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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 4. Straßburg, 1653.

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Die Dreyzehende
vnd beschrieben/ welches ohne sonderbare scharffe/ durchtringende/ durch-
späende Erkantniß der Naturen nicht gefchehen können. Eben das ist
auch zu bescheinen auß vnserer Blind heit/ die vns an statt voriger Weißheit
angeboren/ der Finstere des Verstands an statt des vorigen Liechts/ so durch
Col. 3, 10.
Eph. 4, 23.
2. Cor.
3, 18.
den Geist Gottes wider zu recht gebracht ersetzt werden muß/ von einer Clar-
heit zu der andern. Möchte aber jemand fragen vnd sprechen: Jst die Weiß-
heit bey den ersten par Minschen sogroß gewest/ warumb war denn Eva so
alber/ daß sie sich in Gestalt der Schlangen vom Teuffel betriegen vnd äffen
Gen. 3, 13.
vi. D. Bald.
ad 2. Coi.
11, q. 5. p.

544.
lassen? Antwort; vermutlich hat Eva anfangs nicht gewust/ daß es der
Teuffel/ sondern vermeint/ es sey jrgend ein Engel gewest/ der mit jhr geredet.
So dann leuchtete in diesem Bild Gottes der köstliche Purpur der Erbge-
rechtigkeit vnd gantz heiligen Harmoni aller Seelen vnnd Leibseräfften
alles nach dem allerheiligsten Sinn vnd Hertzen Gottes/ Jst abermal auß
Gen. 2, 25.der Schrifft darzuthun; der Text spricht: Sie (Adam vnd Eva) waren
beyde nacket vnd schämeten sich nicht/
vrsach sie haben sich nicht
schämen dürffen/ sie hattens keine Vrsach/ Sintemal die Scham auß der
Schande herkomt/ Scham ist der Schand gefärt; Nun war bey jhnen
vor dem Fall keine Schand einiges vnzimlichen Kitzels böser Erregung
Eccl. 7, 30,
l. 14. C. D.

17.
oder reitzende Lust/ dann Gott hat den Menschen vffrichtig/ das ist in
Gerechtigkeit vnd Heiligkeit/ nach seinem Bilde gemacht. Augustinus sagt
über die Wort: Sie (vnsere ersten Eltern) waren beyde nacket vnd schäme-
ten sich nicht. Nihil putabant velandum, quia nihil erat refrenandum,
das ist/ sie hielten dafür/ sie dörfften nichts verdecken/ weil nichts
bey jhnen war/ so im Zaum zu halten gewest.
Zum Exempel/ ein
Kind wenn es schon nacket ist/ schämet es sich doch nicht/ weil keine böse
Lüste sich bey jhm erregen. Hingegen ein Knab von zehen Jahren/ wann
er geblösset/ so schlägt die Röte bey jhm auß.

Es ist aber auch ermeldte Gerechtig- vnd Heiligkeit des Menschen
vor dem Fall offenbar auß der entgegen gesatzten Rebellion vnnd Wider-
spenstigkeit/ darein der Mensch nach dem Fall gerahten/ wann sich sonder-
lich die schnöde Lustsucht herfür thut/ vnd die Glieder wider des Menschen
Willen sich regen; Jst eine rechte talions-Straff/ weil der menschliche
Will seinem GOtt rebelliert, so rebelliren jhm auch seine Affecten/ daß
wann der Verstand da hinauß sihet/ so wollen die Affecten anders wo hin-
auß. Vber das so ist auch abzunemen/ was die anerschaffene Heiligkeit
für ein edles Kleinod gewest/ auß der Ernewerung eines Christlichen Men-
schen/ so durch die Crafft des heiligen Geistes in dem Hertzen/ Affecten vnd
Cräfften des widergebohrnen Menschen fürgehet/ davon der Apostel han-

delt;

