoteischen <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">ἀναμεμίχατο</foreign></hi> seine<lb/> Quelle. Das Perfectum des Activs unterscheidet sich ja über-<lb/> haupt, wie ich an jenem Orte gezeigt habe, weit mehr als<lb/> andre Activformen von der entsprechenden Bildung des Me-<lb/> diums. Hier in alterthümlicher Weise unmittelbare Anfügung<lb/> der Personalendung, dort, von wenigen Resten älterer Prägung<lb/> abgesehen, der feste Vocal <hi rendition="#i">α</hi> (<hi rendition="#i">ε</hi>), hier — im Medium — die<lb/> schwache Stufe der Stammsilbe, wenigstens vorherrschend,<lb/> dort — im Activ — umgekehrt. Der älteste Fall eines aspi-<lb/> rirten activen Perfects <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">πέπομφα</foreign></hi> hat mit einem etwa vorauszu-<lb/> setzenden *<hi rendition="#i">πεπέμφαται</hi> nicht denselben Vocalismus. <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">τέτροφα</foreign></hi><lb/> von <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">τρέπω</foreign></hi> ist aus früherer Zeit überliefert als <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">τέτροφα</foreign></hi> (Verb.<lb/> II<hi rendition="#sup">2</hi> 210), und doch steht jenes dem homerischen <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">τετράφατο</foreign></hi><lb/> ferner als dies. Es ist möglich, ja nicht unwahrscheinlich,<lb/> dass unsre Ueberlieferung durch Zufälligkeiten lückenhaft ge-<lb/> worden ist. Immerhin aber haben wir keinen andern sicheren<lb/> Boden zur Begründung sprachhistorischer Behauptungen als<lb/> diese. Und diese Thatsachen lassen sich nicht eben leicht<lb/> mit jenen Behauptungen vereinigen.</p><lb/><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [64/0072]
(τεταγμένοι εἰσί), die mit der Zeit die allein herrschende
wurde.
Wir kommen jetzt zur Aspiration im activen Perfect. Die
Behauptung, jene Medialformen, die uns bisher beschäftigten,
seien das Muster für die entsprechenden activen gewesen, wird
durch den Thatbestand der wirklich überlieferten Formen kei-
neswegs begünstigt. Den 5 homerischen Medialformen steht
bekanntlich gar kein Beispiel der activen zur Seite. Den 4 hero-
doteischen und altattischen nur τέταχα, dies aber ist nicht aus
derselben Zeit mit τετάχαται überliefert. Ersteres kommt erst
bei Xenophon und Plato, τετάχαται schon bei Herodot vor.
Unter den 37 Beispielen (Verb. II2 222) der activen Perfecta
mit Aspiration sind τέταχα, τέτροφα (τέτραφα) und τέτριφα
(Aristoph.) die einzigen, denen überhaupt eine entsprechende
Medialform zur Seite steht. Das erst bei Polybius auftretende
μέμιχα hat gewiss nicht im herodoteischen ἀναμεμίχατο seine
Quelle. Das Perfectum des Activs unterscheidet sich ja über-
haupt, wie ich an jenem Orte gezeigt habe, weit mehr als
andre Activformen von der entsprechenden Bildung des Me-
diums. Hier in alterthümlicher Weise unmittelbare Anfügung
der Personalendung, dort, von wenigen Resten älterer Prägung
abgesehen, der feste Vocal α (ε), hier — im Medium — die
schwache Stufe der Stammsilbe, wenigstens vorherrschend,
dort — im Activ — umgekehrt. Der älteste Fall eines aspi-
rirten activen Perfects πέπομφα hat mit einem etwa vorauszu-
setzenden *πεπέμφαται nicht denselben Vocalismus. τέτροφα
von τρέπω ist aus früherer Zeit überliefert als τέτροφα (Verb.
II2 210), und doch steht jenes dem homerischen τετράφατο
ferner als dies. Es ist möglich, ja nicht unwahrscheinlich,
dass unsre Ueberlieferung durch Zufälligkeiten lückenhaft ge-
worden ist. Immerhin aber haben wir keinen andern sicheren
Boden zur Begründung sprachhistorischer Behauptungen als
diese. Und diese Thatsachen lassen sich nicht eben leicht
mit jenen Behauptungen vereinigen.
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Zitationshilfe: | Curtius, Georg: Zur Kritik der neuesten Sprachforschung. Leipzig, 1885, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/curtius_sprachforschung_1885/72>, abgerufen am 16.02.2025. |