Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.Vom Rechte des Widerstandes. verschließt sich provinzialistisch gegen die Entwickelung vonVolk und Staat in ihren großen Dimensionen, allein der beschränktere Sinn bewahrt den menschlichsten Neigungen, welche die vier und zwanzig Stunden jedes Tags zusam- menhalten, seine Treue, bis vielleicht die Stunde der Noth ihn weiter hinaus zu blicken zwingt. Der revolutionäre Sinn hat seine flache Wurzel im Verstande, ist familien- los, heimatlos. Für ihn gelten nur die großen Verhält- nisse. Er möchte das Jahrhundert umgestalten, unbeküm- mert ob die nächste Heimat mit ihrem Glücke und ihrer Sitte ein Opfer des Umschwungs wird. Zwar wird die Nachwelt dem angebildeten politischen Quietismus die Ehre nicht zollen, die er sich selbst verschwenderisch zumißt. Aber wer das Reich, dessen geborener König jeder ist, die Beherrschung seiner eigenen Seele, wohl verwaltet, und ein Bild des guten Staates in seiner Familie zeigt, der verbessert die öffentliche Sitte, welche die Trägerin aller freiheitlichen Einrichtungen ist und bewahrt auch unter einer Despotie ein unverletzliches Gebiet der Freiheit. Vom Rechte des Widerſtandes. verſchließt ſich provinzialiſtiſch gegen die Entwickelung vonVolk und Staat in ihren großen Dimenſionen, allein der beſchraͤnktere Sinn bewahrt den menſchlichſten Neigungen, welche die vier und zwanzig Stunden jedes Tags zuſam- menhalten, ſeine Treue, bis vielleicht die Stunde der Noth ihn weiter hinaus zu blicken zwingt. Der revolutionaͤre Sinn hat ſeine flache Wurzel im Verſtande, iſt familien- los, heimatlos. Fuͤr ihn gelten nur die großen Verhaͤlt- niſſe. Er moͤchte das Jahrhundert umgeſtalten, unbekuͤm- mert ob die naͤchſte Heimat mit ihrem Gluͤcke und ihrer Sitte ein Opfer des Umſchwungs wird. Zwar wird die Nachwelt dem angebildeten politiſchen Quietismus die Ehre nicht zollen, die er ſich ſelbſt verſchwenderiſch zumißt. Aber wer das Reich, deſſen geborener Koͤnig jeder iſt, die Beherrſchung ſeiner eigenen Seele, wohl verwaltet, und ein Bild des guten Staates in ſeiner Familie zeigt, der verbeſſert die oͤffentliche Sitte, welche die Traͤgerin aller freiheitlichen Einrichtungen iſt und bewahrt auch unter einer Despotie ein unverletzliches Gebiet der Freiheit. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0193" n="181"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Vom Rechte des Widerſtandes</hi>.</fw><lb/> verſchließt ſich provinzialiſtiſch gegen die Entwickelung von<lb/> Volk und Staat in ihren großen Dimenſionen, allein der<lb/> beſchraͤnktere Sinn bewahrt den menſchlichſten Neigungen,<lb/> welche die vier und zwanzig Stunden jedes Tags zuſam-<lb/> menhalten, ſeine Treue, bis vielleicht die Stunde der Noth<lb/> ihn weiter hinaus zu blicken zwingt. Der revolutionaͤre<lb/> Sinn hat ſeine flache Wurzel im Verſtande, iſt familien-<lb/> los, heimatlos. Fuͤr ihn gelten nur die großen Verhaͤlt-<lb/> niſſe. Er moͤchte das Jahrhundert umgeſtalten, unbekuͤm-<lb/> mert ob die naͤchſte Heimat mit ihrem Gluͤcke und ihrer<lb/> Sitte ein Opfer des Umſchwungs wird. Zwar wird die<lb/> Nachwelt dem angebildeten politiſchen Quietismus die Ehre<lb/> nicht zollen, die er ſich ſelbſt verſchwenderiſch zumißt.<lb/> Aber wer das Reich, deſſen geborener Koͤnig jeder iſt, die<lb/> Beherrſchung ſeiner eigenen Seele, wohl verwaltet, und<lb/> ein Bild des guten Staates in ſeiner Familie zeigt, der<lb/> verbeſſert die oͤffentliche Sitte, welche die Traͤgerin aller<lb/> freiheitlichen Einrichtungen iſt und bewahrt auch unter<lb/> einer Despotie <hi rendition="#g">ein</hi> unverletzliches Gebiet der Freiheit.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [181/0193]
Vom Rechte des Widerſtandes.
verſchließt ſich provinzialiſtiſch gegen die Entwickelung von
Volk und Staat in ihren großen Dimenſionen, allein der
beſchraͤnktere Sinn bewahrt den menſchlichſten Neigungen,
welche die vier und zwanzig Stunden jedes Tags zuſam-
menhalten, ſeine Treue, bis vielleicht die Stunde der Noth
ihn weiter hinaus zu blicken zwingt. Der revolutionaͤre
Sinn hat ſeine flache Wurzel im Verſtande, iſt familien-
los, heimatlos. Fuͤr ihn gelten nur die großen Verhaͤlt-
niſſe. Er moͤchte das Jahrhundert umgeſtalten, unbekuͤm-
mert ob die naͤchſte Heimat mit ihrem Gluͤcke und ihrer
Sitte ein Opfer des Umſchwungs wird. Zwar wird die
Nachwelt dem angebildeten politiſchen Quietismus die Ehre
nicht zollen, die er ſich ſelbſt verſchwenderiſch zumißt.
Aber wer das Reich, deſſen geborener Koͤnig jeder iſt, die
Beherrſchung ſeiner eigenen Seele, wohl verwaltet, und
ein Bild des guten Staates in ſeiner Familie zeigt, der
verbeſſert die oͤffentliche Sitte, welche die Traͤgerin aller
freiheitlichen Einrichtungen iſt und bewahrt auch unter
einer Despotie ein unverletzliches Gebiet der Freiheit.
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