Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845.

Bild:
<< vorherige Seite

sammlung. -- "Ich beschwöre den Herrn, der hier Ja ge-
rufen hat, zu erwägen daß sein Plan nicht bekannt ist;
daß man Zeit bedarf um ihn zu entwickeln, zu untersuchen,
aus einander zu setzen; daß, könnten wir ihn auch gleich
jetzt berathen, doch möglicher Weise sein Urheber sich ge-
täuscht hat; daß, möge er jeden Irrthum vermieden haben,
man doch glauben könne daß er sich irrte; daß wo alle
Welt Unrecht hat, alle Welt wieder Recht hat; daß also
möglicher Weise der Urheber dieses Plans, so sehr er
Recht hat, doch von aller Welt Unrecht bekomme, weil das
größte Talent der öffentlichen Zustimmung bedarf, um über
die Umstände zu triumphiren. Auch ich halte Herrn
Neckers Vorschlag nicht für den bestmöglichen, aber der
Himmel bewahre mich daß ich unter so kritischen Umstän-
den nicht meine Vorschläge mit den seinen messe. Ver-
geblich würde ich die meinen für vorzüglicher halten; man
wetteifert nicht in einem Augenblicke mit einer wunderba-
ren Volksgunst, durch glänzende Verdienste erworben, mit
einer langen Erfahrung, mit dem Rufe des ersten bekann-
ten Finanztalents, und wenn man Alles sagen soll, mit
Zufälligkeiten, welche einer Bestimmung, wie sie keinem
andern Sterblichen zu Theil geworden ist, das Daseyn
gaben."

"Wir müssen also auf Herrn Neckers Plan zurückkom-
men. Aber haben wir die Zeit ihn zu prüfen, seine Grund-
lagen zu erforschen, seine Berechnungen zu beglaubigen?
Nein, nein, tausendmal nein! Unbedeutende Fragen, ge-

ſammlung. — „Ich beſchwöre den Herrn, der hier Ja ge-
rufen hat, zu erwägen daß ſein Plan nicht bekannt iſt;
daß man Zeit bedarf um ihn zu entwickeln, zu unterſuchen,
aus einander zu ſetzen; daß, könnten wir ihn auch gleich
jetzt berathen, doch möglicher Weiſe ſein Urheber ſich ge-
täuſcht hat; daß, möge er jeden Irrthum vermieden haben,
man doch glauben könne daß er ſich irrte; daß wo alle
Welt Unrecht hat, alle Welt wieder Recht hat; daß alſo
möglicher Weiſe der Urheber dieſes Plans, ſo ſehr er
Recht hat, doch von aller Welt Unrecht bekomme, weil das
größte Talent der öffentlichen Zuſtimmung bedarf, um über
die Umſtände zu triumphiren. Auch ich halte Herrn
Neckers Vorſchlag nicht für den beſtmöglichen, aber der
Himmel bewahre mich daß ich unter ſo kritiſchen Umſtän-
den nicht meine Vorſchläge mit den ſeinen meſſe. Ver-
geblich würde ich die meinen für vorzüglicher halten; man
wetteifert nicht in einem Augenblicke mit einer wunderba-
ren Volksgunſt, durch glänzende Verdienſte erworben, mit
einer langen Erfahrung, mit dem Rufe des erſten bekann-
ten Finanztalents, und wenn man Alles ſagen ſoll, mit
Zufälligkeiten, welche einer Beſtimmung, wie ſie keinem
andern Sterblichen zu Theil geworden iſt, das Daſeyn
gaben.“

