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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 5. Straßburg, 1654.

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Die Sechs vnd zwantzigste
liche Natur angenommen/ hat man seine Liebe völlig gesehen: In quo enim
magis poterat commendare benignitatem suam Filius Dei, quam suscipi-
endo carnem meam? meam, inquam, non carnem Adam, id est, non qua-
lem ille habuit ante lapsum, quod tantopere declarat eius miseticordiam,
quam quod ipsam suscepit miseriam?
das ist: wie hette der Sohn Gottes
seine liebe vnd freundligkeit gegen vns mehr preisen können/ als das er mein
Fleisch an sich genommen? ja mein Fleisch/ sage ich/ nicht das Fleisch A-
dams/ wie es beschaffen war im stande der Vnschuld/ sondern wie es jetzo
mit schwachheit vmbgeben ist/ wie könde er doch die grosse Barmhertzigkeit
gegen mir herrlicher beweisen vnd mehr zuerkennen geben/ wie sehr ihn mei-
nes Elends jammert/ also das er mein Elend selbs an sich genommen.

Soll aber solche Freude beständig bleiben/ soll Christus vnser HErr
sein beharlich Läger vnd Ruhestatt in vnserm Hertzen durch den Glauben
behalten/ so muß er allein das Regiment im Hertzen haben; Belial vnd
Christus/ Liecht vnd Finsternüß können nicht bey sammen stehen/ es lest
zwar das liebe Christ-Kindlein im Stall zu Bethlehem neben sich das
Ochslein vnd das Eselein stallen/ doch so lernen sie erkennen Gott den Her-
ren/ der jhnen das Futter bescheret; das ist/ die sonst von Natur thumme
Vernunfft/ so fern sie sich dem Gehorsam deß Glaubens vndergibt: Aber
das Lamb Gottes vnd der wilde Wolff/ das ist/ Christus vnd Wölffische bos-
heit/ die reimen sich nicht zusammen: Was das liebe Jesus-Kind in sei-
nem Hertzen haben will/ das muß sich auch desselben Tugenden befleissigen/
sonderlich der edlen Demuth/ so in der tieffen erniedrigung desselben allent-
halben durchleuchtet. Vnbegreiflich ist die tieffe Demuth/ seine Ruh vnd
Liegerstatt in dem finstern Gemach deß Leibs seiner Mutter; aber auch vn-
auß sprechlich die Ehr/ so jhm wiederfahren/ daß wie er in der tieffe der Er-
den gelegen/ Er hernach in den höchsten Thron Gottes erhaben/ nunmehr
sitzet zur Rechten Gottes ein grosser Herr vber Himmel vnd Erden; alles
vns zum Fürbilde vnd nachfolge. David sprach auß Demuth/ wer bin
1. Sam. 18,
18.
ich vnd was ist mein Leben vnd Geschlecht meines Vatters in
Jsrael/ daß ich deß Königs Eydam werden soll?
Vielmehr sollen
wir auß Demuth sagen: wer bin ich/ daß ich GOttes Sohn vnnd Erbe/
Christi Miterbe/ vnd dermahl eins ein Himmels-Fürste seyn soll? Si vis
excidere gratia, jacta tua merita,
spricht Augustinus in Psalm. 31. Quaerat
alius meritum, nos invenire gratiam studeamus,
spricht Bernhardus. Wer
die Gnade Gottes will verschertzen/ mag sich seines Verdienstes rühmen/
andere mögen sich auff jhre verdienstliche Werck verlassen/ wir wollen
vns allein auff Gottes Gnade verlassen/ vnd dieselbe rühmen/ das ist die

