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Frau von D.: Die in der Liebe herumschweifende oder bestrafte Untreue. 1763.

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Der Edelknabe stand auf, ohne zu
antworten, kam wieder in seine Kam-
mer, schloß seine Thür zu, und legte
sich bey seinen Cameraden, der nicht
aufgewacht war.

Wer kann sich die angenehmen
Bilder vorstellen, mit denen Vale-
rio
alsdann beschäftiget war? Weil
sie frey von aller Furch waren, so
mahlten sie ihm den Besitz einer so
schönen Frau, als Donne Marie,
mit lebhaften Farben vor; er wie-
derhohlte bey sich alle Umstände sei-
nes genossenen Vergnügens, und er
hätte sich gern allen Gefährlichkeiten
ausgesetzt, um es noch einmahl zu
schmecken. Zu eben dieser Zeit war
Donne Marie mit der Schönheit,
mit dem artigen Wesen und mit der
Bescheidenheit beschäftiget, welche sie
in der Gestalt und in allen Hand-
lungen des Valerio allezeit bemerket
hatte; und sie konnte über das, was
ihr begegnet war, nicht mißvergnügt
seyn. Sie freuete sich so gar, daß sie
sich an ihrem Manne mit so viel Un-

schuld

Der Edelknabe ſtand auf, ohne zu
antworten, kam wieder in ſeine Kam-
mer, ſchloß ſeine Thuͤr zu, und legte
ſich bey ſeinen Cameraden, der nicht
aufgewacht war.

Wer kann ſich die angenehmen
Bilder vorſtellen, mit denen Vale-
rio
alsdann beſchaͤftiget war? Weil
ſie frey von aller Furch waren, ſo
mahlten ſie ihm den Beſitz einer ſo
ſchoͤnen Frau, als Donne Marie,
mit lebhaften Farben vor; er wie-
derhohlte bey ſich alle Umſtaͤnde ſei-
nes genoſſenen Vergnuͤgens, und er
haͤtte ſich gern allen Gefaͤhrlichkeiten
ausgeſetzt, um es noch einmahl zu
ſchmecken. Zu eben dieſer Zeit war
Donne Marie mit der Schoͤnheit,
mit dem artigen Weſen und mit der
Beſcheidenheit beſchaͤftiget, welche ſie
in der Geſtalt und in allen Hand-
lungen des Valerio allezeit bemerket
hatte; und ſie konnte uͤber das, was
ihr begegnet war, nicht mißvergnuͤgt
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[20/0022] Der Edelknabe ſtand auf, ohne zu antworten, kam wieder in ſeine Kam- mer, ſchloß ſeine Thuͤr zu, und legte ſich bey ſeinen Cameraden, der nicht aufgewacht war. Wer kann ſich die angenehmen Bilder vorſtellen, mit denen Vale- rio alsdann beſchaͤftiget war? Weil ſie frey von aller Furch waren, ſo mahlten ſie ihm den Beſitz einer ſo ſchoͤnen Frau, als Donne Marie, mit lebhaften Farben vor; er wie- derhohlte bey ſich alle Umſtaͤnde ſei- nes genoſſenen Vergnuͤgens, und er haͤtte ſich gern allen Gefaͤhrlichkeiten ausgeſetzt, um es noch einmahl zu ſchmecken. Zu eben dieſer Zeit war Donne Marie mit der Schoͤnheit, mit dem artigen Weſen und mit der Beſcheidenheit beſchaͤftiget, welche ſie in der Geſtalt und in allen Hand- lungen des Valerio allezeit bemerket hatte; und ſie konnte uͤber das, was ihr begegnet war, nicht mißvergnuͤgt ſeyn. Sie freuete ſich ſo gar, daß ſie ſich an ihrem Manne mit ſo viel Un- ſchuld

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Zitationshilfe: Frau von D.: Die in der Liebe herumschweifende oder bestrafte Untreue. 1763, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/d_untreue_1763/22>, abgerufen am 28.04.2024.