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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657.

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Predigt.
tiger als alle Sünde/ welches wahr seyn/ auch bezeuget die Gleichheit der
Jnstrumenten oder ordentliche Mittel/ solcher Gnade/ nemlich das Wort
und Sacrament/ so dargereichet werden/ beydes den Glaubigen und Vn-
glaubigen/ wie dem Schos-Jünger Christi dem Johanni/ also dem Ver-
rähter Judae.

Eine wahrhafftige/ kräfftige Gnade; Christus ist die Quell/
aus dem nichts anders flenst als eitel Gnade und Warheit/ das ist
eine wahrhafftige Gnade. Jn der Welt heissets Euer Gnaden!Ioh. 1, 14.
17.

Euer Fürstl. Gnaden! aber vielmal ists eine Gnade ohne That/ eine Huld
ohne außlöschen der Schuld/ ein Wort und Hof-Gnade ohne Krafft und
Nachtruck; da hat mancher zwar Gnade bey seiner Obrigkeit/ hat Gunst/
aber sie gibt ihm weder warm noch kalt/ er geniesset nichts/ ist eine Schein-
Gnade/ die man bald verlieren kan; hier aber Gnade und War-
heit/
das ist eine kräfftige Gnade/ wie das Wort Gnade verstund
der alt-verlebte Vater Jacob/ da er zu seinem Sohne Joseph sprach:
Habe ich Gnade für dir funden/ so lege deine Hand unterGen. 47,
29.

meine Hufften/ daß du Liebe und Treue an mir thust; wie esIos. 2, 14.
auch verstanden die Kundschaffter Josuae/ und der König David.

2. Sam. 2, 6.

Eine solche kräfftige/ würckende und thätige Gnade ist
die Gnade des Heiligen Geistes/
so da würcket und handelt nicht
auff natürliche Weise/
als steckte sie im Wort wie eine Artzney in der
Büchse; nicht auff blosse Rethorische Art/ wie ein kluger Redner
durch feine argumenta eines Menschen Gemüth einnehmen und ihn
überreden kan; gestalt man von Platone liefet/ daß er durch sein suadam
und wolgelösete wolgestimmte Zunge den Tyrannen Dionysium auff
einen gelindern und mildern Sinn und Weg gebracht; oder wie Cicero
zu Rom mit seiner Zungen den gantzen Rath gelencket und geleitet wohin
er gewolt; wo dann in dem Menschen erfordert würd eine Krafft solches was
der Redner fürbringet zu verstehen/ und mit Vernunfft solches zu fassen/
zu erwegen/ auch davon zu urtheilen/ ob der Rath gut und annehmlich oder
nicht! sie ist nicht ductiva, nicht eine führende begleitende Krafft/
was anbelanget den Aufang vor der Bekehrung. Es führet mancher einen
bey der Hand/ leitet und gegleitet ihn/ er aber der Geführte und Begleitete ge-
het auch und wandelt seinen Gang zugleich mit/ ob wol schwächer und lang-
samer/ als wann er allein gehen müste; nicht violenta, nicht eine

gewalt-

Predigt.
tiger als alle Suͤnde/ welches wahr ſeyn/ auch bezeuget die Gleichheit der
Jnſtrumenten oder ordentliche Mittel/ ſolcher Gnade/ nemlich das Wort
und Sacrament/ ſo dargereichet werden/ beydes den Glaubigen und Vn-
glaubigen/ wie dem Schos-Juͤnger Chriſti dem Johanni/ alſo dem Ver-
raͤhter Judæ.

Eine wahrhafftige/ kraͤfftige Gnade; Chriſtus iſt die Quell/
aus dem nichts anders flenſt als eitel Gnade und Warheit/ das iſt
eine wahrhafftige Gnade. Jn der Welt heiſſets Euer Gnaden!Ioh. 1, 14.
17.

Euer Fuͤrſtl. Gnaden! aber vielmal iſts eine Gnade ohne That/ eine Huld
ohne außloͤſchen der Schuld/ ein Wort und Hof-Gnade ohne Krafft und
Nachtruck; da hat mancher zwar Gnade bey ſeiner Obrigkeit/ hat Gunſt/
aber ſie gibt ihm weder warm noch kalt/ er genieſſet nichts/ iſt eine Schein-
Gnade/ die man bald verlieren kan; hier aber Gnade und War-
heit/
das iſt eine kräfftige Gnade/ wie das Wort Gnade verſtund
der alt-verlebte Vater Jacob/ da er zu ſeinem Sohne Joſeph ſprach:
Habe ich Gnade fuͤr dir funden/ ſo lege deine Hand unterGen. 47,
29.

meine Hůfften/ daß du Liebe und Treue an mir thuſt; wie esIoſ. 2, 14.
auch verſtanden die Kundſchaffter Joſuæ/ und der Koͤnig David.