Die Dreyzehende
vnd beſchrieben/ welches ohne ſonderbare ſcharffe/ durchtringende/ durch-
ſpaͤende Erkantniß der Naturen nicht gefchehen koͤnnen. Eben das iſt
auch zu beſcheinen auß vnſerer Blind heit/ die vns an ſtatt voriger Weißheit
angeboren/ der Finſtere des Verſtands an ſtatt des vorigen Liechts/ ſo durch
Col. 3, 10.
Eph. 4, 23.
2. Cor.
3, 18.
den Geiſt Gottes wider zu recht gebracht erſetzt werden muß/ von einer Clar-
heit zu der andern. Moͤchte aber jemand fragen vnd ſprechen: Jſt die Weiß-
heit bey den erſten par Minſchen ſogroß geweſt/ warumb war denn Eva ſo
alber/ daß ſie ſich in Geſtalt der Schlangen vom Teuffel betriegen vnd aͤffen
Gen. 3, 13.
vi. D. Bald.
ad 2. Coi.
11, q. 5. p.

544.
laſſen? Antwort; vermutlich hat Eva anfangs nicht gewuſt/ daß es der
Teuffel/ ſondern vermeint/ es ſey jrgend ein Engel geweſt/ der mit jhr geredet.
So dann leuchtete in dieſem Bild Gottes der koͤſtliche Purpur der Erbge-
rechtigkeit vnd gantz heiligen Harmoni aller Seelen vnnd Leibseraͤfften
alles nach dem allerheiligſten Sinn vnd Hertzen Gottes/ Jſt abermal auß
Gen. 2, 25.der Schrifft darzuthun; der Text ſpricht: Sie (Adam vnd Eva) waren
beyde nacket vnd ſchämeten ſich nicht/
vrſach ſie haben ſich nicht
ſchaͤmen duͤrffen/ ſie hattens keine Vrſach/ Sintemal die Scham auß der
Schande herkomt/ Scham iſt der Schand gefaͤrt; Nun war bey jhnen
vor dem Fall keine Schand einiges vnzimlichen Kitzels boͤſer Erregung
Eccl. 7, 30,
l. 14. C. D.

17.
oder reitzende Luſt/ dann Gott hat den Menſchen vffrichtig/ das iſt in
Gerechtigkeit vñ Heiligkeit/ nach ſeinem Bilde gemacht. Auguſtinus ſagt
uͤber die Wort: Sie (vnſere erſten Eltern) waren beyde nacket vnd ſchaͤme-
ten ſich nicht. Nihil putabant velandum, quia nihil erat refrenandum,
das iſt/ ſie hielten dafuͤr/ ſie doͤrfften nichts verdecken/ weil nichts
bey jhnen war/ ſo im Zaum zu halten geweſt.
Zum Exempel/ ein
Kind wenn es ſchon nacket iſt/ ſchaͤmet es ſich doch nicht/ weil keine boͤſe
Luͤſte ſich bey jhm erregen. Hingegen ein Knab von zehen Jahren/ wann
er gebloͤſſet/ ſo ſchlaͤgt die Roͤte bey jhm auß.

Es iſt aber auch ermeldte Gerechtig- vnd Heiligkeit des Menſchen
vor dem Fall offenbar auß der entgegen geſatzten Rebellion vnnd Wider-
ſpenſtigkeit/ darein der Menſch nach dem Fall gerahten/ wann ſich ſonder-
lich die ſchnoͤde Luſtſucht herfuͤr thut/ vnd die Glieder wider des Menſchen
Willen ſich regen; Jſt eine rechte talions-Straff/ weil der menſchliche
Will ſeinem GOtt rebelliert, ſo rebelliren jhm auch ſeine Affecten/ daß
wann der Verſtand da hinauß ſihet/ ſo wollen die Affecten anders wo hin-
auß. Vber das ſo iſt auch abzunemen/ was die anerſchaffene Heiligkeit
fuͤr ein edles Kleinod geweſt/ auß der Ernewerung eines Chriſtlichen Men-
ſchen/ ſo durch die Crafft des heiligen Geiſtes in dem Hertzen/ Affecten vnd
Craͤfften des widergebohrnen Menſchen fuͤrgehet/ davon der Apoſtel han-

