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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657.

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Predigt.
Rechten wol hätte können erlassen werden: So hat er doch ein anders
erfahren müssen/ daß der Gunst-Richter Festus den Juden zugefallen/ ihn
nach Jerusalem geschleppet/ da er sich keines andern als lauter gifft-gälliger
Partheiligkeit und Feindthätlichkeit zu versehen gehabt: so ergreifft er das
praesidium juris naturale, das jenige Hülffs-Mittel/ welches ihm die Na-
tur und der Käyser gegönnet/ als einem Römischen Burger/ beruffet sich
auff das Römische privilegium, und sagt: Jch stehe fur des Käysers
Gerichte/ da soll ich mich lassen richten/ ich beruffe mich auff
den Käyser.

Es war aber auch gemeldte appellation ein exemplar und
Muster uns zu gebührlicher Nachfolge auffgezeichnet/
daß ein
Christ/ auch wol Prediger/ rechten und Recht-Händel führen/ da man ihm
das seine nehmen oder fürhalten will/ sondern auch gar auff Paulinisch
an ein höheres Gericht/ im Fall in dem niedrigen ihm hell und klar unrecht
geschehen were/ appelliren könne/ und soll darob niemand Ergernüß neh-
men. Jch sage aber auff Paulinische Weise/ mit gutem Gewissen/ in
einer guten und gerechten Sache/ ohne unbilliche Gefährde seiner Gegen-
Part/ auch wol fürnemlich durch den dazu geordneten appellations-Eyd/
anders als in der Welt offt appellationes vorgehen und gestattet werden
ex conjectura vincibili, aus überwindlicher Vnwissenheit/ die Zeit zu ge-
winnen/ die Partey zu ermüden/ da mancher unrichtiger Kopff sich nicht
will weisen lassen/ in einer ungerechten Sache seinen Nächsten auffzuzie-
hen/ und bey der Nasen lang herumb zu führen/ nach der Meynung einer
guten Sache/ biß die Ganß wol geropfft/ und wol das Fleisch darzu gefres-
sen/ weder Kläger noch Beklagten viel überbleibt/ als was man ihnen dar-
wirfft. Das lässet man in foro soli, in weltlichen Gerichten so passiren
und hingehen/ aber im Gewissens-Gericht lautet es viel anders.

Sonderlich ist diese appellation ein schönes Muster un-
serer Gerechtfertigung in Gottes Gericht.
Wann Moses all-
zuhart an uns setzen will mit seinem Fluch und nigro theta, wann das
höllische Feuer unter die Augen brennet/ wann der Mensch für Gottes
Zorn nicht weiß wo aus noch an/ wann er heulen und klagen muß:
Dem Teufel ich gefangenlig/ etc. Wann er in foro legali, vor dem
Gesetz-Stul Mosis seine Sache verlohren/ und der Stab über ihn gebro-
chen; wo hinaus? wo solle er dann fliehen hin/ da er könne und möge blei-
ben? soll er an den Käyser appelliren? Ach das ist viel zu wenig! der Käy-Bernegg.
ad Sueton.
Aug. c.
33.

ser selbst muß sich hie richten lassen. Es hat zwar Augustus (da zuvor

zu Rom
R 3

Predigt.
Rechten wol haͤtte koͤnnen erlaſſen werden: So hat er doch ein anders
erfahren muͤſſen/ daß der Gunſt-Richter Feſtus den Juden zugefallen/ ihn
nach Jeruſalem geſchleppet/ da er ſich keines andern als lauter gifft-gaͤlliger
Partheiligkeit und Feindthaͤtlichkeit zu verſehen gehabt: ſo ergreifft er das
præſidium juris naturale, das jenige Huͤlffs-Mittel/ welches ihm die Na-
tur und der Kaͤyſer gegoͤnnet/ als einem Roͤmiſchen Burger/ beruffet ſich
auff das Roͤmiſche privilegium, und ſagt: Jch ſtehe fůr des Kaͤyſers
Gerichte/ da ſoll ich mich laſſen richten/ ich beruffe mich auff
den Käyſer.

Es war aber auch gemeldte appellation ein exemplar und
Muſter uns zu gebuͤhrlicher Nachfolge auffgezeichnet/
daß ein
Chriſt/ auch wol Prediger/ rechten und Recht-Haͤndel fuͤhren/ da man ihm
das ſeine nehmen oder fuͤrhalten will/ ſondern auch gar auff Pauliniſch
an ein hoͤheres Gericht/ im Fall in dem niedrigen ihm hell und klar unrecht
geſchehen were/ appelliren koͤnne/ und ſoll darob niemand Ergernuͤß neh-
men. Jch ſage aber auff Pauliniſche Weiſe/ mit gutem Gewiſſen/ in
einer guten und gerechten Sache/ ohne unbilliche Gefaͤhrde ſeiner Gegen-
Part/ auch wol fuͤrnemlich durch den dazu geordneten appellations-Eyd/
anders als in der Welt offt appellationes vorgehen und geſtattet werden
ex conjecturâ vincibili, aus uͤberwindlicher Vnwiſſenheit/ die Zeit zu ge-
winnen/ die Partey zu ermuͤden/ da mancher unrichtiger Kopff ſich nicht
will weiſen laſſen/ in einer ungerechten Sache ſeinen Naͤchſten auffzuzie-
hen/ und bey der Naſen lang herumb zu fuͤhren/ nach der Meynung einer
guten Sache/ biß die Ganß wol geropfft/ und wol das Fleiſch darzu gefreſ-
ſen/ weder Klaͤger noch Beklagten viel uͤberbleibt/ als was man ihnen dar-
wirfft. Das laͤſſet man in foro ſoli, in weltlichen Gerichten ſo paſſiren
und hingehen/ aber im Gewiſſens-Gericht lautet es viel anders.

