Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Frau von D.: Die in der Liebe herumschweifende oder bestrafte Untreue. 1763.

Bild:
<< vorherige Seite

sie, in den Wald zu gehen, wohin
die Schönheit und der kühle Schat-
ten sie um so mehr, einige Ruhe zu
nehmen, einluden, weil sie daselbst
länger als eine Stunde bleiben, und
doch vor der Nacht in Toledo gehen
konnten. Sie folgten einem kleinen
Fußsteige, der sie dahin führte. Sie
suchten einen Ort aus, der am mei-
sten mit Blumen bedeckt und ausge-
schmückt war. Sie ergötzten sich an
den Reizungen der Natur, an dem
Gesange der Nachtigalle. Ein reines
Vergnügen, das dadurch, daß sie zu-
sammen waren, noch vermehret wur-
de; da eine Stimme einer Frau, die
nahe genung war, daß sie deutlich
konnte verstanden werden, sie auf ei-
ne ganz andere Aufmerksamkeit zog.
Sie hatten Ursach, sich dahin zu rich-
ten. Die Stimme und die Worte
verdienten gehöret zu werden. Wie
die Arie geendet war, so hörten sie
Klagen und Beschwerden, die von ei-
ner andern Stimme hervorgebracht
wurden, welche geschickter war, zum
Mitleiden zu bewegen, weil sie sich

über

ſie, in den Wald zu gehen, wohin
die Schoͤnheit und der kuͤhle Schat-
ten ſie um ſo mehr, einige Ruhe zu
nehmen, einluden, weil ſie daſelbſt
laͤnger als eine Stunde bleiben, und
doch vor der Nacht in Toledo gehen
konnten. Sie folgten einem kleinen
Fußſteige, der ſie dahin fuͤhrte. Sie
ſuchten einen Ort aus, der am mei-
ſten mit Blumen bedeckt und ausge-
ſchmuͤckt war. Sie ergoͤtzten ſich an
den Reizungen der Natur, an dem
Geſange der Nachtigalle. Ein reines
Vergnuͤgen, das dadurch, daß ſie zu-
ſammen waren, noch vermehret wur-
de; da eine Stimme einer Frau, die
nahe genung war, daß ſie deutlich
konnte verſtanden werden, ſie auf ei-
ne ganz andere Aufmerkſamkeit zog.
Sie hatten Urſach, ſich dahin zu rich-
ten. Die Stimme und die Worte
verdienten gehoͤret zu werden. Wie
die Arie geendet war, ſo hoͤrten ſie
Klagen und Beſchwerden, die von ei-
ner andern Stimme hervorgebracht
wurden, welche geſchickter war, zum
Mitleiden zu bewegen, weil ſie ſich

uͤber
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0070" n="68"/>
&#x017F;ie, in den Wald zu gehen, wohin<lb/>
die Scho&#x0364;nheit und der ku&#x0364;hle Schat-<lb/>
ten &#x017F;ie um &#x017F;o mehr, einige Ruhe zu<lb/>
nehmen, einluden, weil &#x017F;ie da&#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
la&#x0364;nger als eine Stunde bleiben, und<lb/>
doch vor der Nacht in <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Toledo</hi></hi> gehen<lb/>
konnten. Sie folgten einem kleinen<lb/>
Fuß&#x017F;teige, der &#x017F;ie dahin fu&#x0364;hrte. Sie<lb/>
&#x017F;uchten einen Ort aus, der am mei-<lb/>
&#x017F;ten mit Blumen bedeckt und ausge-<lb/>
&#x017F;chmu&#x0364;ckt war. Sie ergo&#x0364;tzten &#x017F;ich an<lb/>
den Reizungen der Natur, an dem<lb/>
Ge&#x017F;ange der Nachtigalle. Ein reines<lb/>
Vergnu&#x0364;gen, das dadurch, daß &#x017F;ie zu-<lb/>
&#x017F;ammen waren, noch vermehret wur-<lb/>
de; da eine Stimme einer Frau, die<lb/>
nahe genung war, daß &#x017F;ie deutlich<lb/>
konnte ver&#x017F;tanden werden, &#x017F;ie auf ei-<lb/>
ne ganz andere Aufmerk&#x017F;amkeit zog.<lb/>
Sie hatten Ur&#x017F;ach, &#x017F;ich dahin zu rich-<lb/>
ten. Die Stimme und die Worte<lb/>
verdienten geho&#x0364;ret zu werden. Wie<lb/>
die Arie geendet war, &#x017F;o ho&#x0364;rten &#x017F;ie<lb/>
Klagen und Be&#x017F;chwerden, die von ei-<lb/>
ner andern Stimme hervorgebracht<lb/>
wurden, welche ge&#x017F;chickter war, zum<lb/>
Mitleiden zu bewegen, weil &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
<fw type="catch" place="bottom">u&#x0364;ber</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[68/0070] ſie, in den Wald zu gehen, wohin die Schoͤnheit und der kuͤhle Schat- ten ſie um ſo mehr, einige Ruhe zu nehmen, einluden, weil ſie daſelbſt laͤnger als eine Stunde bleiben, und doch vor der Nacht in Toledo gehen konnten. Sie folgten einem kleinen Fußſteige, der ſie dahin fuͤhrte. Sie ſuchten einen Ort aus, der am mei- ſten mit Blumen bedeckt und ausge- ſchmuͤckt war. Sie ergoͤtzten ſich an den Reizungen der Natur, an dem Geſange der Nachtigalle. Ein reines Vergnuͤgen, das dadurch, daß ſie zu- ſammen waren, noch vermehret wur- de; da eine Stimme einer Frau, die nahe genung war, daß ſie deutlich konnte verſtanden werden, ſie auf ei- ne ganz andere Aufmerkſamkeit zog. Sie hatten Urſach, ſich dahin zu rich- ten. Die Stimme und die Worte verdienten gehoͤret zu werden. Wie die Arie geendet war, ſo hoͤrten ſie Klagen und Beſchwerden, die von ei- ner andern Stimme hervorgebracht wurden, welche geſchickter war, zum Mitleiden zu bewegen, weil ſie ſich uͤber

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bayerische StaatsBibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-27T12:08:31Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/d_untreue_1763
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/d_untreue_1763/70
Zitationshilfe: Frau von D.: Die in der Liebe herumschweifende oder bestrafte Untreue. 1763, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/d_untreue_1763/70>, abgerufen am 21.11.2024.