denn nun gemeinsame, was bloße Standesangelegenheit sey, aber die stürmische Adels- und Hofpartei bekämpfte ihn als viel zu nachgiebig, mit der Würde der Krone un- verträglich, und warf ihn mit Hülfe der Königin und des Grafen von Artois um. Es soll und muß dabei bleiben, daß es von der Einwilligung jedes der drei Stände und der Einwilligung des Königs abhängt, ob über einen Gegenstand gemeinsam berathen werden soll, und es muß gleich jetzt erklärt werden, daß die künftige Reichsverfassung nicht zu den Gegenständen gemeinsamer Berathung gehört. Necker bot hierauf seine Entlassung an, ließ sich jedoch halten, allein er blieb von der königlichen Sitzung aus, gegen sein, wie die Königin stets behauptet hat, aus- drücklich am Abend vorher gegebenes Versprechen.
Als der König mit seiner glänzenden Umgebung ein- trat, tönte ihm ein schwacher Zuruf von einem Theile der Geistlichkeit und dem Adel entgegen, die Gallerien standen leer, waren abgesperrt. Der König eröffnete mit allgemeinen Äußerungen, wie sehr seine Hoffnungen ge- täuscht worden, knüpfte Ermahnungen an. Hierauf ver- las der Siegelbewahrer 15 Artikel, deren erster die Be- schlüsse des dritten Standes vom 17ten aufhebt als unge- setzlich und verfassungswidrig. Die drei Stände, in drei Kammern berathend, haben allein das Recht den Körper der Vertreter der Nation zu bilden. Zwar können sie, wenn der König es erlaubt, auch zusammentreten, und was le- diglich diese Sitzung betrifft, ermahnt der König selbst
denn nun gemeinſame, was bloße Standesangelegenheit ſey, aber die ſtürmiſche Adels- und Hofpartei bekämpfte ihn als viel zu nachgiebig, mit der Würde der Krone un- verträglich, und warf ihn mit Hülfe der Königin und des Grafen von Artois um. Es ſoll und muß dabei bleiben, daß es von der Einwilligung jedes der drei Stände und der Einwilligung des Königs abhängt, ob über einen Gegenſtand gemeinſam berathen werden ſoll, und es muß gleich jetzt erklärt werden, daß die künftige Reichsverfaſſung nicht zu den Gegenſtänden gemeinſamer Berathung gehört. Necker bot hierauf ſeine Entlaſſung an, ließ ſich jedoch halten, allein er blieb von der königlichen Sitzung aus, gegen ſein, wie die Königin ſtets behauptet hat, aus- drücklich am Abend vorher gegebenes Verſprechen.
Als der König mit ſeiner glänzenden Umgebung ein- trat, tönte ihm ein ſchwacher Zuruf von einem Theile der Geiſtlichkeit und dem Adel entgegen, die Gallerien ſtanden leer, waren abgeſperrt. Der König eröffnete mit allgemeinen Äußerungen, wie ſehr ſeine Hoffnungen ge- täuſcht worden, knüpfte Ermahnungen an. Hierauf ver- las der Siegelbewahrer 15 Artikel, deren erſter die Be- ſchlüſſe des dritten Standes vom 17ten aufhebt als unge- ſetzlich und verfaſſungswidrig. Die drei Stände, in drei Kammern berathend, haben allein das Recht den Körper der Vertreter der Nation zu bilden. Zwar können ſie, wenn der König es erlaubt, auch zuſammentreten, und was le- diglich dieſe Sitzung betrifft, ermahnt der König ſelbſt
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0220"n="210"/>
denn nun gemeinſame, was bloße Standesangelegenheit<lb/>ſey, aber die ſtürmiſche Adels- und Hofpartei bekämpfte<lb/>
ihn als viel zu nachgiebig, mit der Würde der Krone un-<lb/>
verträglich, und warf ihn mit Hülfe der Königin und des<lb/>
Grafen von Artois um. Es ſoll und muß dabei bleiben,<lb/>
daß es von der Einwilligung jedes der drei Stände und<lb/>
der Einwilligung des Königs abhängt, ob über einen<lb/>
Gegenſtand gemeinſam berathen werden ſoll, und es muß<lb/>
gleich jetzt erklärt werden, daß die künftige Reichsverfaſſung<lb/>
nicht zu den Gegenſtänden gemeinſamer Berathung gehört.<lb/>
Necker bot hierauf ſeine Entlaſſung an, ließ ſich jedoch<lb/>
halten, allein er blieb von der königlichen Sitzung aus,<lb/>
gegen ſein, wie die Königin ſtets behauptet hat, aus-<lb/>
drücklich am Abend vorher gegebenes Verſprechen.</p><lb/><p>Als der König mit ſeiner glänzenden Umgebung ein-<lb/>
trat, tönte ihm ein ſchwacher Zuruf von einem Theile<lb/>
der Geiſtlichkeit und dem Adel entgegen, die Gallerien<lb/>ſtanden leer, waren abgeſperrt. Der König eröffnete mit<lb/>
allgemeinen Äußerungen, wie ſehr ſeine Hoffnungen ge-<lb/>
täuſcht worden, knüpfte Ermahnungen an. Hierauf ver-<lb/>
las der Siegelbewahrer 15 Artikel, deren erſter die Be-<lb/>ſchlüſſe des dritten Standes vom 17ten aufhebt als unge-<lb/>ſetzlich und verfaſſungswidrig. Die drei Stände, in drei<lb/>
Kammern berathend, haben allein das Recht den Körper<lb/>
der Vertreter der Nation zu bilden. Zwar können ſie, wenn<lb/>
der König es erlaubt, auch zuſammentreten, und was le-<lb/>
diglich dieſe Sitzung betrifft, ermahnt der König ſelbſt<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[210/0220]
denn nun gemeinſame, was bloße Standesangelegenheit
ſey, aber die ſtürmiſche Adels- und Hofpartei bekämpfte
ihn als viel zu nachgiebig, mit der Würde der Krone un-
verträglich, und warf ihn mit Hülfe der Königin und des
Grafen von Artois um. Es ſoll und muß dabei bleiben,
daß es von der Einwilligung jedes der drei Stände und
der Einwilligung des Königs abhängt, ob über einen
Gegenſtand gemeinſam berathen werden ſoll, und es muß
gleich jetzt erklärt werden, daß die künftige Reichsverfaſſung
nicht zu den Gegenſtänden gemeinſamer Berathung gehört.
Necker bot hierauf ſeine Entlaſſung an, ließ ſich jedoch
halten, allein er blieb von der königlichen Sitzung aus,
gegen ſein, wie die Königin ſtets behauptet hat, aus-
drücklich am Abend vorher gegebenes Verſprechen.
Als der König mit ſeiner glänzenden Umgebung ein-
trat, tönte ihm ein ſchwacher Zuruf von einem Theile
der Geiſtlichkeit und dem Adel entgegen, die Gallerien
ſtanden leer, waren abgeſperrt. Der König eröffnete mit
allgemeinen Äußerungen, wie ſehr ſeine Hoffnungen ge-
täuſcht worden, knüpfte Ermahnungen an. Hierauf ver-
las der Siegelbewahrer 15 Artikel, deren erſter die Be-
ſchlüſſe des dritten Standes vom 17ten aufhebt als unge-
ſetzlich und verfaſſungswidrig. Die drei Stände, in drei
Kammern berathend, haben allein das Recht den Körper
der Vertreter der Nation zu bilden. Zwar können ſie, wenn
der König es erlaubt, auch zuſammentreten, und was le-
diglich dieſe Sitzung betrifft, ermahnt der König ſelbſt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/220>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.