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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845.

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Augenblicke da sie umgestürzt sind, oder der feige Söld-
ling derer zu seyn, welche ich unaufhörlich bekämpft habe;
mögen sie als einen Feind der Revolution den Mann be-
zeichnen, der ihr vielleicht nicht unnütz gewesen ist und
der, wäre sie seinem Ruhme fremd, doch allein bei ihr
seine Sicherheit finden könnte; mögen sie der Wuth eines
getäuschten Volks den Mann überliefern, der seit zwan-
zig Jahren jede Unterdrückung bekämpft; der zu den Fran-
zosen von Freiheit sprach, von Verfassung, von Wider-
stand, als jene feilen Verläumder die Milch der Höfe sogen,
sich nährten von Misbräuchen. -- Was geht das mich
an? Diese Stöße von tief Unten nach hoch Oben sollen
mich nicht in meiner Bahn aufhalten. Ich sage ihnen:
Antwortet wenn ihr könnet, und dann verläumdet so viel
ihr wollet."

Nach diesem Eingange dringt er auf Barnave ein:
"Ihr behauptet: die Nation stellt zwei verschiedene Ge-
walten zu ihren Vertretern auf, die eine für den Willen,
die andere für die That, Ihr nennt die erste den gesetzge-
benden Körper, die andere König. Ihr habt Unrecht und
seyd von einem richtigen Ausgangspuncte in eine falsche
Folgerung gerathen. Es ist nicht wahr daß der gesetzgebende
Körper und die gesetzgebende Gewalt einerlei sind.
Der gesetzgebende Körper ist nur ein Theil der gesetzgeben-
den Gewalt, seit unsere Verfassung im Veto dem Könige
einen Antheil an der gesetzgebenden Gewalt gegeben hat.
Wie mögt Ihr nur die Begriffe so verwirren, daß Ihr in

Augenblicke da ſie umgeſtürzt ſind, oder der feige Söld-
ling derer zu ſeyn, welche ich unaufhörlich bekämpft habe;
mögen ſie als einen Feind der Revolution den Mann be-
zeichnen, der ihr vielleicht nicht unnütz geweſen iſt und
der, wäre ſie ſeinem Ruhme fremd, doch allein bei ihr
ſeine Sicherheit finden könnte; mögen ſie der Wuth eines
getäuſchten Volks den Mann überliefern, der ſeit zwan-
zig Jahren jede Unterdrückung bekämpft; der zu den Fran-
zoſen von Freiheit ſprach, von Verfaſſung, von Wider-
ſtand, als jene feilen Verläumder die Milch der Höfe ſogen,
ſich nährten von Misbräuchen. — Was geht das mich
an? Dieſe Stöße von tief Unten nach hoch Oben ſollen
mich nicht in meiner Bahn aufhalten. Ich ſage ihnen:
Antwortet wenn ihr könnet, und dann verläumdet ſo viel
ihr wollet.“

Nach dieſem Eingange dringt er auf Barnave ein:
„Ihr behauptet: die Nation ſtellt zwei verſchiedene Ge-
walten zu ihren Vertretern auf, die eine für den Willen,
die andere für die That, Ihr nennt die erſte den geſetzge-
benden Körper, die andere König. Ihr habt Unrecht und
ſeyd von einem richtigen Ausgangspuncte in eine falſche
Folgerung gerathen. Es iſt nicht wahr daß der geſetzgebende
Körper und die geſetzgebende Gewalt einerlei ſind.
Der geſetzgebende Körper iſt nur ein Theil der geſetzgeben-
den Gewalt, ſeit unſere Verfaſſung im Veto dem Könige
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[315/0325] Augenblicke da ſie umgeſtürzt ſind, oder der feige Söld- ling derer zu ſeyn, welche ich unaufhörlich bekämpft habe; mögen ſie als einen Feind der Revolution den Mann be- zeichnen, der ihr vielleicht nicht unnütz geweſen iſt und der, wäre ſie ſeinem Ruhme fremd, doch allein bei ihr ſeine Sicherheit finden könnte; mögen ſie der Wuth eines getäuſchten Volks den Mann überliefern, der ſeit zwan- zig Jahren jede Unterdrückung bekämpft; der zu den Fran- zoſen von Freiheit ſprach, von Verfaſſung, von Wider- ſtand, als jene feilen Verläumder die Milch der Höfe ſogen, ſich nährten von Misbräuchen. — Was geht das mich an? Dieſe Stöße von tief Unten nach hoch Oben ſollen mich nicht in meiner Bahn aufhalten. Ich ſage ihnen: Antwortet wenn ihr könnet, und dann verläumdet ſo viel ihr wollet.“ Nach dieſem Eingange dringt er auf Barnave ein: „Ihr behauptet: die Nation ſtellt zwei verſchiedene Ge- walten zu ihren Vertretern auf, die eine für den Willen, die andere für die That, Ihr nennt die erſte den geſetzge- benden Körper, die andere König. Ihr habt Unrecht und ſeyd von einem richtigen Ausgangspuncte in eine falſche Folgerung gerathen. Es iſt nicht wahr daß der geſetzgebende Körper und die geſetzgebende Gewalt einerlei ſind. Der geſetzgebende Körper iſt nur ein Theil der geſetzgeben- den Gewalt, ſeit unſere Verfaſſung im Veto dem Könige einen Antheil an der geſetzgebenden Gewalt gegeben hat. Wie mögt Ihr nur die Begriffe ſo verwirren, daß Ihr in

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Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/325>, abgerufen am 29.11.2024.