des Königs vorgenommenen Veränderungen als die Haupt- quelle der betrübenden Unruhen betrachtet werden müßten. Obgleich nun Ludwig eine Äußerung über diesen Punct vermied, war die Begeisterung allgemein, und als der König den Saal zu verlassen Miene machte, sprach die Versammlung den Wunsch aus ihn zum Schlosse beglei- ten zu dürfen; worauf der König den Weg zu Fuß antrat. So kam es zu einem öffentlichen Versöhnungsfeste, in des- sen Taumel ganz Versailles, sogar die Königin, hinein- gezogen ward; den Schlußpunct machte ein Tedeum in der königlichen Capelle.
An demselben Tage sah man eine Deputation der Na- tionalversammlung auf dem pariser Stadthause, 88 Mit- glieder stark; der König hatte diese Vermittelung selbst gewünscht und Monsieur stellte ihnen seine Wagen zur Verfügung. Auch hier war der Jubel allgemein, denn die Abgeordneten brachten die königliche Bestätigung der Bür- gerbewaffnung mit, und als die französischen Garden von der ihnen angekündigten Verzeihung nichts wissen wollten, ward auch über diesen Punct hinweggegangen. Kein Vogt der Kaufleute weiter; Bailly ward zum Maire von Paris ernannt, Lafayette zum Oberbefehlshaber der Mi- liz, die von nun an (16. Juli) Nationalgarde heißen soll. Auch hier machte ein Tedeum den Beschluß.
Am 17ten erschien der König in Paris. Er hatte außerordentliche Erschütterungen des Gemüthes überstan- den, seine Minister, die Urheber verderblicher Entschlüsse,
des Königs vorgenommenen Veränderungen als die Haupt- quelle der betrübenden Unruhen betrachtet werden müßten. Obgleich nun Ludwig eine Äußerung über dieſen Punct vermied, war die Begeiſterung allgemein, und als der König den Saal zu verlaſſen Miene machte, ſprach die Verſammlung den Wunſch aus ihn zum Schloſſe beglei- ten zu dürfen; worauf der König den Weg zu Fuß antrat. So kam es zu einem öffentlichen Verſöhnungsfeſte, in deſ- ſen Taumel ganz Verſailles, ſogar die Königin, hinein- gezogen ward; den Schlußpunct machte ein Tedeum in der königlichen Capelle.
An demſelben Tage ſah man eine Deputation der Na- tionalverſammlung auf dem pariſer Stadthauſe, 88 Mit- glieder ſtark; der König hatte dieſe Vermittelung ſelbſt gewünſcht und Monſieur ſtellte ihnen ſeine Wagen zur Verfügung. Auch hier war der Jubel allgemein, denn die Abgeordneten brachten die königliche Beſtätigung der Bür- gerbewaffnung mit, und als die franzöſiſchen Garden von der ihnen angekündigten Verzeihung nichts wiſſen wollten, ward auch über dieſen Punct hinweggegangen. Kein Vogt der Kaufleute weiter; Bailly ward zum Maire von Paris ernannt, Lafayette zum Oberbefehlshaber der Mi- liz, die von nun an (16. Juli) Nationalgarde heißen ſoll. Auch hier machte ein Tedeum den Beſchluß.
Am 17ten erſchien der König in Paris. Er hatte außerordentliche Erſchütterungen des Gemüthes überſtan- den, ſeine Miniſter, die Urheber verderblicher Entſchlüſſe,
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des Königs vorgenommenen Veränderungen als die Haupt-
quelle der betrübenden Unruhen betrachtet werden müßten.
Obgleich nun Ludwig eine Äußerung über dieſen Punct
vermied, war die Begeiſterung allgemein, und als der
König den Saal zu verlaſſen Miene machte, ſprach die
Verſammlung den Wunſch aus ihn zum Schloſſe beglei-
ten zu dürfen; worauf der König den Weg zu Fuß antrat.
So kam es zu einem öffentlichen Verſöhnungsfeſte, in deſ-
ſen Taumel ganz Verſailles, ſogar die Königin, hinein-
gezogen ward; den Schlußpunct machte ein Tedeum in
der königlichen Capelle.
An demſelben Tage ſah man eine Deputation der Na-
tionalverſammlung auf dem pariſer Stadthauſe, 88 Mit-
glieder ſtark; der König hatte dieſe Vermittelung ſelbſt
gewünſcht und Monſieur ſtellte ihnen ſeine Wagen zur
Verfügung. Auch hier war der Jubel allgemein, denn die
Abgeordneten brachten die königliche Beſtätigung der Bür-
gerbewaffnung mit, und als die franzöſiſchen Garden von
der ihnen angekündigten Verzeihung nichts wiſſen wollten,
ward auch über dieſen Punct hinweggegangen. Kein
Vogt der Kaufleute weiter; Bailly ward zum Maire von
Paris ernannt, Lafayette zum Oberbefehlshaber der Mi-
liz, die von nun an (16. Juli) Nationalgarde heißen ſoll.
Auch hier machte ein Tedeum den Beſchluß.
Am 17ten erſchien der König in Paris. Er hatte
außerordentliche Erſchütterungen des Gemüthes überſtan-
den, ſeine Miniſter, die Urheber verderblicher Entſchlüſſe,
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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/246>, abgerufen am 24.11.2024.
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