delt;
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[364/0382] Die Dreyzehende vnd beſchrieben/ welches ohne ſonderbare ſcharffe/ durchtringende/ durch- ſpaͤende Erkantniß der Naturen nicht gefchehen koͤnnen. Eben das iſt auch zu beſcheinen auß vnſerer Blind heit/ die vns an ſtatt voriger Weißheit angeboren/ der Finſtere des Verſtands an ſtatt des vorigen Liechts/ ſo durch den Geiſt Gottes wider zu recht gebracht erſetzt werden muß/ von einer Clar- heit zu der andern. Moͤchte aber jemand fragen vnd ſprechen: Jſt die Weiß- heit bey den erſten par Minſchen ſogroß geweſt/ warumb war denn Eva ſo alber/ daß ſie ſich in Geſtalt der Schlangen vom Teuffel betriegen vnd aͤffen laſſen? Antwort; vermutlich hat Eva anfangs nicht gewuſt/ daß es der Teuffel/ ſondern vermeint/ es ſey jrgend ein Engel geweſt/ der mit jhr geredet. So dann leuchtete in dieſem Bild Gottes der koͤſtliche Purpur der Erbge- rechtigkeit vnd gantz heiligen Harmoni aller Seelen vnnd Leibseraͤfften alles nach dem allerheiligſten Sinn vnd Hertzen Gottes/ Jſt abermal auß der Schrifft darzuthun; der Text ſpricht: Sie (Adam vnd Eva) waren beyde nacket vnd ſchämeten ſich nicht/ vrſach ſie haben ſich nicht ſchaͤmen duͤrffen/ ſie hattens keine Vrſach/ Sintemal die Scham auß der Schande herkomt/ Scham iſt der Schand gefaͤrt; Nun war bey jhnen vor dem Fall keine Schand einiges vnzimlichen Kitzels boͤſer Erregung oder reitzende Luſt/ dann Gott hat den Menſchen vffrichtig/ das iſt in Gerechtigkeit vñ Heiligkeit/ nach ſeinem Bilde gemacht. Auguſtinus ſagt uͤber die Wort: Sie (vnſere erſten Eltern) waren beyde nacket vnd ſchaͤme- ten ſich nicht. Nihil putabant velandum, quia nihil erat refrenandum, das iſt/ ſie hielten dafuͤr/ ſie doͤrfften nichts verdecken/ weil nichts bey jhnen war/ ſo im Zaum zu halten geweſt. Zum Exempel/ ein Kind wenn es ſchon nacket iſt/ ſchaͤmet es ſich doch nicht/ weil keine boͤſe Luͤſte ſich bey jhm erregen. Hingegen ein Knab von zehen Jahren/ wann er gebloͤſſet/ ſo ſchlaͤgt die Roͤte bey jhm auß. Col. 3, 10. Eph. 4, 23. 2. Cor. 3, 18. Gen. 3, 13. vi. D. Bald. ad 2. Coi. 11, q. 5. p. 544. Gen. 2, 25. Eccl. 7, 30, l. 14. C. D. 17. Es iſt aber auch ermeldte Gerechtig- vnd Heiligkeit des Menſchen vor dem Fall offenbar auß der entgegen geſatzten Rebellion vnnd Wider- ſpenſtigkeit/ darein der Menſch nach dem Fall gerahten/ wann ſich ſonder- lich die ſchnoͤde Luſtſucht herfuͤr thut/ vnd die Glieder wider des Menſchen Willen ſich regen; Jſt eine rechte talions-Straff/ weil der menſchliche Will ſeinem GOtt rebelliert, ſo rebelliren jhm auch ſeine Affecten/ daß wann der Verſtand da hinauß ſihet/ ſo wollen die Affecten anders wo hin- auß. Vber das ſo iſt auch abzunemen/ was die anerſchaffene Heiligkeit fuͤr ein edles Kleinod geweſt/ auß der Ernewerung eines Chriſtlichen Men- ſchen/ ſo durch die Crafft des heiligen Geiſtes in dem Hertzen/ Affecten vnd Craͤfften des widergebohrnen Menſchen fuͤrgehet/ davon der Apoſtel han- delt;

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 4. Straßburg, 1653, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus04_1653/382>, abgerufen am 27.11.2024.