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Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.

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Von den Gemeinden.
Ordnung die Verwaltung des Gemeindevermögens aller
seiner Städte von über 5000 Seelen an Regierungsbeamte
überantwortet, die aus dem Ministerium des Innern er-
nannt wurden. (Edict über das Gemeindewesen v. 24.
Sept. 1808.) Mit seiner Gemeinde-Ordnung vom 17.
May 1818 trat es in würdigere Bahnen ein. Noch deut-
licher huldigte Würtemberg (1822) dem in Preußen
aufgestellten Vorbilde. Beide gleichwohl nicht als blinde
Nachahmer. Denn gleich von Anfang her entzogen sie
bloß die Justiz dem Magistrat, mit der Policey aber be-
auftragten sie ihn als zugleich Regierungsbehörde, mit
Ausnahme der Residenz und der Universitätsstädte, mach-
ten auch von Anfang her den Magistrat zum Mittelpunkt
des städtischen Wesens, während es in Preußen, minde-
stens in der ersten Städte-Ordnung, die Stadtverordne-
ten sind; und von der andern Seite übertrug Würtem-
berg nicht den Stadtverordneten, sondern der gesammten
Bürgerschaft die Wahl des Magistrats. Baiern und Wür-
temberg stimmen übrigens darin überein, daß sie die Le-
benslänglichkeit der Magistratsmitglieder (Baiern nur der
wichtigeren) begünstigen. Nach einer Probezeit von 2 oder
3 Jahren geschieht eine neue Wahl; das zum zweiten
Mahle gewählte Mitglied bleibt Lebenslang im Amte.
Baiern gründet den Census der Wählbarkeit zu Gemeinde-
Bevollmächtigten auf die höchste Besteuerung (§. 76.) 1).
Baden kam erst unterm 31. Dec. 1831 mit seinem schon
1822 ernstlich berathenen Gesetze über die Verfassung und
Verwaltung seiner Gemeinden zu Stande. Hier steht, wie
in Würtemberg, der Gemeindeversammlung selber die Wahl
des Magistrats (Gemeinderaths) zu. Den Bürgermeister
bestätigt die Regierung, ist aber die Wahl zweimahl nicht
bestätigt, so kann bei der dritten Wahl die Bestätigung

Von den Gemeinden.
Ordnung die Verwaltung des Gemeindevermoͤgens aller
ſeiner Staͤdte von uͤber 5000 Seelen an Regierungsbeamte
uͤberantwortet, die aus dem Miniſterium des Innern er-
nannt wurden. (Edict uͤber das Gemeindeweſen v. 24.
Sept. 1808.) Mit ſeiner Gemeinde-Ordnung vom 17.
May 1818 trat es in wuͤrdigere Bahnen ein. Noch deut-
licher huldigte Wuͤrtemberg (1822) dem in Preußen
aufgeſtellten Vorbilde. Beide gleichwohl nicht als blinde
Nachahmer. Denn gleich von Anfang her entzogen ſie
bloß die Juſtiz dem Magiſtrat, mit der Policey aber be-
auftragten ſie ihn als zugleich Regierungsbehoͤrde, mit
Ausnahme der Reſidenz und der Univerſitaͤtsſtaͤdte, mach-
ten auch von Anfang her den Magiſtrat zum Mittelpunkt
des ſtaͤdtiſchen Weſens, waͤhrend es in Preußen, minde-
ſtens in der erſten Staͤdte-Ordnung, die Stadtverordne-
ten ſind; und von der andern Seite uͤbertrug Wuͤrtem-
berg nicht den Stadtverordneten, ſondern der geſammten
Buͤrgerſchaft die Wahl des Magiſtrats. Baiern und Wuͤr-
temberg ſtimmen uͤbrigens darin uͤberein, daß ſie die Le-
benslaͤnglichkeit der Magiſtratsmitglieder (Baiern nur der
wichtigeren) beguͤnſtigen. Nach einer Probezeit von 2 oder
3 Jahren geſchieht eine neue Wahl; das zum zweiten
Mahle gewaͤhlte Mitglied bleibt Lebenslang im Amte.
Baiern gruͤndet den Cenſus der Waͤhlbarkeit zu Gemeinde-
Bevollmaͤchtigten auf die hoͤchſte Beſteuerung (§. 76.) 1).
Baden kam erſt unterm 31. Dec. 1831 mit ſeinem ſchon
1822 ernſtlich berathenen Geſetze uͤber die Verfaſſung und
Verwaltung ſeiner Gemeinden zu Stande. Hier ſteht, wie
in Wuͤrtemberg, der Gemeindeverſammlung ſelber die Wahl
des Magiſtrats (Gemeinderaths) zu. Den Buͤrgermeiſter
beſtaͤtigt die Regierung, iſt aber die Wahl zweimahl nicht
beſtaͤtigt, ſo kann bei der dritten Wahl die Beſtaͤtigung

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[231/0243] Von den Gemeinden. Ordnung die Verwaltung des Gemeindevermoͤgens aller ſeiner Staͤdte von uͤber 5000 Seelen an Regierungsbeamte uͤberantwortet, die aus dem Miniſterium des Innern er- nannt wurden. (Edict uͤber das Gemeindeweſen v. 24. Sept. 1808.) Mit ſeiner Gemeinde-Ordnung vom 17. May 1818 trat es in wuͤrdigere Bahnen ein. Noch deut- licher huldigte Wuͤrtemberg (1822) dem in Preußen aufgeſtellten Vorbilde. Beide gleichwohl nicht als blinde Nachahmer. Denn gleich von Anfang her entzogen ſie bloß die Juſtiz dem Magiſtrat, mit der Policey aber be- auftragten ſie ihn als zugleich Regierungsbehoͤrde, mit Ausnahme der Reſidenz und der Univerſitaͤtsſtaͤdte, mach- ten auch von Anfang her den Magiſtrat zum Mittelpunkt des ſtaͤdtiſchen Weſens, waͤhrend es in Preußen, minde- ſtens in der erſten Staͤdte-Ordnung, die Stadtverordne- ten ſind; und von der andern Seite uͤbertrug Wuͤrtem- berg nicht den Stadtverordneten, ſondern der geſammten Buͤrgerſchaft die Wahl des Magiſtrats. Baiern und Wuͤr- temberg ſtimmen uͤbrigens darin uͤberein, daß ſie die Le- benslaͤnglichkeit der Magiſtratsmitglieder (Baiern nur der wichtigeren) beguͤnſtigen. Nach einer Probezeit von 2 oder 3 Jahren geſchieht eine neue Wahl; das zum zweiten Mahle gewaͤhlte Mitglied bleibt Lebenslang im Amte. Baiern gruͤndet den Cenſus der Waͤhlbarkeit zu Gemeinde- Bevollmaͤchtigten auf die hoͤchſte Beſteuerung (§. 76.) 1). Baden kam erſt unterm 31. Dec. 1831 mit ſeinem ſchon 1822 ernſtlich berathenen Geſetze uͤber die Verfaſſung und Verwaltung ſeiner Gemeinden zu Stande. Hier ſteht, wie in Wuͤrtemberg, der Gemeindeverſammlung ſelber die Wahl des Magiſtrats (Gemeinderaths) zu. Den Buͤrgermeiſter beſtaͤtigt die Regierung, iſt aber die Wahl zweimahl nicht beſtaͤtigt, ſo kann bei der dritten Wahl die Beſtaͤtigung

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Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_politik_1835/243>, abgerufen am 21.11.2024.