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Frau von D.: Die in der Liebe herumschweifende oder bestrafte Untreue. 1763.

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über eine erschreckliche Untreue beklag-
te, und ihre Stimme durch Seufzer,
Thränen und Schluchsen unterbrach.
Diejenigen, welche ein Herz voll Lie-
be haben, haben mit allen Unglückse-
ligen am meisten Mitleiden. Also stan-
den Donne Marie, Donne
Pantasilee
und Don Ferdi-
nand
, mehr aus Mitleiden als Neu-
begierde, auf, um diejenige, deren
Unglück ihnen so empfindlich schien, zu
betrachten. Sie machten einige Aeste
eines Baumes von einander, und sa-
hen eine Frau an dem Ufer eines Ba-
ches; sie kehrte ihnen aber den Rü-
cken zu. Jhre schöne Haare flogen
ganz unordentlich, wohin sie der Wind
trieb, sie hatte einen schwarzen samme-
ten mit Silber-Blumen gestickten Rock
an, mitten in einer ieden Blume war
ein Stern von durchsichtigen Crystall
mit einem Knopfe von Zahl-Perlen
gesetzt. Unsere Reisende wurden un-
gedultig, das Gesicht dieser Schön-
heit zu sehen, und standen im Be-
griff, sich zu nähern, da zwo sehr
wohlgestalte Jungfrauen bey ihr ka-

men,
E 3

uͤber eine erſchreckliche Untreue beklag-
te, und ihre Stimme durch Seufzer,
Thraͤnen und Schluchſen unterbrach.
Diejenigen, welche ein Herz voll Lie-
be haben, haben mit allen Ungluͤckſe-
ligen am meiſten Mitleiden. Alſo ſtan-
den Donne Marie, Donne
Pantaſilee
und Don Ferdi-
nand
, mehr aus Mitleiden als Neu-
begierde, auf, um diejenige, deren
Ungluͤck ihnen ſo empfindlich ſchien, zu
betrachten. Sie machten einige Aeſte
eines Baumes von einander, und ſa-
hen eine Frau an dem Ufer eines Ba-
ches; ſie kehrte ihnen aber den Ruͤ-
cken zu. Jhre ſchoͤne Haare flogen
ganz unordentlich, wohin ſie der Wind
trieb, ſie hatte einen ſchwarzen ſamme-
ten mit Silber-Blumen geſtickten Rock
an, mitten in einer ieden Blume war
ein Stern von durchſichtigen Cryſtall
mit einem Knopfe von Zahl-Perlen
geſetzt. Unſere Reiſende wurden un-
gedultig, das Geſicht dieſer Schoͤn-
heit zu ſehen, und ſtanden im Be-
griff, ſich zu naͤhern, da zwo ſehr
wohlgeſtalte Jungfrauen bey ihr ka-

men,
E 3
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[69/0071] uͤber eine erſchreckliche Untreue beklag- te, und ihre Stimme durch Seufzer, Thraͤnen und Schluchſen unterbrach. Diejenigen, welche ein Herz voll Lie- be haben, haben mit allen Ungluͤckſe- ligen am meiſten Mitleiden. Alſo ſtan- den Donne Marie, Donne Pantaſilee und Don Ferdi- nand, mehr aus Mitleiden als Neu- begierde, auf, um diejenige, deren Ungluͤck ihnen ſo empfindlich ſchien, zu betrachten. Sie machten einige Aeſte eines Baumes von einander, und ſa- hen eine Frau an dem Ufer eines Ba- ches; ſie kehrte ihnen aber den Ruͤ- cken zu. Jhre ſchoͤne Haare flogen ganz unordentlich, wohin ſie der Wind trieb, ſie hatte einen ſchwarzen ſamme- ten mit Silber-Blumen geſtickten Rock an, mitten in einer ieden Blume war ein Stern von durchſichtigen Cryſtall mit einem Knopfe von Zahl-Perlen geſetzt. Unſere Reiſende wurden un- gedultig, das Geſicht dieſer Schoͤn- heit zu ſehen, und ſtanden im Be- griff, ſich zu naͤhern, da zwo ſehr wohlgeſtalte Jungfrauen bey ihr ka- men, E 3

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Zitationshilfe: Frau von D.: Die in der Liebe herumschweifende oder bestrafte Untreue. 1763, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/d_untreue_1763/71>, abgerufen am 24.11.2024.