„Wir müſſen alſo auf Herrn Neckers Plan zurückkom-
men. Aber haben wir die Zeit ihn zu prüfen, ſeine Grund-
lagen zu erforſchen, ſeine Berechnungen zu beglaubigen?
Nein, nein, tauſendmal nein! Unbedeutende Fragen, ge-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0288" n="278"/>
&#x017F;ammlung. &#x2014; &#x201E;Ich be&#x017F;chwöre den Herrn, der hier <hi rendition="#g">Ja</hi> ge-<lb/>
rufen hat, zu erwägen daß &#x017F;ein Plan nicht bekannt i&#x017F;t;<lb/>
daß man Zeit bedarf um ihn zu entwickeln, zu unter&#x017F;uchen,<lb/>
aus einander zu &#x017F;etzen; daß, könnten wir ihn auch gleich<lb/>
jetzt berathen, doch möglicher Wei&#x017F;e &#x017F;ein Urheber &#x017F;ich ge-<lb/>
täu&#x017F;cht hat; daß, möge er jeden Irrthum vermieden haben,<lb/>
man doch glauben könne daß er &#x017F;ich irrte; daß wo alle<lb/>
Welt Unrecht hat, alle Welt wieder Recht hat; daß al&#x017F;o<lb/>
möglicher Wei&#x017F;e der Urheber die&#x017F;es Plans, &#x017F;o &#x017F;ehr er<lb/>
Recht hat, doch von aller Welt Unrecht bekomme, weil das<lb/>
größte Talent der öffentlichen Zu&#x017F;timmung bedarf, um über<lb/>
die Um&#x017F;tände zu triumphiren. Auch ich halte Herrn<lb/>
Neckers Vor&#x017F;chlag nicht für den be&#x017F;tmöglichen, aber der<lb/>
Himmel bewahre mich daß ich unter &#x017F;o kriti&#x017F;chen Um&#x017F;tän-<lb/>
den nicht meine Vor&#x017F;chläge mit den &#x017F;einen me&#x017F;&#x017F;e. Ver-<lb/>
geblich würde ich die meinen für vorzüglicher halten; man<lb/>
wetteifert nicht in einem Augenblicke mit einer wunderba-<lb/>
ren Volksgun&#x017F;t, durch glänzende Verdien&#x017F;te erworben, mit<lb/>
einer langen Erfahrung, mit dem Rufe des er&#x017F;ten bekann-<lb/>
ten Finanztalents, und wenn man Alles &#x017F;agen &#x017F;oll, mit<lb/>
Zufälligkeiten, welche einer Be&#x017F;timmung, wie &#x017F;ie keinem<lb/>
andern Sterblichen zu Theil geworden i&#x017F;t, das Da&#x017F;eyn<lb/>
gaben.&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Wir mü&#x017F;&#x017F;en al&#x017F;o auf Herrn Neckers Plan zurückkom-<lb/>
men. Aber haben wir die Zeit ihn zu prüfen, &#x017F;eine Grund-<lb/>
lagen zu erfor&#x017F;chen, &#x017F;eine Berechnungen zu beglaubigen?<lb/>
Nein, nein, tau&#x017F;endmal nein! Unbedeutende Fragen, ge-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[278/0288] ſammlung. — „Ich beſchwöre den Herrn, der hier Ja ge- rufen hat, zu erwägen daß ſein Plan nicht bekannt iſt; daß man Zeit bedarf um ihn zu entwickeln, zu unterſuchen, aus einander zu ſetzen; daß, könnten wir ihn auch gleich jetzt berathen, doch möglicher Weiſe ſein Urheber ſich ge- täuſcht hat; daß, möge er jeden Irrthum vermieden haben, man doch glauben könne daß er ſich irrte; daß wo alle Welt Unrecht hat, alle Welt wieder Recht hat; daß alſo möglicher Weiſe der Urheber dieſes Plans, ſo ſehr er Recht hat, doch von aller Welt Unrecht bekomme, weil das größte Talent der öffentlichen Zuſtimmung bedarf, um über die Umſtände zu triumphiren. Auch ich halte Herrn Neckers Vorſchlag nicht für den beſtmöglichen, aber der Himmel bewahre mich daß ich unter ſo kritiſchen Umſtän- den nicht meine Vorſchläge mit den ſeinen meſſe. Ver- geblich würde ich die meinen für vorzüglicher halten; man wetteifert nicht in einem Augenblicke mit einer wunderba- ren Volksgunſt, durch glänzende Verdienſte erworben, mit einer langen Erfahrung, mit dem Rufe des erſten bekann- ten Finanztalents, und wenn man Alles ſagen ſoll, mit Zufälligkeiten, welche einer Beſtimmung, wie ſie keinem andern Sterblichen zu Theil geworden iſt, das Daſeyn gaben.“ „Wir müſſen alſo auf Herrn Neckers Plan zurückkom- men. Aber haben wir die Zeit ihn zu prüfen, ſeine Grund- lagen zu erforſchen, ſeine Berechnungen zu beglaubigen? Nein, nein, tauſendmal nein! Unbedeutende Fragen, ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/288
Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/288>, abgerufen am 26.11.2024.