rechte

Die Sechs vnd zwantzigſte
liche Natur angenommen/ hat man ſeine Liebe voͤllig geſehen: In quo enim
magis poterat commendare benignitatem ſuam Filius Dei, quàm ſuſcipi-
endo carnem meam? meam, inquam, non carnem Adam, id eſt, non qua-
lem ille habuit ante lapſum, quod tantoperè declarat eius miſeticordiam,
quàm quòd ipſam ſuſcepit miſeriam?
das iſt: wie hette der Sohn Gottes
ſeine liebe vnd freundligkeit gegen vns mehr preiſen koͤnnen/ als das er mein
Fleiſch an ſich genommen? ja mein Fleiſch/ ſage ich/ nicht das Fleiſch A-
dams/ wie es beſchaffen war im ſtande der Vnſchuld/ ſondern wie es jetzo
mit ſchwachheit vmbgeben iſt/ wie koͤnde er doch die groſſe Barmhertzigkeit
gegen mir herꝛlicher beweiſen vnd mehr zuerkennen geben/ wie ſehr ihn mei-
nes Elends jammert/ alſo das er mein Elend ſelbs an ſich genommen.

Soll aber ſolche Freude beſtaͤndig bleiben/ ſoll Chriſtus vnſer HErꝛ
ſein beharlich Laͤger vnd Ruheſtatt in vnſerm Hertzen durch den Glauben
behalten/ ſo muß er allein das Regiment im Hertzen haben; Belial vnd
Chriſtus/ Liecht vnd Finſternuͤß koͤnnen nicht bey ſammen ſtehen/ es leſt
zwar das liebe Chriſt-Kindlein im Stall zu Bethlehem neben ſich das
Ochslein vnd das Eſelein ſtallen/ doch ſo lernen ſie erkennen Gott den Her-
ren/ der jhnen das Futter beſcheret; das iſt/ die ſonſt von Natur thumme
Vernunfft/ ſo fern ſie ſich dem Gehorſam deß Glaubens vndergibt: Aber
das Lamb Gottes vnd der wilde Wolff/ das iſt/ Chriſtus vnd Woͤlffiſche boſ-
heit/ die reimen ſich nicht zuſammen: Was das liebe Jeſus-Kind in ſei-
nem Hertzen haben will/ das muß ſich auch deſſelben Tugenden befleiſſigen/
ſonderlich der edlen Demuth/ ſo in der tieffen erniedrigung deſſelben allent-
halben durchleuchtet. Vnbegreiflich iſt die tieffe Demuth/ ſeine Ruh vnd
Liegerſtatt in dem finſtern Gemach deß Leibs ſeiner Mutter; aber auch vn-
auß ſprechlich die Ehr/ ſo jhm wiederfahren/ daß wie er in der tieffe der Er-
den gelegen/ Er hernach in den hoͤchſten Thron Gottes erhaben/ nunmehr
ſitzet zur Rechten Gottes ein groſſer Herr vber Himmel vnd Erden; alles
vns zum Fuͤrbilde vnd nachfolge. David ſprach auß Demuth/ wer bin
1. Sam. 18,
18.
ich vnd was iſt mein Leben vnd Geſchlecht meines Vatters in
Jſrael/ daß ich deß Koͤnigs Eydam werden ſoll?
Vielmehr ſollen
wir auß Demuth ſagen: wer bin ich/ daß ich GOttes Sohn vnnd Erbe/
Chriſti Miterbe/ vnd dermahl eins ein Himmels-Fuͤrſte ſeyn ſoll? Si vis
excidere gratia, jacta tua merita,
ſpricht Auguſtinus in Pſalm. 31. Quærat
alius meritum, nos invenire gratiam ſtudeamus,
ſpricht Bernhardus. Wer
die Gnade Gottes will verſchertzen/ mag ſich ſeines Verdienſtes ruͤhmen/
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vns allein auff Gottes Gnade verlaſſen/ vnd dieſelbe ruͤhmen/ das iſt die

