Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845.

Bild:
<< vorherige Seite

schehene ist vergessen," läßt eine Rose fallen. Der ent-
zückte Cardinal hat nur eben Zeit den Fuß seiner Gebieterin
zu küssen als ein Geräusch entsteht, und die Dame, in
welcher er seine Königin verehrt, flüchtet eilig. Allein der
Zweck? Nicht lange, so werden dem Cardinal wegen vor-
übergehender Geldverlegenheiten der Königin bedeutende
Summen abgeborgt, und bald darauf gilt es ein Diaman-
tenhalsband, von den Juwelieren Böhmer und Bassange
verfertigt, welches die Königin durch ihren neuen Günst-
ling heimlich an sich bringen möchte. Mit diesem Pracht-
schmucke ohne Gleichen verhielt es sich so: er war Anfangs für
die berüchtigte Gräfin Dubarry verfertigt, aber Ludwig XV.
starb darüber. Nun stand er für die Königin um 1,600,000
Livres zu Kauf; die Versuchung war groß, der König kei-
neswegs abgeneigt, allein man überwand sich, "ein Paar
Linienschiffe gegen die Engländer fruchten mehr," hieß es.
Der Ankauf unterblieb sonach. Fast unbegreiflich aber ist es,
wie jetzt der Cardinal an einen heimlichen Ankauf glauben
konnte, gleich als werde es der Königin genügen wie dem
Grethchen im Faust in der Stille ihres Kämmerleins am
Spiegelglas damit vorüberzugehen. Allein ein Billet mit
nachgemachter Unterschrift der Königin, ein zur Empfang-
nahme des Schmuckes untergeschobener Kammerdiener in
der Livrey der Königin überzeugten ihn; nur daß er die
Juweliere in das Geheimniß zog, um sich vor Zahlungs-
verlegenheiten sicher zu stellen. Auch hätten diese dem cre-
ditlosen Prälaten nimmer solch ein Kleinod anvertraut.

7*

ſchehene iſt vergeſſen,“ läßt eine Roſe fallen. Der ent-
zückte Cardinal hat nur eben Zeit den Fuß ſeiner Gebieterin
zu küſſen als ein Geräuſch entſteht, und die Dame, in
welcher er ſeine Königin verehrt, flüchtet eilig. Allein der
Zweck? Nicht lange, ſo werden dem Cardinal wegen vor-
übergehender Geldverlegenheiten der Königin bedeutende
Summen abgeborgt, und bald darauf gilt es ein Diaman-
tenhalsband, von den Juwelieren Böhmer und Baſſange
verfertigt, welches die Königin durch ihren neuen Günſt-
ling heimlich an ſich bringen möchte. Mit dieſem Pracht-
ſchmucke ohne Gleichen verhielt es ſich ſo: er war Anfangs für
die berüchtigte Gräfin Dubarry verfertigt, aber Ludwig XV.
ſtarb darüber. Nun ſtand er für die Königin um 1,600,000
Livres zu Kauf; die Verſuchung war groß, der König kei-
neswegs abgeneigt, allein man überwand ſich, „ein Paar
Linienſchiffe gegen die Engländer fruchten mehr,“ hieß es.
Der Ankauf unterblieb ſonach. Faſt unbegreiflich aber iſt es,
wie jetzt der Cardinal an einen heimlichen Ankauf glauben
konnte, gleich als werde es der Königin genügen wie dem
Grethchen im Fauſt in der Stille ihres Kämmerleins am
Spiegelglas damit vorüberzugehen. Allein ein Billet mit
nachgemachter Unterſchrift der Königin, ein zur Empfang-
nahme des Schmuckes untergeſchobener Kammerdiener in
der Livrey der Königin überzeugten ihn; nur daß er die
Juweliere in das Geheimniß zog, um ſich vor Zahlungs-
verlegenheiten ſicher zu ſtellen. Auch hätten dieſe dem cre-
ditloſen Prälaten nimmer ſolch ein Kleinod anvertraut.

