Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845.

Bild:
<< vorherige Seite

ziehen. Als sie aber an diesem Tage die Verwirkungsfrage
bis auf einen andern Tag aussetzte, gab eine Section der
Hauptstadt (des Quinze-vingt in der Vorstadt St. Antoine)
die Erklärung ab, daß wenn nicht die Entsetzung noch den-
selben Tag ausgesprochen werde, man um Mitternacht die
Sturmglocke läuten, Generalmarsch schlagen und die Tui-
lerien angreifen werde. Da lud die Nationalversammlung
Röderern, der kürzlich nach dem Rücktritte der gemäßigten
Mitglieder der Departementalverwaltung an die Spitze
derselben gelangt war, und den Maire Petion vor ihre
Schranken, befragte Beide, ob sie hinlängliche Sicher-
heitsmaßregeln getroffen, und beruhigte sich bei ihren allge-
meinen Zusagen.

Man wußte in den Tuilerien seit mehreren Tagen was
bevorstand, jetzt war sogar die Stunde angekündigt, und
Schweizer, Linientruppen, Nationalgarden, schwere Ge-
schütze wurden herbeigezogen. Die Nationalgarde stand
unter Mandats Anführung, eines treuen und bedächtigen
Mannes. Dieser traf Abends seine Anstalten, und ließ
dem Petion, der zugleich mit Röderer auf das Schloß be-
schieden war, keine Ruhe, bis er ihm den schriftlichen Be-
fehl ertheilte, Gewalt mit Gewalt zu vertreiben. Über
200 Edelleute stellten sich zur Vertheidigung ein; diese
zwar hätte Mandat gern entfernt gesehn, ihr Anblick erin-
nerte die Nationalgarden an eine Zeit, welche nicht wieder-
kehren durfte.

Mit dem Schlage Zwölf läuteten die Sturmglocken,

ziehen. Als ſie aber an dieſem Tage die Verwirkungsfrage
bis auf einen andern Tag ausſetzte, gab eine Section der
Hauptſtadt (des Quinze-vingt in der Vorſtadt St. Antoine)
die Erklärung ab, daß wenn nicht die Entſetzung noch den-
ſelben Tag ausgeſprochen werde, man um Mitternacht die
Sturmglocke läuten, Generalmarſch ſchlagen und die Tui-
lerien angreifen werde. Da lud die Nationalverſammlung
Röderern, der kürzlich nach dem Rücktritte der gemäßigten
Mitglieder der Departementalverwaltung an die Spitze
derſelben gelangt war, und den Maire Pétion vor ihre
Schranken, befragte Beide, ob ſie hinlängliche Sicher-
heitsmaßregeln getroffen, und beruhigte ſich bei ihren allge-
meinen Zuſagen.

Man wußte in den Tuilerien ſeit mehreren Tagen was
bevorſtand, jetzt war ſogar die Stunde angekündigt, und
Schweizer, Linientruppen, Nationalgarden, ſchwere Ge-
ſchütze wurden herbeigezogen. Die Nationalgarde ſtand
unter Mandats Anführung, eines treuen und bedächtigen
Mannes. Dieſer traf Abends ſeine Anſtalten, und ließ
dem Pétion, der zugleich mit Röderer auf das Schloß be-
ſchieden war, keine Ruhe, bis er ihm den ſchriftlichen Be-
fehl ertheilte, Gewalt mit Gewalt zu vertreiben. Über
200 Edelleute ſtellten ſich zur Vertheidigung ein; dieſe
zwar hätte Mandat gern entfernt geſehn, ihr Anblick erin-
nerte die Nationalgarden an eine Zeit, welche nicht wieder-
kehren durfte.

