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Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.

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Fünftes Capitel.
des Geschlechtes in der Maaße über, daß ohne Rücksicht
auf die Nähe der Verwandtschaft mit dem Stifter des
Hauses, also mit Ausschluß jeglicher Regredient-Erbschaft,
allein die Nähe der Verwandtschaft mit dem zuletzt regie-
renden Könige und bei gleichem Verwandtschaftsgrade das
Alter der Linie, und in der Linie das persönliche Alter den
Vorzug giebt. Es tritt aber in der Descendenz des neuen
alsdann regierenden königlichen Hauses (femina finis fa-
miliae
) sofort mit dem Rechte der Erstgeburt und der
Lineal-Erbfolge auch der Vorzug des Mannsstammes
wieder ein.

107. Der Grundsatz dieser rein linealen Erbfolge
macht besondere Verzichtleistungen der Prinzessinnen über-
flüssig; er erhält die Krone so lange als möglich dem
regierenden Hause, während jede Begünstigung weiblicher
Erbfolge dieselbe bei noch bestehendem Mannsstamme in
eine andere Familie zu bringen droht (wie in England)
und eben dadurch den Staat leicht gefährdet. Es wird
aber, wenn an dem Ende der ganzen Familie eine Frau
steht, diese nach Deutschem Herkommen billig für ihre
Person nicht ausgeschlossen; obwohl in Frankreich das so-
genannte Salische Gesetz eine solche Ausschließung verordnet.

108. Die Rechte eines Mitglieds des königlichen
Hauses hängen zunächst von seiner ehelichen Geburt ab.
Man hat in neuerer Zeit die Gültigkeit jeder von einem
Mitgliede des regierenden Hauses geschlossenen Ehe außer
den sonstigen Bedingungen des Eherechts noch an die
Einwilligung des Königs geknüpft, welcher als Vater der
ganzen regierenden Familie betrachtet wird. So seit 1772.
in England, doch mit der Clausel, daß, sobald ein Mit-
glied des Hauses das fünfundzwanzigste Jahr zurückgelegt

Fuͤnftes Capitel.
des Geſchlechtes in der Maaße uͤber, daß ohne Ruͤckſicht
auf die Naͤhe der Verwandtſchaft mit dem Stifter des
Hauſes, alſo mit Ausſchluß jeglicher Regredient-Erbſchaft,
allein die Naͤhe der Verwandtſchaft mit dem zuletzt regie-
renden Koͤnige und bei gleichem Verwandtſchaftsgrade das
Alter der Linie, und in der Linie das perſoͤnliche Alter den
Vorzug giebt. Es tritt aber in der Deſcendenz des neuen
alsdann regierenden koͤniglichen Hauſes (femina finis fa-
miliae
) ſofort mit dem Rechte der Erſtgeburt und der
Lineal-Erbfolge auch der Vorzug des Mannsſtammes
wieder ein.

107. Der Grundſatz dieſer rein linealen Erbfolge
macht beſondere Verzichtleiſtungen der Prinzeſſinnen uͤber-
fluͤſſig; er erhaͤlt die Krone ſo lange als moͤglich dem
regierenden Hauſe, waͤhrend jede Beguͤnſtigung weiblicher
Erbfolge dieſelbe bei noch beſtehendem Mannsſtamme in
eine andere Familie zu bringen droht (wie in England)
und eben dadurch den Staat leicht gefaͤhrdet. Es wird
aber, wenn an dem Ende der ganzen Familie eine Frau
ſteht, dieſe nach Deutſchem Herkommen billig fuͤr ihre
Perſon nicht ausgeſchloſſen; obwohl in Frankreich das ſo-
genannte Saliſche Geſetz eine ſolche Ausſchließung verordnet.

108. Die Rechte eines Mitglieds des koͤniglichen
Hauſes haͤngen zunaͤchſt von ſeiner ehelichen Geburt ab.
Man hat in neuerer Zeit die Guͤltigkeit jeder von einem
Mitgliede des regierenden Hauſes geſchloſſenen Ehe außer
den ſonſtigen Bedingungen des Eherechts noch an die
Einwilligung des Koͤnigs geknuͤpft, welcher als Vater der
ganzen regierenden Familie betrachtet wird. So ſeit 1772.
in England, doch mit der Clauſel, daß, ſobald ein Mit-
glied des Hauſes das fuͤnfundzwanzigſte Jahr zuruͤckgelegt

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[86/0098] Fuͤnftes Capitel. des Geſchlechtes in der Maaße uͤber, daß ohne Ruͤckſicht auf die Naͤhe der Verwandtſchaft mit dem Stifter des Hauſes, alſo mit Ausſchluß jeglicher Regredient-Erbſchaft, allein die Naͤhe der Verwandtſchaft mit dem zuletzt regie- renden Koͤnige und bei gleichem Verwandtſchaftsgrade das Alter der Linie, und in der Linie das perſoͤnliche Alter den Vorzug giebt. Es tritt aber in der Deſcendenz des neuen alsdann regierenden koͤniglichen Hauſes (femina finis fa- miliae) ſofort mit dem Rechte der Erſtgeburt und der Lineal-Erbfolge auch der Vorzug des Mannsſtammes wieder ein. 107. Der Grundſatz dieſer rein linealen Erbfolge macht beſondere Verzichtleiſtungen der Prinzeſſinnen uͤber- fluͤſſig; er erhaͤlt die Krone ſo lange als moͤglich dem regierenden Hauſe, waͤhrend jede Beguͤnſtigung weiblicher Erbfolge dieſelbe bei noch beſtehendem Mannsſtamme in eine andere Familie zu bringen droht (wie in England) und eben dadurch den Staat leicht gefaͤhrdet. Es wird aber, wenn an dem Ende der ganzen Familie eine Frau ſteht, dieſe nach Deutſchem Herkommen billig fuͤr ihre Perſon nicht ausgeſchloſſen; obwohl in Frankreich das ſo- genannte Saliſche Geſetz eine ſolche Ausſchließung verordnet. 108. Die Rechte eines Mitglieds des koͤniglichen Hauſes haͤngen zunaͤchſt von ſeiner ehelichen Geburt ab. Man hat in neuerer Zeit die Guͤltigkeit jeder von einem Mitgliede des regierenden Hauſes geſchloſſenen Ehe außer den ſonſtigen Bedingungen des Eherechts noch an die Einwilligung des Koͤnigs geknuͤpft, welcher als Vater der ganzen regierenden Familie betrachtet wird. So ſeit 1772. in England, doch mit der Clauſel, daß, ſobald ein Mit- glied des Hauſes das fuͤnfundzwanzigſte Jahr zuruͤckgelegt

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Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_politik_1835/98>, abgerufen am 24.11.2024.