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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 4. Straßburg, 1653.

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Predigt.
tiger Geist/ auff das vnsichtbare abgerichtet/ vnd dazu von Gott erschaffen
seye/ sind Augustini Gedancken. Habes foris oculos unde videas mar-in Ps. 64. p.
800.

mora & aurum, intus est oculus unde videatut pulchritudo justitiae. Si
nulla est pulchritudo justitiae, unde amatur justus senex? Quid affert in
corpore quod oculos delectet? Curva membra, frontem rugatam, caput
canis albatum, im becillitatem undique querelis plenam. Sed forte quia
tuos oculos non delectat senex iste decrepitus, aures tuas delectat. Qui-
bus vocibus? Quo cantu? Et si forte adolescens bene cantavit, omnia
cum aetate defecerunt. An forte sonus verborum eius delectat aures
tuas, quae verba vix plene enunciat lapsis dentibus? Tamen si justus est,
si alienum non concupiscit, si de suo quod habet erogt indigentibus, si
bene monet, & rectum sapit, si integre credit, si paratus est pro fide verita-
tis etiam ipsa confracta membra impendere, multi enim martyres etiam
senes, unde illum amamus, quid in eo bonum videmus oculis carnis?
Nihil. Quaedam ergo est pulchritudo justitiae, quam videmus oculis cor-
dis, & amamus, & exardescimus: Quam multum dilexerunt homines in
ipsis martyribus, cum eorum membra bestiae laniarent. Nonne cum
sanguis foedaret omnia, cum morsibus beluinis viscera funderentur, non
habebant oculi nisi quod horrerent? Quid ibi erat quod amaretur, nisi
quia erat in illa foeditate dilaniatorum membrorum, integra pulchritudo
justitiae
?

Eine geistliche/ vnsichtbare/ vntheilbare Seel/ welche/ wie
man in den Schulen dieselbe beschreibt/ im gantzen Leib gantz ist/ vnd doch
auch in einem jeden Glied des Leibes gantz vnd vntheilbar; gleichwie in
einem zerbrochenen Spiegel das gantze Ding so im Spiegel erscheinet vnd
gesehen wird/ in einem jeden Stück des Spiegels sich gantz spiegelt vnd er-
zeiget/ also ist auch die Seele allenthablben gantz vnd nicht stückweiß/ wie-
wol sie nach Art vnd Fähigkeit der Gliedmassen in einem so/ im andern
auff eine andere Weiß wircket vnd schaffet. Wie ein Haußmutter zwar Eine
Person ist/ aber sie hat vil Aembter; in der Küchen ist sie die Köchin/ im Kel-
ler die Kellerin/ vnter den Kindern heisset sie Mutter/ vnter dem Gesinde ist
sie die Fraw/ in der Werckstatt ist sie ein Näherin oder Spinnerin/ im Ga-
den eine Marckfraw vnd Verkäufferin; also ist die vernünfftige Seel der
Menschen im Haubt die Königin/ in den Augen die Schawerin/ im Ma-
gen die Köchin/ im Hertzen die Lebensquell/ in den Händen die Werck-
meisterin vnnd so fortan. Ein Wurm läst sich leicht entzwey schneiden
vnd bleibt doch ein jedes stuck lebendig: von einem Baum mag man wol
ein lebendigen Sprossen abhawen vnd anderswo pflantzen/ der bleibt leb-

hafft/
X x iij

Predigt.
tiger Geiſt/ auff das vnſichtbare abgerichtet/ vnd dazu von Gott erſchaffen
ſeye/ ſind Auguſtini Gedancken. Habes foris oculos unde videas mar-in Pſ. 64. p.
800.

mora & aurum, intus eſt oculus unde videatut pulchritudo juſtitiæ. Si
nulla eſt pulchritudo juſtitiæ, unde amatur juſtus ſenex? Quid affert in
corpore quod oculos delectet? Curva membra, frontem rugatam, caput
canis albatum, im becillitatem undique querelis plenam. Sed forte quia
tuos oculos non delectat ſenex iſte decrepitus, aures tuas delectat. Qui-
bus vocibus? Quo cantu? Et ſi forte adoleſcens bene cantavit, omnia
cum ætate defecerunt. An forte ſonus verborum eius delectat aures
tuas, quæ verba vix plene enunciat lapſis dentibus? Tamen ſi juſtus eſt,
ſi alienum non concupiſcit, ſi de ſuo quod habet erogt indigentibus, ſi
bene monet, & rectum ſapit, ſi integre credit, ſi paratus eſt pro fide verita-
tis etiam ipſa confracta membra impendere, multi enim martyres etiam
ſenes, unde illum amamus, quid in eo bonum videmus oculis carnis?
Nihil. Quædam ergo eſt pulchritudo juſtitiæ, quam videmus oculis cor-
dis, & amamus, & exardeſcimus: Quam multum dilexerunt homines in
ipſis martyribus, cum eorum membra beſtiæ laniarent. Nonne cum
ſanguis fœdaret omnia, cum morſibus beluinis viſcera funderentur, non
habebant oculi niſi quod horrerent? Quid ibi erat quod amaretur, niſi
quia erat in illa fœditate dilaniatorum membrorum, integra pulchritudo
juſtitiæ
?

Eine geiſtliche/ vnſichtbare/ vntheilbare Seel/ welche/ wie
man in den Schulen dieſelbe beſchreibt/ im gantzen Leib gantz iſt/ vnd doch
auch in einem jeden Glied des Leibes gantz vnd vntheilbar; gleichwie in
einem zerbrochenen Spiegel das gantze Ding ſo im Spiegel erſcheinet vnd
geſehen wird/ in einem jeden Stuͤck des Spiegels ſich gantz ſpiegelt vnd er-
zeiget/ alſo iſt auch die Seele allenthablben gantz vnd nicht ſtuͤckweiß/ wie-
wol ſie nach Art vnd Faͤhigkeit der Gliedmaſſen in einem ſo/ im andern
auff eine andere Weiß wircket vñ ſchaffet. Wie ein Haußmutter zwar Eine
Perſon iſt/ aber ſie hat vil Aembter; in der Kuͤchen iſt ſie die Koͤchin/ im Kel-
ler die Kellerin/ vnter den Kindern heiſſet ſie Mutter/ vnter dem Geſinde iſt
ſie die Fraw/ in der Werckſtatt iſt ſie ein Naͤherin oder Spinnerin/ im Ga-
den eine Marckfraw vnd Verkaͤufferin; alſo iſt die vernuͤnfftige Seel der
Menſchen im Haubt die Koͤnigin/ in den Augen die Schawerin/ im Ma-
gen die Koͤchin/ im Hertzen die Lebensquell/ in den Haͤnden die Werck-
meiſterin vnnd ſo fortan. Ein Wurm laͤſt ſich leicht entzwey ſchneiden
vnd bleibt doch ein jedes ſtuck lebendig: von einem Baum mag man wol
ein lebendigen Sproſſen abhawen vnd anderswo pflantzen/ der bleibt leb-

hafft/
X x iij
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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 4. Straßburg, 1653, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus04_1653/367>, abgerufen am 26.11.2024.