mehr entwickelt, sowohl aus Gründen der Sicherheit, als um eine gerechte Unzufriedenheit zu beseitigen und das besondere Wohl dem allgemeinen unterzuordnen unter Auf- hebung aller Steuerfreiheiten den Grundsatz einer künftig völlig gleichen Vertheilung der Steuern zu sanctioniren, imgleichen aus denselben Gründen und in Rücksicht auf das Gedeihen des Ackerbaues den Grundsatz der Ablösbarkeit aller Lehns- und Herrenrechte auf Begehren der Pflichtigen. Die Ablösung möge zu Eins von Dreißig (3 1/3 Procent) oder nach einem andern für jede Provinz für sich zu beschließenden Maßstabe geschehen, nur daß, da diese Einkünfte wirkliches Eigenthum und sogar das einzige Einkommen manches Besitzers sind, sie, insoweit die Ablösung nicht erfolgt ist, fortbestehen. Die persön- lichen Dienste dagegen sollen ohne Ablösung erlöschen. Ein Landmann aus der Bretagne erhob sich in seiner Bauerntracht, erinnerte daran daß in Frankreich noch Menschen wie Thiere vor den Wagen gespannt werden dürften, daß noch ein Recht bestehe, welches Bauern nö- thige zur Nachtzeit die Teiche zu peitschen, damit die Frösche nicht durch ihr Quaken den Schlaf ihrer wollüsti- gen Herren stören. "Wartet keinen Augenblick," schloß er, "oder sollen Eure Gesetze einem verwüsteten Frank- reich zu Theil werden?" Ein Edelmann versuchte dem überwiegenden Beifalle, welcher diese Anträge begleitete, eine andere Richtung zu geben, indem er bemerkte, es dürfte wohl rathsam seyn, den Anfang der Verbesserungen
mehr entwickelt, ſowohl aus Gründen der Sicherheit, als um eine gerechte Unzufriedenheit zu beſeitigen und das beſondere Wohl dem allgemeinen unterzuordnen unter Auf- hebung aller Steuerfreiheiten den Grundſatz einer künftig völlig gleichen Vertheilung der Steuern zu ſanctioniren, imgleichen aus denſelben Gründen und in Rückſicht auf das Gedeihen des Ackerbaues den Grundſatz der Ablösbarkeit aller Lehns- und Herrenrechte auf Begehren der Pflichtigen. Die Ablöſung möge zu Eins von Dreißig (3⅓ Procent) oder nach einem andern für jede Provinz für ſich zu beſchließenden Maßſtabe geſchehen, nur daß, da dieſe Einkünfte wirkliches Eigenthum und ſogar das einzige Einkommen manches Beſitzers ſind, ſie, inſoweit die Ablöſung nicht erfolgt iſt, fortbeſtehen. Die perſön- lichen Dienſte dagegen ſollen ohne Ablöſung erlöſchen. Ein Landmann aus der Bretagne erhob ſich in ſeiner Bauerntracht, erinnerte daran daß in Frankreich noch Menſchen wie Thiere vor den Wagen geſpannt werden dürften, daß noch ein Recht beſtehe, welches Bauern nö- thige zur Nachtzeit die Teiche zu peitſchen, damit die Fröſche nicht durch ihr Quaken den Schlaf ihrer wollüſti- gen Herren ſtören. „Wartet keinen Augenblick,“ ſchloß er, „oder ſollen Eure Geſetze einem verwüſteten Frank- reich zu Theil werden?“ Ein Edelmann verſuchte dem überwiegenden Beifalle, welcher dieſe Anträge begleitete, eine andere Richtung zu geben, indem er bemerkte, es dürfte wohl rathſam ſeyn, den Anfang der Verbeſſerungen
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mehr entwickelt, ſowohl aus Gründen der Sicherheit,
als um eine gerechte Unzufriedenheit zu beſeitigen und das
beſondere Wohl dem allgemeinen unterzuordnen unter Auf-
hebung aller Steuerfreiheiten den Grundſatz einer künftig
völlig gleichen Vertheilung der Steuern zu ſanctioniren,
imgleichen aus denſelben Gründen und in Rückſicht auf das
Gedeihen des Ackerbaues den Grundſatz der Ablösbarkeit
aller Lehns- und Herrenrechte auf Begehren der Pflichtigen.
Die Ablöſung möge zu Eins von Dreißig (3⅓ Procent)
oder nach einem andern für jede Provinz für ſich zu
beſchließenden Maßſtabe geſchehen, nur daß, da dieſe
Einkünfte wirkliches Eigenthum und ſogar das einzige
Einkommen manches Beſitzers ſind, ſie, inſoweit die
Ablöſung nicht erfolgt iſt, fortbeſtehen. Die perſön-
lichen Dienſte dagegen ſollen ohne Ablöſung erlöſchen.
Ein Landmann aus der Bretagne erhob ſich in ſeiner
Bauerntracht, erinnerte daran daß in Frankreich noch
Menſchen wie Thiere vor den Wagen geſpannt werden
dürften, daß noch ein Recht beſtehe, welches Bauern nö-
thige zur Nachtzeit die Teiche zu peitſchen, damit die
Fröſche nicht durch ihr Quaken den Schlaf ihrer wollüſti-
gen Herren ſtören. „Wartet keinen Augenblick,“ ſchloß
er, „oder ſollen Eure Geſetze einem verwüſteten Frank-
reich zu Theil werden?“ Ein Edelmann verſuchte dem
überwiegenden Beifalle, welcher dieſe Anträge begleitete,
eine andere Richtung zu geben, indem er bemerkte, es
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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/260>, abgerufen am 23.11.2024.
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