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Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.

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Sechstes Capitel.
abschneidet; das aber ist die Schwere der Gegenwart für
die Regierungen, daß Gewohnheit fehlt oder nicht aus-
reicht, daß fast überall, weil die Mittelglieder fehlen,
welche Vorzeit und Gegenwart verknüpfen sollen, ein
Sprung zu thun ist, um das Ziel, welches allen vor-
schwebt, die öffentliche Wohlfahrt zu erreichen. Das aber
ist dahingegen die Stütze der Regierungen, daß in den
einzelnen Gebieten nachgewiesen werden kann, die Regie-
rungskraft müsse tief eindringen, und könne es, ohne
darum absolut zu seyn.

140. Stellen wir jenes Alt und Neu, beides so
oft geschmäht und gepriesen, und so selten im Zusammen-
hange seiner Zeit gewürdigt, in wenigen Sätzen zusam-
men, wiewohl in diesem Theile der Deutschen Staats-
rechtsalterthümer der Weg noch kaum gebahnt ist.

Die landständischen Versammlungen in den Deut-
schen Reichslanden hatten über die Verwaltung und Ver-
wendung der Einkünfte aus dem fürstlichen Kammer-Gute
nichts zu sagen, insgemein auch über den Zoll nichts,
der dem Grundsatze nach von kaiserlicher Verleihung ab-
hing; aber daß ein Mehrbedarf stattfinde, mußte jeden-
falls aufgewiesen werden, bevor man Steuern, und nicht
aus Pflicht, bewilligte; auch nahmen die Stände Theil
an der Erhebung, beaufsichtigten ihre Verwendung, hatten
gern ihr eigenes Schloß zum Landkasten;

die neue Ordnung erkennt die Pflicht an, will aber den
ganzen Staatshaushalt prüfend und bewilligend um-
fassen; sie beschränkt sich auf die Controle der Verwen-
dung. Jeder soll, nicht nach seinem Stande, sondern
nach seinem Vermögen steuern.

Der allgemeinen Gesetzgebung gab es zur altlandständischen

Sechstes Capitel.
abſchneidet; das aber iſt die Schwere der Gegenwart fuͤr
die Regierungen, daß Gewohnheit fehlt oder nicht aus-
reicht, daß faſt uͤberall, weil die Mittelglieder fehlen,
welche Vorzeit und Gegenwart verknuͤpfen ſollen, ein
Sprung zu thun iſt, um das Ziel, welches allen vor-
ſchwebt, die oͤffentliche Wohlfahrt zu erreichen. Das aber
iſt dahingegen die Stuͤtze der Regierungen, daß in den
einzelnen Gebieten nachgewieſen werden kann, die Regie-
rungskraft muͤſſe tief eindringen, und koͤnne es, ohne
darum abſolut zu ſeyn.

140. Stellen wir jenes Alt und Neu, beides ſo
oft geſchmaͤht und geprieſen, und ſo ſelten im Zuſammen-
hange ſeiner Zeit gewuͤrdigt, in wenigen Saͤtzen zuſam-
men, wiewohl in dieſem Theile der Deutſchen Staats-
rechtsalterthuͤmer der Weg noch kaum gebahnt iſt.

Die landſtaͤndiſchen Verſammlungen in den Deut-
ſchen Reichslanden hatten uͤber die Verwaltung und Ver-
wendung der Einkuͤnfte aus dem fuͤrſtlichen Kammer-Gute
nichts zu ſagen, insgemein auch uͤber den Zoll nichts,
der dem Grundſatze nach von kaiſerlicher Verleihung ab-
hing; aber daß ein Mehrbedarf ſtattfinde, mußte jeden-
falls aufgewieſen werden, bevor man Steuern, und nicht
aus Pflicht, bewilligte; auch nahmen die Staͤnde Theil
an der Erhebung, beaufſichtigten ihre Verwendung, hatten
gern ihr eigenes Schloß zum Landkaſten;

die neue Ordnung erkennt die Pflicht an, will aber den
ganzen Staatshaushalt pruͤfend und bewilligend um-
faſſen; ſie beſchraͤnkt ſich auf die Controle der Verwen-
dung. Jeder ſoll, nicht nach ſeinem Stande, ſondern
nach ſeinem Vermoͤgen ſteuern.

Der allgemeinen Geſetzgebung gab es zur altlandſtaͤndiſchen

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[114/0126] Sechstes Capitel. abſchneidet; das aber iſt die Schwere der Gegenwart fuͤr die Regierungen, daß Gewohnheit fehlt oder nicht aus- reicht, daß faſt uͤberall, weil die Mittelglieder fehlen, welche Vorzeit und Gegenwart verknuͤpfen ſollen, ein Sprung zu thun iſt, um das Ziel, welches allen vor- ſchwebt, die oͤffentliche Wohlfahrt zu erreichen. Das aber iſt dahingegen die Stuͤtze der Regierungen, daß in den einzelnen Gebieten nachgewieſen werden kann, die Regie- rungskraft muͤſſe tief eindringen, und koͤnne es, ohne darum abſolut zu ſeyn. 140. Stellen wir jenes Alt und Neu, beides ſo oft geſchmaͤht und geprieſen, und ſo ſelten im Zuſammen- hange ſeiner Zeit gewuͤrdigt, in wenigen Saͤtzen zuſam- men, wiewohl in dieſem Theile der Deutſchen Staats- rechtsalterthuͤmer der Weg noch kaum gebahnt iſt. Die landſtaͤndiſchen Verſammlungen in den Deut- ſchen Reichslanden hatten uͤber die Verwaltung und Ver- wendung der Einkuͤnfte aus dem fuͤrſtlichen Kammer-Gute nichts zu ſagen, insgemein auch uͤber den Zoll nichts, der dem Grundſatze nach von kaiſerlicher Verleihung ab- hing; aber daß ein Mehrbedarf ſtattfinde, mußte jeden- falls aufgewieſen werden, bevor man Steuern, und nicht aus Pflicht, bewilligte; auch nahmen die Staͤnde Theil an der Erhebung, beaufſichtigten ihre Verwendung, hatten gern ihr eigenes Schloß zum Landkaſten; die neue Ordnung erkennt die Pflicht an, will aber den ganzen Staatshaushalt pruͤfend und bewilligend um- faſſen; ſie beſchraͤnkt ſich auf die Controle der Verwen- dung. Jeder ſoll, nicht nach ſeinem Stande, ſondern nach ſeinem Vermoͤgen ſteuern. Der allgemeinen Geſetzgebung gab es zur altlandſtaͤndiſchen

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Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_politik_1835/126>, abgerufen am 24.11.2024.