Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.Sechzehntes Capitel. die auszuarbeitende verbesserte Agende Anfangs bloß alseine Privatunternehmung einzelner Gelehrten angesehen wer- den soll. -- -- Nächstdem aber befehle ich Euch, einigen ernst- haften, tolerant denkenden, und in jeder Rücksicht brauch- baren Männern, nach vorgängiger meiner Genehmigung derselben, den Auftrag zu machen, eine Sammlung von kirch- lichen Gebeten, Tauf-, Trauungs- und Abendmahlsformu- laren, mit Benutzung der schon vorhandenen und allgemein geschätzten Agenden, zu veranstalten, und, nach von dersel- ben erhaltener Billigung, solche dem großen Publicum zur allgemeinen Prüfung durch den Druck vorlegen zu lassen, die Stimme der Verständigeren darüber zu vernehmen, ihre gegründeten Erinnerungen zu benutzen, und, wenn die öffent- liche Meinung für die Zweckmäßigkeit derselben entschieden hat, auch die mehrsten Prediger und Gemeinen die Einfüh- rung derselben verlangen, unter Einreichung derselben an mich zu berichten. Alsdann werde ich bestimmen, ob der öffent- liche Gebrauch der verbesserten Agende denen, die sie ver- langen, unter gänzlicher Freiheit eines Jeden, sich noch der alten zu bedienen, erlaubt werden solle. Nur auf diese Weise wird eine in dieser wichtigen Angelegenheit, wovon die Wie- derbelebung der in neueren Zeiten so merklich in Abnahme gekommenen Religiösität abhängt, so höchst wünschenswerthe Verbesserung ohne anstößige unruhige Auftritte bewirkt wer- den können. Ich empfehle Euch daher, bei der Ausführung dieses Auftrages mit der möglichsten Behutsamkeit zu Werke zu gehen -- --". *) Indeß kam damahls aus minder be- kannten Gründen nichts zu Stande. Als aber zwanzig Jahre darauf im Jubeljahre der Reformation durch einen Aufruf des Königes von Preußen der wichtige Versuch ein- geleitet ward, eine Vereinigung beider Confessionen im Sinne einer freien Union ohne künstliche Unirung des Dogma zu Sechzehntes Capitel. die auszuarbeitende verbeſſerte Agende Anfangs bloß alseine Privatunternehmung einzelner Gelehrten angeſehen wer- den ſoll. — — Naͤchſtdem aber befehle ich Euch, einigen ernſt- haften, tolerant denkenden, und in jeder Ruͤckſicht brauch- baren Maͤnnern, nach vorgaͤngiger meiner Genehmigung derſelben, den Auftrag zu machen, eine Sammlung von kirch- lichen Gebeten, Tauf-, Trauungs- und Abendmahlsformu- laren, mit Benutzung der ſchon vorhandenen und allgemein geſchaͤtzten Agenden, zu veranſtalten, und, nach von derſel- ben erhaltener Billigung, ſolche dem großen Publicum zur allgemeinen Pruͤfung durch den Druck vorlegen zu laſſen, die Stimme der Verſtaͤndigeren daruͤber zu vernehmen, ihre gegruͤndeten Erinnerungen zu benutzen, und, wenn die oͤffent- liche Meinung fuͤr die Zweckmaͤßigkeit derſelben entſchieden hat, auch die mehrſten Prediger und Gemeinen die Einfuͤh- rung derſelben verlangen, unter Einreichung derſelben an mich zu berichten. Alsdann werde ich beſtimmen, ob der oͤffent- liche Gebrauch der verbeſſerten Agende denen, die ſie ver- langen, unter gaͤnzlicher Freiheit eines Jeden, ſich noch der alten zu bedienen, erlaubt werden ſolle. Nur auf dieſe Weiſe wird eine in dieſer wichtigen Angelegenheit, wovon die Wie- derbelebung der in neueren Zeiten ſo merklich in Abnahme gekommenen Religioͤſitaͤt abhaͤngt, ſo hoͤchſt wuͤnſchenswerthe Verbeſſerung ohne anſtoͤßige unruhige Auftritte bewirkt wer- den koͤnnen. Ich empfehle Euch daher, bei der Ausfuͤhrung dieſes Auftrages mit der moͤglichſten Behutſamkeit zu Werke zu gehen — —”. *) Indeß kam damahls aus minder be- kannten Gruͤnden nichts zu Stande. Als aber zwanzig Jahre darauf im Jubeljahre der Reformation durch einen Aufruf des Koͤniges von Preußen der wichtige Verſuch ein- geleitet ward, eine Vereinigung beider Confeſſionen im Sinne einer freien Union ohne kuͤnſtliche Unirung des Dogma zu <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0338" n="326"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Sechzehntes Capitel</hi>.