2. Sam. 2, 6.

Eine ſolche kraͤfftige/ wuͤrckende und thaͤtige Gnade iſt
die Gnade des Heiligen Geiſtes/
ſo da wuͤrcket und handelt nicht
auff natuͤrliche Weiſe/
als ſteckte ſie im Wort wie eine Artzney in der
Buͤchſe; nicht auff bloſſe Rethoriſche Art/ wie ein kluger Redner
durch feine argumenta eines Menſchen Gemuͤth einnehmen und ihn
uͤberreden kan; geſtalt man von Platone liefet/ daß er durch ſein ſuadam
und wolgeloͤſete wolgeſtimmte Zunge den Tyrannen Dionyſium auff
einen gelindern und mildern Sinn und Weg gebracht; oder wie Cicero
zu Rom mit ſeiner Zungen den gantzen Rath gelencket und geleitet wohin
er gewolt; wo dañ in dem Menſchẽ erfordert wuͤrd eine Krafft ſolches was
der Redner fuͤrbringet zu verſtehen/ und mit Vernunfft ſolches zu faſſen/
zu erwegen/ auch davon zu urtheilen/ ob der Rath gut und annehmlich oder
nicht! ſie iſt nicht ductiva, nicht eine fuͤhꝛende begleitende Krafft/
was anbelanget den Aufang vor der Bekehrung. Es fuͤhret mancher einen
bey der Hand/ leitet uñ gegleitet ihn/ er aber der Gefuͤhrte und Begleitete ge-
het auch und wandelt ſeinẽ Gang zugleich mit/ ob wol ſchwaͤcher und lang-
ſamer/ als wann er allein gehen muͤſte; nicht violenta, nicht eine

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[87/0119] Predigt. tiger als alle Suͤnde/ welches wahr ſeyn/ auch bezeuget die Gleichheit der Jnſtrumenten oder ordentliche Mittel/ ſolcher Gnade/ nemlich das Wort und Sacrament/ ſo dargereichet werden/ beydes den Glaubigen und Vn- glaubigen/ wie dem Schos-Juͤnger Chriſti dem Johanni/ alſo dem Ver- raͤhter Judæ. Eine wahrhafftige/ kraͤfftige Gnade; Chriſtus iſt die Quell/ aus dem nichts anders flenſt als eitel Gnade und Warheit/ das iſt eine wahrhafftige Gnade. Jn der Welt heiſſets Euer Gnaden! Euer Fuͤrſtl. Gnaden! aber vielmal iſts eine Gnade ohne That/ eine Huld ohne außloͤſchen der Schuld/ ein Wort und Hof-Gnade ohne Krafft und Nachtruck; da hat mancher zwar Gnade bey ſeiner Obrigkeit/ hat Gunſt/ aber ſie gibt ihm weder warm noch kalt/ er genieſſet nichts/ iſt eine Schein- Gnade/ die man bald verlieren kan; hier aber Gnade und War- heit/ das iſt eine kräfftige Gnade/ wie das Wort Gnade verſtund der alt-verlebte Vater Jacob/ da er zu ſeinem Sohne Joſeph ſprach: Habe ich Gnade fuͤr dir funden/ ſo lege deine Hand unter meine Hůfften/ daß du Liebe und Treue an mir thuſt; wie es auch verſtanden die Kundſchaffter Joſuæ/ und der Koͤnig David. Ioh. 1, 14. 17. Gen. 47, 29. Ioſ. 2, 14. Eine ſolche kraͤfftige/ wuͤrckende und thaͤtige Gnade iſt die Gnade des Heiligen Geiſtes/ ſo da wuͤrcket und handelt nicht auff natuͤrliche Weiſe/ als ſteckte ſie im Wort wie eine Artzney in der Buͤchſe; nicht auff bloſſe Rethoriſche Art/ wie ein kluger Redner durch feine argumenta eines Menſchen Gemuͤth einnehmen und ihn uͤberreden kan; geſtalt man von Platone liefet/ daß er durch ſein ſuadam und wolgeloͤſete wolgeſtimmte Zunge den Tyrannen Dionyſium auff einen gelindern und mildern Sinn und Weg gebracht; oder wie Cicero zu Rom mit ſeiner Zungen den gantzen Rath gelencket und geleitet wohin er gewolt; wo dañ in dem Menſchẽ erfordert wuͤrd eine Krafft ſolches was der Redner fuͤrbringet zu verſtehen/ und mit Vernunfft ſolches zu faſſen/ zu erwegen/ auch davon zu urtheilen/ ob der Rath gut und annehmlich oder nicht! ſie iſt nicht ductiva, nicht eine fuͤhꝛende begleitende Krafft/ was anbelanget den Aufang vor der Bekehrung. Es fuͤhret mancher einen bey der Hand/ leitet uñ gegleitet ihn/ er aber der Gefuͤhrte und Begleitete ge- het auch und wandelt ſeinẽ Gang zugleich mit/ ob wol ſchwaͤcher und lang- ſamer/ als wann er allein gehen muͤſte; nicht violenta, nicht eine gewalt-

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus06_1657/119>, abgerufen am 24.11.2024.