des Königs und seiner Familie aus seiner Hauptstadt alle Ortschaften, welche sich solchem Beginnen nicht widersetzen, mit denselben äußersten und unerläßlichen Strafen wie die Stadt Paris bedroht.
Wer da behaupten wollte, der französische Königsthron sey durch diese Coblenzer Manifester umgestürzt, sagte ganz gewiß zu viel. Allein ein zweckmäßigeres Mittel, den König zum Volksfeind zu stempeln und alle politischen Parteien in Frankreich zum einträchtigen Widerstande zu entflammen, konnte nicht erdacht werden. Ein König, dessen völlige Unfähigkeit ein Recht der Herrschaft nach dem andern dem Volk überliefert hat, soll nun durch einen "militärischen Spaziergang" von Ausländern, welche Polen theilten, dieses selbige Volk mit gebundenen Hän- den ausgeliefert erhalten, damit er diejenige Strafe an ihm übe, welche die Rachsucht der Ausgewanderten seiner Schwäche dictiren wird. Ganz dahin sind also alle hohen Gedanken, welche seit drei Jahren Frankreich begeisterten und den aufmerksamen Welttheil in ein zwischen Hoffnung und Sorge getheiltes Erstaunen setzten, eine schmählichere Unterwürfigkeit als jede frühere tritt an ihre Stelle. Denn das steht ja fest: diese Zurückgekehrten werden nicht allein ihre Habe zurückfordern, welche neuerdings erst der ver- letzten Nation als Schadloshaltung zugesprochen ist, der-März 30. selbe Sturm, welcher das politische Recht der Franzosen entblättert, wird dem dienstlosen Leben des Landmannes, dem geliebten Grundsatze der Gleichheit in Besteurung und
des Königs und ſeiner Familie aus ſeiner Hauptſtadt alle Ortſchaften, welche ſich ſolchem Beginnen nicht widerſetzen, mit denſelben äußerſten und unerläßlichen Strafen wie die Stadt Paris bedroht.
Wer da behaupten wollte, der franzöſiſche Königsthron ſey durch dieſe Coblenzer Manifeſter umgeſtürzt, ſagte ganz gewiß zu viel. Allein ein zweckmäßigeres Mittel, den König zum Volksfeind zu ſtempeln und alle politiſchen Parteien in Frankreich zum einträchtigen Widerſtande zu entflammen, konnte nicht erdacht werden. Ein König, deſſen völlige Unfähigkeit ein Recht der Herrſchaft nach dem andern dem Volk überliefert hat, ſoll nun durch einen „militäriſchen Spaziergang“ von Ausländern, welche Polen theilten, dieſes ſelbige Volk mit gebundenen Hän- den ausgeliefert erhalten, damit er diejenige Strafe an ihm übe, welche die Rachſucht der Ausgewanderten ſeiner Schwäche dictiren wird. Ganz dahin ſind alſo alle hohen Gedanken, welche ſeit drei Jahren Frankreich begeiſterten und den aufmerkſamen Welttheil in ein zwiſchen Hoffnung und Sorge getheiltes Erſtaunen ſetzten, eine ſchmählichere Unterwürfigkeit als jede frühere tritt an ihre Stelle. Denn das ſteht ja feſt: dieſe Zurückgekehrten werden nicht allein ihre Habe zurückfordern, welche neuerdings erſt der ver- letzten Nation als Schadloshaltung zugeſprochen iſt, der-März 30. ſelbe Sturm, welcher das politiſche Recht der Franzoſen entblättert, wird dem dienſtloſen Leben des Landmannes, dem geliebten Grundſatze der Gleichheit in Beſteurung und
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des Königs und ſeiner Familie aus ſeiner Hauptſtadt alle
Ortſchaften, welche ſich ſolchem Beginnen nicht widerſetzen,
mit denſelben äußerſten und unerläßlichen Strafen wie die
Stadt Paris bedroht.
Wer da behaupten wollte, der franzöſiſche Königsthron
ſey durch dieſe Coblenzer Manifeſter umgeſtürzt, ſagte ganz
gewiß zu viel. Allein ein zweckmäßigeres Mittel, den
König zum Volksfeind zu ſtempeln und alle politiſchen
Parteien in Frankreich zum einträchtigen Widerſtande zu
entflammen, konnte nicht erdacht werden. Ein König,
deſſen völlige Unfähigkeit ein Recht der Herrſchaft nach
dem andern dem Volk überliefert hat, ſoll nun durch einen
„militäriſchen Spaziergang“ von Ausländern, welche
Polen theilten, dieſes ſelbige Volk mit gebundenen Hän-
den ausgeliefert erhalten, damit er diejenige Strafe an
ihm übe, welche die Rachſucht der Ausgewanderten ſeiner
Schwäche dictiren wird. Ganz dahin ſind alſo alle hohen
Gedanken, welche ſeit drei Jahren Frankreich begeiſterten
und den aufmerkſamen Welttheil in ein zwiſchen Hoffnung
und Sorge getheiltes Erſtaunen ſetzten, eine ſchmählichere
Unterwürfigkeit als jede frühere tritt an ihre Stelle. Denn
das ſteht ja feſt: dieſe Zurückgekehrten werden nicht allein
ihre Habe zurückfordern, welche neuerdings erſt der ver-
letzten Nation als Schadloshaltung zugeſprochen iſt, der-
ſelbe Sturm, welcher das politiſche Recht der Franzoſen
entblättert, wird dem dienſtloſen Leben des Landmannes,
dem geliebten Grundſatze der Gleichheit in Beſteurung und
März 30.
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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 443. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/453>, abgerufen am 04.12.2024.
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