Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.Sechstes Capitel. Staaten mittleren und kleineren Maaßes nicht, fehlt esganz an den dauerhaften und erblichen Bestandtheilen, die sich für eine erste Kammer eignen, als: Prinzen des regie- renden Hauses, Standesherren, Majoraten, schon errichtet, oder noch zu bilden, wozu in Ermangelung einer gänzlichen Umbildung der Deutschen Adelsverfassung (und wie ver- möchte wenigstens ein einzelner Deutscher Mittel-Staat diese zu vollbringen?), wechselnde Deputationen aus den Ritterschaften der einzelnen Provinzen kommen. Je mehr Veraltung oder Mangel an selbständiger Bedeutung sich aber in diesen Bestandtheilen findet, da schwere Verschul- dung der Gutsbesitzer sie zu bloßen Antheils-Eigenthümern (der Hauptsache nach zu Verwaltern ihrer Gläubiger) machen kann, um so mehr bedarf es des Zusatzes theils von sol- chen, die vermöge ihres hohen geistlichen oder weltlichen Amts eintreten, theils von Mitgliedern, die der Landesherr ernennt. Diese letzteren verdanken ihren Verdiensten um den Staat, auf welchem Felde diese auch errungen seyn mögen, ihren Sitz, sind also lebenslänglich, und ihre Zahl darf keine gebundene seyn. Alle Kategorieen der Ernen- nung sind (das heutige Frankreich zeigt es) leicht mit eini- gen Redensarten übersprungen. Von der Berücksichtigung bloß vorübergehender Zwecke bei der Ernennung, von der gefürchteten Abhängigkeit der Ernannten hält gerade am besten die Lebenslänglichkeit ab. Im Königreiche Hannover ging bei den Verhandlungen über das Sechstes Capitel. Staaten mittleren und kleineren Maaßes nicht, fehlt esganz an den dauerhaften und erblichen Beſtandtheilen, die ſich fuͤr eine erſte Kammer eignen, als: Prinzen des regie- renden Hauſes, Standesherren, Majoraten, ſchon errichtet, oder noch zu bilden, wozu in Ermangelung einer gaͤnzlichen Umbildung der Deutſchen Adelsverfaſſung (und wie ver- moͤchte wenigſtens ein einzelner Deutſcher Mittel-Staat dieſe zu vollbringen?), wechſelnde Deputationen aus den Ritterſchaften der einzelnen Provinzen kommen. Je mehr Veraltung oder Mangel an ſelbſtaͤndiger Bedeutung ſich aber in dieſen Beſtandtheilen findet, da ſchwere Verſchul- dung der Gutsbeſitzer ſie zu bloßen Antheils-Eigenthuͤmern (der Hauptſache nach zu Verwaltern ihrer Glaͤubiger) machen kann, um ſo mehr bedarf es des Zuſatzes theils von ſol- chen, die vermoͤge ihres hohen geiſtlichen oder weltlichen Amts eintreten, theils von Mitgliedern, die der Landesherr ernennt. Dieſe letzteren verdanken ihren Verdienſten um den Staat, auf welchem Felde dieſe auch errungen ſeyn moͤgen, ihren Sitz, ſind alſo lebenslaͤnglich, und ihre Zahl darf keine gebundene ſeyn. Alle Kategorieen der Ernen- nung ſind (das heutige Frankreich zeigt es) leicht mit eini- gen Redensarten uͤberſprungen. Von der Beruͤckſichtigung bloß voruͤbergehender Zwecke bei der Ernennung, von der gefuͤrchteten Abhaͤngigkeit der Ernannten haͤlt gerade am beſten die Lebenslaͤnglichkeit ab. Im Koͤnigreiche Hannover ging bei den Verhandlungen uͤber das <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0138" n="126"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Sechstes Capitel</hi>.</fw><lb/> Staaten mittleren und kleineren Maaßes nicht, fehlt es<lb/> ganz an den dauerhaften und erblichen Beſtandtheilen, die<lb/> ſich fuͤr eine erſte Kammer eignen, als: Prinzen des regie-<lb/> renden Hauſes, Standesherren, Majoraten, ſchon errichtet,<lb/> oder noch zu bilden, wozu in Ermangelung einer gaͤnzlichen<lb/> Umbildung der Deutſchen Adelsverfaſſung (und wie ver-<lb/> moͤchte wenigſtens ein einzelner Deutſcher Mittel-Staat<lb/> dieſe zu vollbringen?), wechſelnde Deputationen aus den<lb/> Ritterſchaften der einzelnen Provinzen kommen. 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Sechstes Capitel.
Staaten mittleren und kleineren Maaßes nicht, fehlt es
ganz an den dauerhaften und erblichen Beſtandtheilen, die
ſich fuͤr eine erſte Kammer eignen, als: Prinzen des regie-
renden Hauſes, Standesherren, Majoraten, ſchon errichtet,
oder noch zu bilden, wozu in Ermangelung einer gaͤnzlichen
Umbildung der Deutſchen Adelsverfaſſung (und wie ver-
moͤchte wenigſtens ein einzelner Deutſcher Mittel-Staat
dieſe zu vollbringen?), wechſelnde Deputationen aus den
Ritterſchaften der einzelnen Provinzen kommen. Je mehr
Veraltung oder Mangel an ſelbſtaͤndiger Bedeutung ſich
aber in dieſen Beſtandtheilen findet, da ſchwere Verſchul-
dung der Gutsbeſitzer ſie zu bloßen Antheils-Eigenthuͤmern
(der Hauptſache nach zu Verwaltern ihrer Glaͤubiger) machen
kann, um ſo mehr bedarf es des Zuſatzes theils von ſol-
chen, die vermoͤge ihres hohen geiſtlichen oder weltlichen
Amts eintreten, theils von Mitgliedern, die der Landesherr
ernennt. Dieſe letzteren verdanken ihren Verdienſten um
den Staat, auf welchem Felde dieſe auch errungen ſeyn
moͤgen, ihren Sitz, ſind alſo lebenslaͤnglich, und ihre Zahl
darf keine gebundene ſeyn. Alle Kategorieen der Ernen-
nung ſind (das heutige Frankreich zeigt es) leicht mit eini-
gen Redensarten uͤberſprungen. Von der Beruͤckſichtigung
bloß voruͤbergehender Zwecke bei der Ernennung, von der
gefuͤrchteten Abhaͤngigkeit der Ernannten haͤlt gerade am
beſten die Lebenslaͤnglichkeit ab.
Im Koͤnigreiche Hannover ging bei den Verhandlungen uͤber das
neue Staatsgrundgeſetz der Entwurf der Regierung dahin, die
erſte Kammer auf Majoraten von Koͤniglicher Ernennung zu
gruͤnden. Er fand indeß in beiden Kammern uͤberwiegenden
Widerſtand. Die erſte wollte keinen Majoratsadel uͤber dem
herkoͤmmlichen Adel geſtellt wiſſen, in der zweiten ſtieß man ſich
daran, daß die Majorate noch nicht exiſtirten und durch ein
Proviſorium aus Rittergutsbeſitzern einſtweilen erſetzt werden
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