7*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0109" n="99"/>
&#x017F;chehene i&#x017F;t verge&#x017F;&#x017F;en,&#x201C; läßt eine Ro&#x017F;e fallen. Der ent-<lb/>
zückte Cardinal hat nur eben Zeit den Fuß &#x017F;einer Gebieterin<lb/>
zu kü&#x017F;&#x017F;en als ein Geräu&#x017F;ch ent&#x017F;teht, und die Dame, in<lb/>
welcher er &#x017F;eine Königin verehrt, flüchtet eilig. Allein der<lb/>
Zweck? Nicht lange, &#x017F;o werden dem Cardinal wegen vor-<lb/>
übergehender Geldverlegenheiten der Königin bedeutende<lb/>
Summen abgeborgt, und bald darauf gilt es ein Diaman-<lb/>
tenhalsband, von den Juwelieren Böhmer und Ba&#x017F;&#x017F;ange<lb/>
verfertigt, welches die Königin durch ihren neuen Gün&#x017F;t-<lb/>
ling heimlich an &#x017F;ich bringen möchte. Mit die&#x017F;em Pracht-<lb/>
&#x017F;chmucke ohne Gleichen verhielt es &#x017F;ich &#x017F;o: er war Anfangs für<lb/>
die berüchtigte Gräfin Dubarry verfertigt, aber Ludwig <hi rendition="#aq">XV.</hi><lb/>
&#x017F;tarb darüber. Nun &#x017F;tand er für die Königin um 1,600,000<lb/>
Livres zu Kauf; die Ver&#x017F;uchung war groß, der König kei-<lb/>
neswegs abgeneigt, allein man überwand &#x017F;ich, &#x201E;ein Paar<lb/>
Linien&#x017F;chiffe gegen die Engländer fruchten mehr,&#x201C; hieß es.<lb/>
Der Ankauf unterblieb &#x017F;onach. Fa&#x017F;t unbegreiflich aber i&#x017F;t es,<lb/>
wie jetzt der Cardinal an einen heimlichen Ankauf glauben<lb/>
konnte, gleich als werde es der Königin genügen wie dem<lb/>
Grethchen im Fau&#x017F;t in der Stille ihres Kämmerleins am<lb/>
Spiegelglas damit vorüberzugehen. Allein ein Billet mit<lb/>
nachgemachter Unter&#x017F;chrift der Königin, ein zur Empfang-<lb/>
nahme des Schmuckes unterge&#x017F;chobener Kammerdiener in<lb/>
der Livrey der Königin überzeugten ihn; nur daß er die<lb/>
Juweliere in das Geheimniß zog, um &#x017F;ich vor Zahlungs-<lb/>
verlegenheiten &#x017F;icher zu &#x017F;tellen. Auch hätten die&#x017F;e dem cre-<lb/>
ditlo&#x017F;en Prälaten nimmer &#x017F;olch ein Kleinod anvertraut.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">7*</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[99/0109] ſchehene iſt vergeſſen,“ läßt eine Roſe fallen. Der ent- zückte Cardinal hat nur eben Zeit den Fuß ſeiner Gebieterin zu küſſen als ein Geräuſch entſteht, und die Dame, in welcher er ſeine Königin verehrt, flüchtet eilig. Allein der Zweck? Nicht lange, ſo werden dem Cardinal wegen vor- übergehender Geldverlegenheiten der Königin bedeutende Summen abgeborgt, und bald darauf gilt es ein Diaman- tenhalsband, von den Juwelieren Böhmer und Baſſange verfertigt, welches die Königin durch ihren neuen Günſt- ling heimlich an ſich bringen möchte. Mit dieſem Pracht- ſchmucke ohne Gleichen verhielt es ſich ſo: er war Anfangs für die berüchtigte Gräfin Dubarry verfertigt, aber Ludwig XV. ſtarb darüber. Nun ſtand er für die Königin um 1,600,000 Livres zu Kauf; die Verſuchung war groß, der König kei- neswegs abgeneigt, allein man überwand ſich, „ein Paar Linienſchiffe gegen die Engländer fruchten mehr,“ hieß es. Der Ankauf unterblieb ſonach. Faſt unbegreiflich aber iſt es, wie jetzt der Cardinal an einen heimlichen Ankauf glauben konnte, gleich als werde es der Königin genügen wie dem Grethchen im Fauſt in der Stille ihres Kämmerleins am Spiegelglas damit vorüberzugehen. Allein ein Billet mit nachgemachter Unterſchrift der Königin, ein zur Empfang- nahme des Schmuckes untergeſchobener Kammerdiener in der Livrey der Königin überzeugten ihn; nur daß er die Juweliere in das Geheimniß zog, um ſich vor Zahlungs- verlegenheiten ſicher zu ſtellen. Auch hätten dieſe dem cre- ditloſen Prälaten nimmer ſolch ein Kleinod anvertraut. 7*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/109
Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/109>, abgerufen am 23.11.2024.