Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.Vierzehntes Capitel. lehrt würde, die Territorial-Hoheit stützte, den Kaiser aufwenige Reservatrechte beschränkte. Die Universität ward ohne Grundbesitz auf Geldeinkünften gegründet, von wel- chen die Landschaften einen Theil jährlich beitrugen, bei weitem der größte Theil aber aus der sogenannten Calen- bergischen Klostercasse floß, welche aus den Einkünften der aufgehobenen Klöster in dieser Provinz entstanden ist, die der Landesherr, laut Übereinkunft mit den Ständen, nicht zu seinen Kammer-Revenüen zu ziehen, sondern für das Unterrichtswesen und milde Zwecke zu verwenden hat. Weil nicht grundbesitzend, vielmehr überhaupt ohne Ver- mögen, war auch von keiner Landstandschaft der Universi- tät die Rede; sie ist ihr erst geworden, seit es ein König- reich Hannover mit einer allgemeinen Ständeversammlung giebt, und durch das Staatsgrundgesetz neuerdings aner- kannt. Die Universität, Prorector und Senat an der Spitze, theilte sich nach alter Ordnung in vier Facultäten, welche academische Würden ertheilen, aber das Recht der Vocation, welches die Universitäten älterer Stiftung theils uneingeschränkt, theils in Beziehung auf die Professuren der ältesten Fundation besaßen, nicht besitzen. Der Lan- desherr übt dasselbe durch ein Curatorium aus. Hiemit war die Zunft aufgelöst, da sie keine Meisterrechte mehr ertheilen durfte, ganz gewiß mit triftigem Grunde, und Göttingen hat sich dessen zu erfreuen gehabt, allein immer doch auch hier zum Beweise, daß die Macht der alten Cor- porationen nicht vor einem plötzlichen Neuerungstriebe, seys der Regierungen, seys der Unterthanen, sondern vor den veränderten Bedürfnissen und unter Vorgang der Regie- rungen selber gesunken ist. Auch erhielt die neue Univer- sität überhaupt keine unveränderliche Statuten. Göttingen hat das Seine gethan, die vaterländischen Universitäten in Vierzehntes Capitel. lehrt wuͤrde, die Territorial-Hoheit ſtuͤtzte, den Kaiſer aufwenige Reſervatrechte beſchraͤnkte. Die Univerſitaͤt ward ohne Grundbeſitz auf Geldeinkuͤnften gegruͤndet, von wel- chen die Landſchaften einen Theil jaͤhrlich beitrugen, bei weitem der groͤßte Theil aber aus der ſogenannten Calen- bergiſchen Kloſtercaſſe floß, welche aus den Einkuͤnften der aufgehobenen Kloͤſter in dieſer Provinz entſtanden iſt, die der Landesherr, laut Übereinkunft mit den Staͤnden, nicht zu ſeinen Kammer-Revenuͤen zu ziehen, ſondern fuͤr das Unterrichtsweſen und milde Zwecke zu verwenden hat. Weil nicht grundbeſitzend, vielmehr uͤberhaupt ohne Ver- moͤgen, war auch von keiner Landſtandſchaft der Univerſi- taͤt die Rede; ſie iſt ihr erſt geworden, ſeit es ein Koͤnig- reich Hannover mit einer allgemeinen Staͤndeverſammlung giebt, und durch das Staatsgrundgeſetz neuerdings aner- kannt. Die Univerſitaͤt, Prorector und Senat an der Spitze, theilte ſich nach alter Ordnung in vier Facultaͤten, welche academiſche Wuͤrden ertheilen, aber das Recht der Vocation, welches die Univerſitaͤten aͤlterer Stiftung theils uneingeſchraͤnkt, theils in Beziehung auf die Profeſſuren der aͤlteſten Fundation beſaßen, nicht beſitzen. Der Lan- desherr uͤbt dasſelbe durch ein Curatorium aus. Hiemit war die Zunft aufgeloͤſt, da ſie keine Meiſterrechte mehr ertheilen durfte, ganz gewiß mit triftigem Grunde, und Goͤttingen hat ſich deſſen zu erfreuen gehabt, allein immer doch auch hier zum Beweiſe, daß die Macht der alten Cor- porationen nicht vor einem ploͤtzlichen Neuerungstriebe, ſeys der Regierungen, ſeys der Unterthanen, ſondern vor den veraͤnderten Beduͤrfniſſen und unter Vorgang der Regie- rungen ſelber geſunken iſt. Auch erhielt die neue Univer- ſitaͤt uͤberhaupt keine unveraͤnderliche Statuten. Goͤttingen hat das Seine gethan, die vaterlaͤndiſchen Univerſitaͤten in <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0298" n="286"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Vierzehntes Capitel</hi>.</fw><lb/> lehrt wuͤrde, die Territorial-Hoheit ſtuͤtzte, den Kaiſer auf<lb/> wenige Reſervatrechte beſchraͤnkte. 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Vierzehntes Capitel.
lehrt wuͤrde, die Territorial-Hoheit ſtuͤtzte, den Kaiſer auf
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ohne Grundbeſitz auf Geldeinkuͤnften gegruͤndet, von wel-
chen die Landſchaften einen Theil jaͤhrlich beitrugen, bei
weitem der groͤßte Theil aber aus der ſogenannten Calen-
bergiſchen Kloſtercaſſe floß, welche aus den Einkuͤnften
der aufgehobenen Kloͤſter in dieſer Provinz entſtanden iſt,
die der Landesherr, laut Übereinkunft mit den Staͤnden,
nicht zu ſeinen Kammer-Revenuͤen zu ziehen, ſondern fuͤr
das Unterrichtsweſen und milde Zwecke zu verwenden hat.
Weil nicht grundbeſitzend, vielmehr uͤberhaupt ohne Ver-
moͤgen, war auch von keiner Landſtandſchaft der Univerſi-
taͤt die Rede; ſie iſt ihr erſt geworden, ſeit es ein Koͤnig-
reich Hannover mit einer allgemeinen Staͤndeverſammlung
giebt, und durch das Staatsgrundgeſetz neuerdings aner-
kannt. Die Univerſitaͤt, Prorector und Senat an der
Spitze, theilte ſich nach alter Ordnung in vier Facultaͤten,
welche academiſche Wuͤrden ertheilen, aber das Recht der
Vocation, welches die Univerſitaͤten aͤlterer Stiftung theils
uneingeſchraͤnkt, theils in Beziehung auf die Profeſſuren
der aͤlteſten Fundation beſaßen, nicht beſitzen. Der Lan-
desherr uͤbt dasſelbe durch ein Curatorium aus. Hiemit
war die Zunft aufgeloͤſt, da ſie keine Meiſterrechte mehr
ertheilen durfte, ganz gewiß mit triftigem Grunde, und
Goͤttingen hat ſich deſſen zu erfreuen gehabt, allein immer
doch auch hier zum Beweiſe, daß die Macht der alten Cor-
porationen nicht vor einem ploͤtzlichen Neuerungstriebe, ſeys
der Regierungen, ſeys der Unterthanen, ſondern vor den
veraͤnderten Beduͤrfniſſen und unter Vorgang der Regie-
rungen ſelber geſunken iſt. Auch erhielt die neue Univer-
ſitaͤt uͤberhaupt keine unveraͤnderliche Statuten. Goͤttingen
hat das Seine gethan, die vaterlaͤndiſchen Univerſitaͤten in
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