Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.Vom Universitätswesen. Staatsanstalten zu verwandeln, und wir nennen das kei-nen Rückschritt. Denn die Lehre war freier als leicht irgendwo wo Facultäten das Regiment führten. Die Stu- direnden auch genossen von Anfang her völliger Freiheit, im Wohnen nicht minder als in der Wahl ihrer Lehrer und Vorlesungen. Die Vorschriften über Examinatorien, Dis- putatorien veralteten bald; der Sinn des Zeitalters stand entgegen. 1) E. L. Th. Henke, die Universität Helmstädt im sechzehnten Jahrhundert. Halle 1833. 278. Die Gefahren, welchen das Deutsche Universi- Vom Univerſitaͤtsweſen. Staatsanſtalten zu verwandeln, und wir nennen das kei-nen Ruͤckſchritt. Denn die Lehre war freier als leicht irgendwo wo Facultaͤten das Regiment fuͤhrten. Die Stu- direnden auch genoſſen von Anfang her voͤlliger Freiheit, im Wohnen nicht minder als in der Wahl ihrer Lehrer und Vorleſungen. Die Vorſchriften uͤber Examinatorien, Dis- putatorien veralteten bald; der Sinn des Zeitalters ſtand entgegen. 1) E. L. Th. Henke, die Univerſitaͤt Helmſtaͤdt im ſechzehnten Jahrhundert. Halle 1833. 278. Die Gefahren, welchen das Deutſche Univerſi- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0299" n="287"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Vom Univerſitaͤtsweſen</hi>.</fw><lb/> Staatsanſtalten zu verwandeln, und wir nennen das kei-<lb/> nen Ruͤckſchritt. Denn die Lehre war freier als leicht<lb/> irgendwo wo Facultaͤten das Regiment fuͤhrten. Die Stu-<lb/> direnden auch genoſſen von Anfang her voͤlliger Freiheit, im<lb/> Wohnen nicht minder als in der Wahl ihrer Lehrer und<lb/> Vorleſungen. Die Vorſchriften uͤber Examinatorien, Dis-<lb/> putatorien veralteten bald; der Sinn des Zeitalters ſtand<lb/> entgegen.</p><lb/> <note place="end" n="1)">E. L. Th. <hi rendition="#g">Henke</hi>, die Univerſitaͤt Helmſtaͤdt im ſechzehnten<lb/> Jahrhundert. Halle 1833.</note><lb/> <p>278. Die Gefahren, welchen das Deutſche Univerſi-<lb/> taͤtsweſen neuerdings ausgeſetzt iſt, haben zum Theil in<lb/> der allgemeinen Lage unſeres Vaterlandes ihren Grund,<lb/> zum Theil ſind ſie ſelbſtverſchuldet. Öſterreich hat ſich dem<lb/> Proteſtantismus, mithin dem Geiſte des proteſtantiſchen<lb/> Univerſitaͤtsweſens, welches dieſe Richtung concentrirt, nie<lb/> befreunden koͤnnen. Dieſer Staat ſchreibt ſeinen Uni-<lb/> verſitaͤten einen ſtrengen Studien-Plan vor, beaufſichtigt<lb/> in Schulart den Fleiß, und der durch Vorſchrift geregelte<lb/> Vortrag pflegt beſtaͤndig mit Einzel-Pruͤfungen abzuwech-<lb/> ſeln; man lehrt im Ganzen Kenntniſſe, nicht Wiſſenſchaften.<lb/> Öſterreich ſieht auf ſeinem Standpunkte Gefahr in Allem<lb/> was daruͤber hinaus liegt und bedient ſich ſeines maͤchtigen<lb/> Einfluſſes, welchem kein <hi rendition="#aq">corpus evangelicorum,</hi> keine <hi rendition="#aq">itio<lb/> in partes</hi> laͤnger im Wege ſteht, um die Thaͤtigkeit der<lb/> Deutſchen hohen Schulen auf gleichmaͤßig vorgeſteckte<lb/> Graͤnzen zuruͤckzufuͤhren. Dieſe Anſicht hat dadurch vielen<lb/> Eingang auch bei einigen anderen Deutſchen Regierungen<lb/> gefunden, daß die Deutſche Univerſitaͤtsjugend, von ihren<lb/> Studien durch eine ſchwere Zeit zur Mannesarbeit abge-<lb/> rufen, und derzeit in manchen heimlichen Verkehr zum<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [287/0299]
Vom Univerſitaͤtsweſen.
Staatsanſtalten zu verwandeln, und wir nennen das kei-
nen Ruͤckſchritt. Denn die Lehre war freier als leicht
irgendwo wo Facultaͤten das Regiment fuͤhrten. Die Stu-
direnden auch genoſſen von Anfang her voͤlliger Freiheit, im
Wohnen nicht minder als in der Wahl ihrer Lehrer und
Vorleſungen. Die Vorſchriften uͤber Examinatorien, Dis-
putatorien veralteten bald; der Sinn des Zeitalters ſtand
entgegen.
¹⁾ E. L. Th. Henke, die Univerſitaͤt Helmſtaͤdt im ſechzehnten
Jahrhundert. Halle 1833.
278. Die Gefahren, welchen das Deutſche Univerſi-
taͤtsweſen neuerdings ausgeſetzt iſt, haben zum Theil in
der allgemeinen Lage unſeres Vaterlandes ihren Grund,
zum Theil ſind ſie ſelbſtverſchuldet. Öſterreich hat ſich dem
Proteſtantismus, mithin dem Geiſte des proteſtantiſchen
Univerſitaͤtsweſens, welches dieſe Richtung concentrirt, nie
befreunden koͤnnen. Dieſer Staat ſchreibt ſeinen Uni-
verſitaͤten einen ſtrengen Studien-Plan vor, beaufſichtigt
in Schulart den Fleiß, und der durch Vorſchrift geregelte
Vortrag pflegt beſtaͤndig mit Einzel-Pruͤfungen abzuwech-
ſeln; man lehrt im Ganzen Kenntniſſe, nicht Wiſſenſchaften.
Öſterreich ſieht auf ſeinem Standpunkte Gefahr in Allem
was daruͤber hinaus liegt und bedient ſich ſeines maͤchtigen
Einfluſſes, welchem kein corpus evangelicorum, keine itio
in partes laͤnger im Wege ſteht, um die Thaͤtigkeit der
Deutſchen hohen Schulen auf gleichmaͤßig vorgeſteckte
Graͤnzen zuruͤckzufuͤhren. Dieſe Anſicht hat dadurch vielen
Eingang auch bei einigen anderen Deutſchen Regierungen
gefunden, daß die Deutſche Univerſitaͤtsjugend, von ihren
Studien durch eine ſchwere Zeit zur Mannesarbeit abge-
rufen, und derzeit in manchen heimlichen Verkehr zum
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