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Frau von D.: Die in der Liebe herumschweifende oder bestrafte Untreue. 1763.

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der ihnen damahls wenigstens eben so
viel, als wenn sie ihn ganz neu ge-
kauft hätten, kostete. Auf dem
Wege frug Osmin den Roderige,
woher dieser verteufelte Mantel kä-
me? Diese Frage verwirrte ihn,
wegen der Ursachen, deren man sich
erinnern kann. Wie er aber sahe,
daß er davon unterrichtet seyn woll-
te, und leicht urtheilte, daß ihm
doch die Warheit über kurz oder lang
bekannt werden würde, so antwort-
tete er: Meine Frau und ich haben
einen grossen Fehler begangen, daß
wir euch das Vorgegangene verhee-
let haben. Was willt du sagen?
versetzte Osmin. Roderige sagte
weiter: Dies ist der Mantel, den
meine Frau einem von den Reutern
genommen hat, die bey dem Herrn
gewesen, der bey euch übernachtet,
da ich abwesend gewesen. Jch erin-
nere mich dessen nicht, antwortete
Osmin, es sind schon mehr als
zwey Jahre, daß in meinem Hause
kein Mantel verlohren worden, und,
wiewohl das Alter allmählich an-

fängt,

der ihnen damahls wenigſtens eben ſo
viel, als wenn ſie ihn ganz neu ge-
kauft haͤtten, koſtete. Auf dem
Wege frug Oſmin den Roderige,
woher dieſer verteufelte Mantel kaͤ-
me? Dieſe Frage verwirrte ihn,
wegen der Urſachen, deren man ſich
erinnern kann. Wie er aber ſahe,
daß er davon unterrichtet ſeyn woll-
te, und leicht urtheilte, daß ihm
doch die Warheit uͤber kurz oder lang
bekannt werden wuͤrde, ſo antwort-
tete er: Meine Frau und ich haben
einen groſſen Fehler begangen, daß
wir euch das Vorgegangene verhee-
let haben. Was willt du ſagen?
verſetzte Oſmin. Roderige ſagte
weiter: Dies iſt der Mantel, den
meine Frau einem von den Reutern
genommen hat, die bey dem Herrn
geweſen, der bey euch uͤbernachtet,
da ich abweſend geweſen. Jch erin-
nere mich deſſen nicht, antwortete
Oſmin, es ſind ſchon mehr als
zwey Jahre, daß in meinem Hauſe
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[79/0081] der ihnen damahls wenigſtens eben ſo viel, als wenn ſie ihn ganz neu ge- kauft haͤtten, koſtete. Auf dem Wege frug Oſmin den Roderige, woher dieſer verteufelte Mantel kaͤ- me? Dieſe Frage verwirrte ihn, wegen der Urſachen, deren man ſich erinnern kann. Wie er aber ſahe, daß er davon unterrichtet ſeyn woll- te, und leicht urtheilte, daß ihm doch die Warheit uͤber kurz oder lang bekannt werden wuͤrde, ſo antwort- tete er: Meine Frau und ich haben einen groſſen Fehler begangen, daß wir euch das Vorgegangene verhee- let haben. Was willt du ſagen? verſetzte Oſmin. Roderige ſagte weiter: Dies iſt der Mantel, den meine Frau einem von den Reutern genommen hat, die bey dem Herrn geweſen, der bey euch uͤbernachtet, da ich abweſend geweſen. Jch erin- nere mich deſſen nicht, antwortete Oſmin, es ſind ſchon mehr als zwey Jahre, daß in meinem Hauſe kein Mantel verlohren worden, und, wiewohl das Alter allmaͤhlich an- faͤngt,

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Zitationshilfe: Frau von D.: Die in der Liebe herumschweifende oder bestrafte Untreue. 1763, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/d_untreue_1763/81>, abgerufen am 21.11.2024.