Mit dem Schlage Zwölf läuteten die Sturmglocken,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0456" n="446"/>
ziehen. Als &#x017F;ie aber an die&#x017F;em Tage die Verwirkungsfrage<lb/>
bis auf einen andern Tag aus&#x017F;etzte, gab eine Section der<lb/>
Haupt&#x017F;tadt (<hi rendition="#aq">des Quinze-vingt</hi> in der Vor&#x017F;tadt St. Antoine)<lb/>
die Erklärung ab, daß wenn nicht die Ent&#x017F;etzung noch den-<lb/>
&#x017F;elben Tag ausge&#x017F;prochen werde, man um Mitternacht die<lb/>
Sturmglocke läuten, Generalmar&#x017F;ch &#x017F;chlagen und die Tui-<lb/>
lerien angreifen werde. Da lud die Nationalver&#x017F;ammlung<lb/>
Röderern, der kürzlich nach dem Rücktritte der gemäßigten<lb/>
Mitglieder der Departementalverwaltung an die Spitze<lb/>
der&#x017F;elben gelangt war, und den Maire Pétion vor ihre<lb/>
Schranken, befragte Beide, ob &#x017F;ie hinlängliche Sicher-<lb/>
heitsmaßregeln getroffen, und beruhigte &#x017F;ich bei ihren allge-<lb/>
meinen Zu&#x017F;agen.</p><lb/>
          <p>Man wußte in den Tuilerien &#x017F;eit mehreren Tagen was<lb/>
bevor&#x017F;tand, jetzt war &#x017F;ogar die Stunde angekündigt, und<lb/>
Schweizer, Linientruppen, Nationalgarden, &#x017F;chwere Ge-<lb/>
&#x017F;chütze wurden herbeigezogen. Die Nationalgarde &#x017F;tand<lb/>
unter Mandats Anführung, eines treuen und bedächtigen<lb/>
Mannes. Die&#x017F;er traf Abends &#x017F;eine An&#x017F;talten, und ließ<lb/>
dem Pétion, der zugleich mit Röderer auf das Schloß be-<lb/>
&#x017F;chieden war, keine Ruhe, bis er ihm den &#x017F;chriftlichen Be-<lb/>
fehl ertheilte, Gewalt mit Gewalt zu vertreiben. Über<lb/>
200 Edelleute &#x017F;tellten &#x017F;ich zur Vertheidigung ein; die&#x017F;e<lb/>
zwar hätte Mandat gern entfernt ge&#x017F;ehn, ihr Anblick erin-<lb/>
nerte die Nationalgarden an eine Zeit, welche nicht wieder-<lb/>
kehren durfte.</p><lb/>
          <p>Mit dem Schlage Zwölf läuteten die Sturmglocken,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[446/0456] ziehen. Als ſie aber an dieſem Tage die Verwirkungsfrage bis auf einen andern Tag ausſetzte, gab eine Section der Hauptſtadt (des Quinze-vingt in der Vorſtadt St. Antoine) die Erklärung ab, daß wenn nicht die Entſetzung noch den- ſelben Tag ausgeſprochen werde, man um Mitternacht die Sturmglocke läuten, Generalmarſch ſchlagen und die Tui- lerien angreifen werde. Da lud die Nationalverſammlung Röderern, der kürzlich nach dem Rücktritte der gemäßigten Mitglieder der Departementalverwaltung an die Spitze derſelben gelangt war, und den Maire Pétion vor ihre Schranken, befragte Beide, ob ſie hinlängliche Sicher- heitsmaßregeln getroffen, und beruhigte ſich bei ihren allge- meinen Zuſagen. Man wußte in den Tuilerien ſeit mehreren Tagen was bevorſtand, jetzt war ſogar die Stunde angekündigt, und Schweizer, Linientruppen, Nationalgarden, ſchwere Ge- ſchütze wurden herbeigezogen. Die Nationalgarde ſtand unter Mandats Anführung, eines treuen und bedächtigen Mannes. Dieſer traf Abends ſeine Anſtalten, und ließ dem Pétion, der zugleich mit Röderer auf das Schloß be- ſchieden war, keine Ruhe, bis er ihm den ſchriftlichen Be- fehl ertheilte, Gewalt mit Gewalt zu vertreiben. Über 200 Edelleute ſtellten ſich zur Vertheidigung ein; dieſe zwar hätte Mandat gern entfernt geſehn, ihr Anblick erin- nerte die Nationalgarden an eine Zeit, welche nicht wieder- kehren durfte. Mit dem Schlage Zwölf läuteten die Sturmglocken,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/456
Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 446. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/456>, abgerufen am 04.12.2024.