</fw><lb/> die auszuarbeitende verbeſſerte Agende Anfangs bloß als<lb/> eine Privatunternehmung einzelner Gelehrten angeſehen wer-<lb/> den ſoll. — — Naͤchſtdem aber befehle ich Euch, einigen ernſt-<lb/> haften, tolerant denkenden, und in jeder Ruͤckſicht brauch-<lb/> baren Maͤnnern, nach vorgaͤngiger meiner Genehmigung<lb/> derſelben, den Auftrag zu machen, eine Sammlung von kirch-<lb/> lichen Gebeten, Tauf-, Trauungs- und Abendmahlsformu-<lb/> laren, mit Benutzung der ſchon vorhandenen und allgemein<lb/> geſchaͤtzten Agenden, zu veranſtalten, und, nach von derſel-<lb/> ben erhaltener Billigung, ſolche dem großen Publicum zur<lb/> allgemeinen Pruͤfung durch den Druck vorlegen zu laſſen,<lb/> die Stimme der Verſtaͤndigeren daruͤber zu vernehmen, ihre<lb/> gegruͤndeten Erinnerungen zu benutzen, und, wenn die oͤffent-<lb/> liche Meinung fuͤr die Zweckmaͤßigkeit derſelben entſchieden<lb/> hat, auch die mehrſten Prediger und Gemeinen die Einfuͤh-<lb/> rung derſelben verlangen, unter Einreichung derſelben an mich<lb/> zu berichten. 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Sechzehntes Capitel.
die auszuarbeitende verbeſſerte Agende Anfangs bloß als
eine Privatunternehmung einzelner Gelehrten angeſehen wer-
den ſoll. — — Naͤchſtdem aber befehle ich Euch, einigen ernſt-
haften, tolerant denkenden, und in jeder Ruͤckſicht brauch-
baren Maͤnnern, nach vorgaͤngiger meiner Genehmigung
derſelben, den Auftrag zu machen, eine Sammlung von kirch-
lichen Gebeten, Tauf-, Trauungs- und Abendmahlsformu-
laren, mit Benutzung der ſchon vorhandenen und allgemein
geſchaͤtzten Agenden, zu veranſtalten, und, nach von derſel-
ben erhaltener Billigung, ſolche dem großen Publicum zur
allgemeinen Pruͤfung durch den Druck vorlegen zu laſſen,
die Stimme der Verſtaͤndigeren daruͤber zu vernehmen, ihre
gegruͤndeten Erinnerungen zu benutzen, und, wenn die oͤffent-
liche Meinung fuͤr die Zweckmaͤßigkeit derſelben entſchieden
hat, auch die mehrſten Prediger und Gemeinen die Einfuͤh-
rung derſelben verlangen, unter Einreichung derſelben an mich
zu berichten. Alsdann werde ich beſtimmen, ob der oͤffent-
liche Gebrauch der verbeſſerten Agende denen, die ſie ver-
langen, unter gaͤnzlicher Freiheit eines Jeden, ſich noch der
alten zu bedienen, erlaubt werden ſolle. Nur auf dieſe Weiſe
wird eine in dieſer wichtigen Angelegenheit, wovon die Wie-
derbelebung der in neueren Zeiten ſo merklich in Abnahme
gekommenen Religioͤſitaͤt abhaͤngt, ſo hoͤchſt wuͤnſchenswerthe
Verbeſſerung ohne anſtoͤßige unruhige Auftritte bewirkt wer-
den koͤnnen. Ich empfehle Euch daher, bei der Ausfuͤhrung
dieſes Auftrages mit der moͤglichſten Behutſamkeit zu Werke
zu gehen — —”. *) Indeß kam damahls aus minder be-
kannten Gruͤnden nichts zu Stande. Als aber zwanzig
Jahre darauf im Jubeljahre der Reformation durch einen
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geleitet ward, eine Vereinigung beider Confeſſionen im Sinne
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