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[910/0394] Die Sechs vnd zwantzigſte liche Natur angenommen/ hat man ſeine Liebe voͤllig geſehen: In quo enim magis poterat commendare benignitatem ſuam Filius Dei, quàm ſuſcipi- endo carnem meam? meam, inquam, non carnem Adam, id eſt, non qua- lem ille habuit ante lapſum, quod tantoperè declarat eius miſeticordiam, quàm quòd ipſam ſuſcepit miſeriam? das iſt: wie hette der Sohn Gottes ſeine liebe vnd freundligkeit gegen vns mehr preiſen koͤnnen/ als das er mein Fleiſch an ſich genommen? ja mein Fleiſch/ ſage ich/ nicht das Fleiſch A- dams/ wie es beſchaffen war im ſtande der Vnſchuld/ ſondern wie es jetzo mit ſchwachheit vmbgeben iſt/ wie koͤnde er doch die groſſe Barmhertzigkeit gegen mir herꝛlicher beweiſen vnd mehr zuerkennen geben/ wie ſehr ihn mei- nes Elends jammert/ alſo das er mein Elend ſelbs an ſich genommen. Soll aber ſolche Freude beſtaͤndig bleiben/ ſoll Chriſtus vnſer HErꝛ ſein beharlich Laͤger vnd Ruheſtatt in vnſerm Hertzen durch den Glauben behalten/ ſo muß er allein das Regiment im Hertzen haben; Belial vnd Chriſtus/ Liecht vnd Finſternuͤß koͤnnen nicht bey ſammen ſtehen/ es leſt zwar das liebe Chriſt-Kindlein im Stall zu Bethlehem neben ſich das Ochslein vnd das Eſelein ſtallen/ doch ſo lernen ſie erkennen Gott den Her- ren/ der jhnen das Futter beſcheret; das iſt/ die ſonſt von Natur thumme Vernunfft/ ſo fern ſie ſich dem Gehorſam deß Glaubens vndergibt: Aber das Lamb Gottes vnd der wilde Wolff/ das iſt/ Chriſtus vnd Woͤlffiſche boſ- heit/ die reimen ſich nicht zuſammen: Was das liebe Jeſus-Kind in ſei- nem Hertzen haben will/ das muß ſich auch deſſelben Tugenden befleiſſigen/ ſonderlich der edlen Demuth/ ſo in der tieffen erniedrigung deſſelben allent- halben durchleuchtet. Vnbegreiflich iſt die tieffe Demuth/ ſeine Ruh vnd Liegerſtatt in dem finſtern Gemach deß Leibs ſeiner Mutter; aber auch vn- auß ſprechlich die Ehr/ ſo jhm wiederfahren/ daß wie er in der tieffe der Er- den gelegen/ Er hernach in den hoͤchſten Thron Gottes erhaben/ nunmehr ſitzet zur Rechten Gottes ein groſſer Herr vber Himmel vnd Erden; alles vns zum Fuͤrbilde vnd nachfolge. David ſprach auß Demuth/ wer bin ich vnd was iſt mein Leben vnd Geſchlecht meines Vatters in Jſrael/ daß ich deß Koͤnigs Eydam werden ſoll? Vielmehr ſollen wir auß Demuth ſagen: wer bin ich/ daß ich GOttes Sohn vnnd Erbe/ Chriſti Miterbe/ vnd dermahl eins ein Himmels-Fuͤrſte ſeyn ſoll? Si vis excidere gratia, jacta tua merita, ſpricht Auguſtinus in Pſalm. 31. Quærat alius meritum, nos invenire gratiam ſtudeamus, ſpricht Bernhardus. Wer die Gnade Gottes will verſchertzen/ mag ſich ſeines Verdienſtes ruͤhmen/ andere moͤgen ſich auff jhre verdienſtliche Werck verlaſſen/ wir wollen vns allein auff Gottes Gnade verlaſſen/ vnd dieſelbe ruͤhmen/ das iſt die rechte 1. Sam. 18, 18.

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 5. Straßburg, 1654, S. 910. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus05_1654/394>, abgerufen am 22.11.2024.