Sonderlich iſt dieſe appellation ein ſchönes Muſter un-
ſerer Gerechtfertigung in Gottes Gericht.
Wann Moſes all-
zuhart an uns ſetzen will mit ſeinem Fluch und nigro theta, wann das
hoͤlliſche Feuer unter die Augen brennet/ wann der Menſch fuͤr Gottes
Zorn nicht weiß wo aus noch an/ wann er heulen und klagen muß:
Dem Teufel ich gefangenlig/ ꝛc. Wann er in foro legali, vor dem
Geſetz-Stul Moſis ſeine Sache verlohren/ und der Stab uͤber ihn gebro-
chen; wo hinaus? wo ſolle er dann fliehen hin/ da er koͤnne und moͤge blei-
ben? ſoll er an den Kaͤyſer appelliren? Ach das iſt viel zu wenig! der Kaͤy-Bernegg.
ad Sueton.
Aug. c.
33.

ſer ſelbſt muß ſich hie richten laſſen. Es hat zwar Auguſtus (da zuvor

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[133/0165] Predigt. Rechten wol haͤtte koͤnnen erlaſſen werden: So hat er doch ein anders erfahren muͤſſen/ daß der Gunſt-Richter Feſtus den Juden zugefallen/ ihn nach Jeruſalem geſchleppet/ da er ſich keines andern als lauter gifft-gaͤlliger Partheiligkeit und Feindthaͤtlichkeit zu verſehen gehabt: ſo ergreifft er das præſidium juris naturale, das jenige Huͤlffs-Mittel/ welches ihm die Na- tur und der Kaͤyſer gegoͤnnet/ als einem Roͤmiſchen Burger/ beruffet ſich auff das Roͤmiſche privilegium, und ſagt: Jch ſtehe fůr des Kaͤyſers Gerichte/ da ſoll ich mich laſſen richten/ ich beruffe mich auff den Käyſer. Es war aber auch gemeldte appellation ein exemplar und Muſter uns zu gebuͤhrlicher Nachfolge auffgezeichnet/ daß ein Chriſt/ auch wol Prediger/ rechten und Recht-Haͤndel fuͤhren/ da man ihm das ſeine nehmen oder fuͤrhalten will/ ſondern auch gar auff Pauliniſch an ein hoͤheres Gericht/ im Fall in dem niedrigen ihm hell und klar unrecht geſchehen were/ appelliren koͤnne/ und ſoll darob niemand Ergernuͤß neh- men. Jch ſage aber auff Pauliniſche Weiſe/ mit gutem Gewiſſen/ in einer guten und gerechten Sache/ ohne unbilliche Gefaͤhrde ſeiner Gegen- Part/ auch wol fuͤrnemlich durch den dazu geordneten appellations-Eyd/ anders als in der Welt offt appellationes vorgehen und geſtattet werden ex conjecturâ vincibili, aus uͤberwindlicher Vnwiſſenheit/ die Zeit zu ge- winnen/ die Partey zu ermuͤden/ da mancher unrichtiger Kopff ſich nicht will weiſen laſſen/ in einer ungerechten Sache ſeinen Naͤchſten auffzuzie- hen/ und bey der Naſen lang herumb zu fuͤhren/ nach der Meynung einer guten Sache/ biß die Ganß wol geropfft/ und wol das Fleiſch darzu gefreſ- ſen/ weder Klaͤger noch Beklagten viel uͤberbleibt/ als was man ihnen dar- wirfft. Das laͤſſet man in foro ſoli, in weltlichen Gerichten ſo paſſiren und hingehen/ aber im Gewiſſens-Gericht lautet es viel anders. Sonderlich iſt dieſe appellation ein ſchönes Muſter un- ſerer Gerechtfertigung in Gottes Gericht. Wann Moſes all- zuhart an uns ſetzen will mit ſeinem Fluch und nigro theta, wann das hoͤlliſche Feuer unter die Augen brennet/ wann der Menſch fuͤr Gottes Zorn nicht weiß wo aus noch an/ wann er heulen und klagen muß: Dem Teufel ich gefangenlig/ ꝛc. Wann er in foro legali, vor dem Geſetz-Stul Moſis ſeine Sache verlohren/ und der Stab uͤber ihn gebro- chen; wo hinaus? wo ſolle er dann fliehen hin/ da er koͤnne und moͤge blei- ben? ſoll er an den Kaͤyſer appelliren? Ach das iſt viel zu wenig! der Kaͤy- ſer ſelbſt muß ſich hie richten laſſen. Es hat zwar Auguſtus (da zuvor zu Rom Bernegg. ad Sueton. Aug. c. 33. R 3

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus06_1657/165>, abgerufen am 24.11.2024.