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Frau von D.: Die in der Liebe herumschweifende oder bestrafte Untreue. 1763.

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men, welches sie nöthigte, ihren Vor-
satz aufzuschieben. Die Aelteste von
diesen Jungfrauen setzte sich dieser schö-
nen Betrübten zur Seiten, und sag-
te zu ihr mit einer Art von Unwillen:
Jch weiß, daß es umsonst ist, euch
zur Vernunft zu bringen; aber euer
Schmerz bringt mich zur Verzweife-
lung, er wird mir das Leben kosten.
Jhr kennet meine Verbindung, ich
habe euch erzogen: Wenn euch die
Verzweifelung etwas nützlich wäre, so
würde ich mich darein geben; aber es
kann nichts helfen, als eure Schön-
heit zu verringern, und euch in den
Augen eures ungetreuen Gemahls, und
eines Fürsten, den ihr um Gerechtig-
keit bittet, weniger reizend zu machen.
Jhr warte ja ruhiger, euer Herz ließ
sich ja vor einige Tagen der Hoff-
nung über; was kann denn den
Schmerz, welchen ihr heute bezeuget,
verdoppeln? Diese und andere derglei-
chen Reden gaben dieser schönen Be-
trübten einigen Trost, so weit, daß
sie einwilligte, ihren Putz in Ordnung
zu bringen, und ihre Haare zurechte

zu

men, welches ſie noͤthigte, ihren Vor-
ſatz aufzuſchieben. Die Aelteſte von
dieſen Jungfrauen ſetzte ſich dieſer ſchoͤ-
nen Betruͤbten zur Seiten, und ſag-
te zu ihr mit einer Art von Unwillen:
Jch weiß, daß es umſonſt iſt, euch
zur Vernunft zu bringen; aber euer
Schmerz bringt mich zur Verzweife-
lung, er wird mir das Leben koſten.
Jhr kennet meine Verbindung, ich
habe euch erzogen: Wenn euch die
Verzweifelung etwas nuͤtzlich waͤre, ſo
wuͤrde ich mich darein geben; aber es
kann nichts helfen, als eure Schoͤn-
heit zu verringern, und euch in den
Augen eures ungetreuen Gemahls, und
eines Fuͤrſten, den ihr um Gerechtig-
keit bittet, weniger reizend zu machen.
Jhr warte ja ruhiger, euer Herz ließ
ſich ja vor einige Tagen der Hoff-
nung uͤber; was kann denn den
Schmerz, welchen ihr heute bezeuget,
verdoppeln? Dieſe und andere derglei-
chen Reden gaben dieſer ſchoͤnen Be-
truͤbten einigen Troſt, ſo weit, daß
ſie einwilligte, ihren Putz in Ordnung
zu bringen, und ihre Haare zurechte

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[70/0072] men, welches ſie noͤthigte, ihren Vor- ſatz aufzuſchieben. Die Aelteſte von dieſen Jungfrauen ſetzte ſich dieſer ſchoͤ- nen Betruͤbten zur Seiten, und ſag- te zu ihr mit einer Art von Unwillen: Jch weiß, daß es umſonſt iſt, euch zur Vernunft zu bringen; aber euer Schmerz bringt mich zur Verzweife- lung, er wird mir das Leben koſten. Jhr kennet meine Verbindung, ich habe euch erzogen: Wenn euch die Verzweifelung etwas nuͤtzlich waͤre, ſo wuͤrde ich mich darein geben; aber es kann nichts helfen, als eure Schoͤn- heit zu verringern, und euch in den Augen eures ungetreuen Gemahls, und eines Fuͤrſten, den ihr um Gerechtig- keit bittet, weniger reizend zu machen. Jhr warte ja ruhiger, euer Herz ließ ſich ja vor einige Tagen der Hoff- nung uͤber; was kann denn den Schmerz, welchen ihr heute bezeuget, verdoppeln? Dieſe und andere derglei- chen Reden gaben dieſer ſchoͤnen Be- truͤbten einigen Troſt, ſo weit, daß ſie einwilligte, ihren Putz in Ordnung zu bringen, und ihre Haare zurechte zu

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Zitationshilfe: Frau von D.: Die in der Liebe herumschweifende oder bestrafte Untreue. 1763, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/d_untreue_1763/72>, abgerufen am 11.05.2024.