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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845.

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stand fremde Briefe zu öffnen und Nachschlüssel zu gebrau-
chen, hatte davon während seiner Gesandtschaft zu Wien
seinem Hofe die Proben vorgelegt. Gleichwohl datirte sich
gerade von dort her seine Ungunst bei Hofe. Er hatte ärger-
liche Dinge über Marien Theresien berichtet, wie sie über
die Theilung von Polen Thränen vergieße, und doch ihren
Antheil so munter in die Tasche stecke. Das vergab ihm
die Tochter nie. Auch der König verbarg seinen Unwillen
nicht gegen einen Prälaten ohne Religion und Sitten, von
welchem man wußte daß er die zur Linderung des mensch-
lichen Elends ihm als Almosenier zufließenden Gelder zum
guten Theile selbst verzehre. Nun machte Rohan den Ver-
such den Verliebten bei der Königin zu spielen, und fuhr
gänzlich ab damit. Der Mann aber wollte schlechterdings
Minister seyn; als er nicht aufhörte mit seinen Vertrauten
über die fatale Ungnade der Königin zu reden, erwuchs
den Lamottes der Plan daraus ihn auf diesem Wege zu
plündern. Eines Tages überraschte die Gräfin den Car-
dinal mit der Erzählung, ein Großes sey ihr gelungen,
sie habe seit einiger Zeit Zutritt bei der Königin, es sey
ihr geglückt, das Mistrauen der Monarchin zu besiegen,
er habe entschiedene Hoffnungen. Von nun an eine ganze
Kette von Täuschungen, die ärgste diese: dem Cardinal
wird eine Unterredung mit der Königin im Lustwäldchen von
Versailles zugesagt. Ein öffentliches Mädchen, Oliva,
welches viele Ähnlichkeit mit Marien Antonien hatte, über-
nimmt die Rolle derselben, flüstert die Worte: "das Ge-

ſtand fremde Briefe zu öffnen und Nachſchlüſſel zu gebrau-
chen, hatte davon während ſeiner Geſandtſchaft zu Wien
ſeinem Hofe die Proben vorgelegt. Gleichwohl datirte ſich
gerade von dort her ſeine Ungunſt bei Hofe. Er hatte ärger-
liche Dinge über Marien Thereſien berichtet, wie ſie über
die Theilung von Polen Thränen vergieße, und doch ihren
Antheil ſo munter in die Taſche ſtecke. Das vergab ihm
die Tochter nie. Auch der König verbarg ſeinen Unwillen
nicht gegen einen Prälaten ohne Religion und Sitten, von
welchem man wußte daß er die zur Linderung des menſch-
lichen Elends ihm als Almoſenier zufließenden Gelder zum
guten Theile ſelbſt verzehre. Nun machte Rohan den Ver-
ſuch den Verliebten bei der Königin zu ſpielen, und fuhr
gänzlich ab damit. Der Mann aber wollte ſchlechterdings
Miniſter ſeyn; als er nicht aufhörte mit ſeinen Vertrauten
über die fatale Ungnade der Königin zu reden, erwuchs
den Lamottes der Plan daraus ihn auf dieſem Wege zu
plündern. Eines Tages überraſchte die Gräfin den Car-
dinal mit der Erzählung, ein Großes ſey ihr gelungen,
ſie habe ſeit einiger Zeit Zutritt bei der Königin, es ſey
ihr geglückt, das Mistrauen der Monarchin zu beſiegen,
er habe entſchiedene Hoffnungen. Von nun an eine ganze
Kette von Täuſchungen, die ärgſte dieſe: dem Cardinal
wird eine Unterredung mit der Königin im Luſtwäldchen von
Verſailles zugeſagt. Ein öffentliches Mädchen, Oliva,
welches viele Ähnlichkeit mit Marien Antonien hatte, über-
nimmt die Rolle derſelben, flüſtert die Worte: „das Ge-

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[98/0108] ſtand fremde Briefe zu öffnen und Nachſchlüſſel zu gebrau- chen, hatte davon während ſeiner Geſandtſchaft zu Wien ſeinem Hofe die Proben vorgelegt. Gleichwohl datirte ſich gerade von dort her ſeine Ungunſt bei Hofe. Er hatte ärger- liche Dinge über Marien Thereſien berichtet, wie ſie über die Theilung von Polen Thränen vergieße, und doch ihren Antheil ſo munter in die Taſche ſtecke. Das vergab ihm die Tochter nie. Auch der König verbarg ſeinen Unwillen nicht gegen einen Prälaten ohne Religion und Sitten, von welchem man wußte daß er die zur Linderung des menſch- lichen Elends ihm als Almoſenier zufließenden Gelder zum guten Theile ſelbſt verzehre. Nun machte Rohan den Ver- ſuch den Verliebten bei der Königin zu ſpielen, und fuhr gänzlich ab damit. Der Mann aber wollte ſchlechterdings Miniſter ſeyn; als er nicht aufhörte mit ſeinen Vertrauten über die fatale Ungnade der Königin zu reden, erwuchs den Lamottes der Plan daraus ihn auf dieſem Wege zu plündern. Eines Tages überraſchte die Gräfin den Car- dinal mit der Erzählung, ein Großes ſey ihr gelungen, ſie habe ſeit einiger Zeit Zutritt bei der Königin, es ſey ihr geglückt, das Mistrauen der Monarchin zu beſiegen, er habe entſchiedene Hoffnungen. Von nun an eine ganze Kette von Täuſchungen, die ärgſte dieſe: dem Cardinal wird eine Unterredung mit der Königin im Luſtwäldchen von Verſailles zugeſagt. Ein öffentliches Mädchen, Oliva, welches viele Ähnlichkeit mit Marien Antonien hatte, über- nimmt die Rolle derſelben, flüſtert die Worte: „das Ge-

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Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/108>, abgerufen am 27.11.2024.