fängt, mein Gedächtniß zu schwä- chen, so kann ich es doch nicht ver- gessen haben. Es muß denn hinter diesem Mantel ein Geheimniß stek- ken, setzte Roderige hinzu, denn warum sollte es mir meine Frau ge- sagt haben, was ich euch eben ietzo erzehle. Glaube mir, antwortete Osmin, dein Weib hat entweder deiner gespottet, oder du willst mir etwas weiß machen, und du hast ihn sonst wo weggenommen. Jch kann euch nichts antworten, sagte Rode- rige, wenn wir aber nach Viso werden gekommen seyn, so sollt ihr von meiner Unschuld überzeugt wer- den. Mit dergleichen Reden, denen sie die Rechnung ihrer Unkosten hin- zu thaten, kamen sie an, und Os- mins erste Sorge war, des Rode- rigen Sack in Gegenwart seiner Nichte, eines Knechtes und einer Magd, der einzigen Bedienten seines Hauses, aufzumachen. Er zog den Mantel heraus, und frug sie, ob sie ihm nicht sagen könnten, wem er gehöret hätte unter denen, die bey
ihm
faͤngt, mein Gedaͤchtniß zu ſchwaͤ- chen, ſo kann ich es doch nicht ver- geſſen haben. Es muß denn hinter dieſem Mantel ein Geheimniß ſtek- ken, ſetzte Roderige hinzu, denn warum ſollte es mir meine Frau ge- ſagt haben, was ich euch eben ietzo erzehle. Glaube mir, antwortete Oſmin, dein Weib hat entweder deiner geſpottet, oder du willſt mir etwas weiß machen, und du haſt ihn ſonſt wo weggenommen. Jch kann euch nichts antworten, ſagte Rode- rige, wenn wir aber nach Viſo werden gekommen ſeyn, ſo ſollt ihr von meiner Unſchuld uͤberzeugt wer- den. Mit dergleichen Reden, denen ſie die Rechnung ihrer Unkoſten hin- zu thaten, kamen ſie an, und Oſ- mins erſte Sorge war, des Rode- rigen Sack in Gegenwart ſeiner Nichte, eines Knechtes und einer Magd, der einzigen Bedienten ſeines Hauſes, aufzumachen. Er zog den Mantel heraus, und frug ſie, ob ſie ihm nicht ſagen koͤnnten, wem er gehoͤret haͤtte unter denen, die bey
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faͤngt, mein Gedaͤchtniß zu ſchwaͤ-
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geſſen haben. Es muß denn hinter
dieſem Mantel ein Geheimniß ſtek-
ken, ſetzte Roderige hinzu, denn
warum ſollte es mir meine Frau ge-
ſagt haben, was ich euch eben ietzo
erzehle. Glaube mir, antwortete
Oſmin, dein Weib hat entweder
deiner geſpottet, oder du willſt mir
etwas weiß machen, und du haſt ihn
ſonſt wo weggenommen. Jch kann
euch nichts antworten, ſagte Rode-
rige, wenn wir aber nach Viſo
werden gekommen ſeyn, ſo ſollt ihr
von meiner Unſchuld uͤberzeugt wer-
den. Mit dergleichen Reden, denen
ſie die Rechnung ihrer Unkoſten hin-
zu thaten, kamen ſie an, und Oſ-
mins erſte Sorge war, des Rode-
rigen Sack in Gegenwart ſeiner
Nichte, eines Knechtes und einer
Magd, der einzigen Bedienten ſeines
Hauſes, aufzumachen. Er zog den
Mantel heraus, und frug ſie, ob
ſie ihm nicht ſagen koͤnnten, wem er
gehoͤret haͤtte unter denen, die bey
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Frau von D.: Die in der Liebe herumschweifende oder bestrafte Untreue. 1763, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/d_untreue_1763/82>, abgerufen am 16.02.2025.
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