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Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.

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Reichsstände; landständisch od. repräsentativ.
Zeit im Privatrecht wenig; man verhandelte auf den
Landtagen etwa über Gegenstände der Landespolizey und
Gerichts-Ordnung unter Beirath der Stände; aber als
die Gesetzgebung thätiger ward, entstand ihnen insgemein
auch das Recht der förmlichen Einwilligung nicht;

diese Einwilligung in die Gesetzgebung wird jetzt als
nothwendiges Recht der Ständeversammlung betrachtet.

Die alten Landstände übten großentheils und lange Zeit
hindurch das von ihren Landesfürsten anerkannte Recht
einer bedingten Huldigung, die sofort nichtig seyn solle,
wenn die verbrieften Freiheiten gebrochen würden, das
Recht des bewaffneten Widerstandes, sogar der Ent-
setzung 1); sie waren berechtigt, bei Zwistigkeiten im fürst-
lichen Hause zu vermitteln, an der vormundschaftlichen
Regierung theilzunehmen, allenfalls auch sie allein durch
aus ihrer Mitte ernannte Räthe zu führen, zu Krieg
und Frieden ihre Stimme zu geben;

an Regierungsrechte der Stände ist billig bei Staats-
verständigen kein Gedanke mehr. Keine Scheidung der
Ehe zwischen Fürst und Volk. Die Verantwortlichkeit
der Minister macht den Fürsten unverantwortlich.

Die Berufungen der vormaligen Landstände waren in
der Regel die Folge eines Steuerbedarfs, und traten in
unbestimmten Zwischenräumen ein;

jetzt bedarf es der Steuern von Jahr zu Jahr, überall
Reformen der Gesetzgebung, und die Verfassungen schrei-
ben eine Regel der Einberufung vor.

Die zu den Landtagen berechtigten Stände waren ehemahls
im eigentlichen Sinne Landstände; vermöge ihres An-
theils am Landbesitze berufen, nach diesem Gesichtspunkt
fast allein besteuert, auch die Städte nach Ackerpflügen
(Steinpflügen) zur Steuer angeschlagen;

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Reichsſtaͤnde; landſtaͤndiſch od. repraͤſentativ.
Zeit im Privatrecht wenig; man verhandelte auf den
Landtagen etwa uͤber Gegenſtaͤnde der Landespolizey und
Gerichts-Ordnung unter Beirath der Staͤnde; aber als
die Geſetzgebung thaͤtiger ward, entſtand ihnen insgemein
auch das Recht der foͤrmlichen Einwilligung nicht;

dieſe Einwilligung in die Geſetzgebung wird jetzt als
nothwendiges Recht der Staͤndeverſammlung betrachtet.

Die alten Landſtaͤnde uͤbten großentheils und lange Zeit
hindurch das von ihren Landesfuͤrſten anerkannte Recht
einer bedingten Huldigung, die ſofort nichtig ſeyn ſolle,
wenn die verbrieften Freiheiten gebrochen wuͤrden, das
Recht des bewaffneten Widerſtandes, ſogar der Ent-
ſetzung 1); ſie waren berechtigt, bei Zwiſtigkeiten im fuͤrſt-
lichen Hauſe zu vermitteln, an der vormundſchaftlichen
Regierung theilzunehmen, allenfalls auch ſie allein durch
aus ihrer Mitte ernannte Raͤthe zu fuͤhren, zu Krieg
und Frieden ihre Stimme zu geben;

an Regierungsrechte der Staͤnde iſt billig bei Staats-
verſtaͤndigen kein Gedanke mehr. Keine Scheidung der
Ehe zwiſchen Fuͤrſt und Volk. Die Verantwortlichkeit
der Miniſter macht den Fuͤrſten unverantwortlich.

Die Berufungen der vormaligen Landſtaͤnde waren in
der Regel die Folge eines Steuerbedarfs, und traten in
unbeſtimmten Zwiſchenraͤumen ein;

jetzt bedarf es der Steuern von Jahr zu Jahr, uͤberall
Reformen der Geſetzgebung, und die Verfaſſungen ſchrei-
ben eine Regel der Einberufung vor.

Die zu den Landtagen berechtigten Staͤnde waren ehemahls
im eigentlichen Sinne Landſtaͤnde; vermoͤge ihres An-
theils am Landbeſitze berufen, nach dieſem Geſichtspunkt
faſt allein beſteuert, auch die Staͤdte nach Ackerpfluͤgen
(Steinpfluͤgen) zur Steuer angeſchlagen;

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[115/0127] Reichsſtaͤnde; landſtaͤndiſch od. repraͤſentativ. Zeit im Privatrecht wenig; man verhandelte auf den Landtagen etwa uͤber Gegenſtaͤnde der Landespolizey und Gerichts-Ordnung unter Beirath der Staͤnde; aber als die Geſetzgebung thaͤtiger ward, entſtand ihnen insgemein auch das Recht der foͤrmlichen Einwilligung nicht; dieſe Einwilligung in die Geſetzgebung wird jetzt als nothwendiges Recht der Staͤndeverſammlung betrachtet. Die alten Landſtaͤnde uͤbten großentheils und lange Zeit hindurch das von ihren Landesfuͤrſten anerkannte Recht einer bedingten Huldigung, die ſofort nichtig ſeyn ſolle, wenn die verbrieften Freiheiten gebrochen wuͤrden, das Recht des bewaffneten Widerſtandes, ſogar der Ent- ſetzung 1); ſie waren berechtigt, bei Zwiſtigkeiten im fuͤrſt- lichen Hauſe zu vermitteln, an der vormundſchaftlichen Regierung theilzunehmen, allenfalls auch ſie allein durch aus ihrer Mitte ernannte Raͤthe zu fuͤhren, zu Krieg und Frieden ihre Stimme zu geben; an Regierungsrechte der Staͤnde iſt billig bei Staats- verſtaͤndigen kein Gedanke mehr. Keine Scheidung der Ehe zwiſchen Fuͤrſt und Volk. Die Verantwortlichkeit der Miniſter macht den Fuͤrſten unverantwortlich. Die Berufungen der vormaligen Landſtaͤnde waren in der Regel die Folge eines Steuerbedarfs, und traten in unbeſtimmten Zwiſchenraͤumen ein; jetzt bedarf es der Steuern von Jahr zu Jahr, uͤberall Reformen der Geſetzgebung, und die Verfaſſungen ſchrei- ben eine Regel der Einberufung vor. Die zu den Landtagen berechtigten Staͤnde waren ehemahls im eigentlichen Sinne Landſtaͤnde; vermoͤge ihres An- theils am Landbeſitze berufen, nach dieſem Geſichtspunkt faſt allein beſteuert, auch die Staͤdte nach Ackerpfluͤgen (Steinpfluͤgen) zur Steuer angeſchlagen; 8*

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Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_politik_1835/127>, abgerufen am 24.11.2024.