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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657.

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Die Eilffte
zu Rom auff dem Rathhause man nur dreyerley Tafeln gehabt/ darauff die
Rath-Herren ihre vota geschrieben/ auff der eine stund der Buchstaben D.
bedeutet die Damnation oder Verdammung des Beklagten; auff der an-
dern A. bedeutet die Absolution, die Loß-Zehlung/ wann der Beklagte un-
schuldig befunden/ und für quitt und loß zu sprechen erkant worden; auff
der dritten N.L. non liquet, bedentet daß die Sache noch nicht klar/ sie sey
noch nicht außgemacht/ man müsse dieselbe zu weiterer deliberation ge-
stellet seyn lassen:) eine außer-ordentliche/ sonderbare Tafel mit dem
Buchstaben I. notirt hinzu gethan/ ignotoriam genant/ die Verzeihungs-
Tafel. Aber dieses (I.) ist viel zu stumpff und zu schwach in dem Gött-
lichen Gericht.

Wie dann? Soll der arme beklagte und beschuldigte Vbelthäter sich
Hülffe erholen bey der hochgebenedeyten Mutter Gottes des Herrn/
Jungfrauen Maria/ von welcher jener Fabel-Hanß Jacobus de Vora-
gine
getichtet/ daß man in allen Beschwernüssen an sie gleichsam als an
eine Herrscherin und Königin appelliren soll/ wann man auch von Gott
selbst oder der Gerechtigkeit mit Vnrecht belästiget und beschweret were.
Ach nein! Maria ist viel zu wenig/ sie ist selbst die Kekharitomene passive, sie
hat selbst empfangen Gnad umb Gnad/ sie muß sich selbst erfreuen über ih-
ren Heiland/ sondern einen andern Gnaden-Thron hat uns Gott vorge-
Exod. 25,
17. seqq.
stellet/ einen warhafftigen Thron/ vorgebildet im Alten Testament/ einen
eintzigen Gnaden-Stul/ der keinen Dagon neben sich leidet/ das ist der
1. Sum. 5, 3.
4.
Mittler-Thron/ der Schutz-Thron/ der Versöhnungs-Thron/ der Bet-
Rom. 3, 25.Thron: Das ist der offene Thron/ von welchem droben im erston Articul
gehöret.

Dieses ist das ultimum refugium rei, die eusserste Burg und
Schirm eines beklagten und im Gesetze verdammten Sünders/ an die
Hörner dieses Gnaden-Throns muß er sich halten/ der ist mit dem Regen-
Apoc. 4, 3.bogen der Barmhertzigkeit gekrönet und umbgeben/ da finden wir gratiam
Hebr. 4, 16.[fremdsprachliches Material - 1 Zeichen fehlt]prositon, den rechten Gnaden-Stul/ dahin wir mit Freudigkeit treten/
und Gnade schöpffen können/ und zwar die gerechtmachende Gna-
de/ zwar
privativam, die jenige Gnade/ dadurch das jenige/
so uns irret/ und für Gott verstellet/ im Wege ligt/ nemlich
die leidige Sünde/ und dero schröckliche Straffe abgethan
und abgeleget wird/
heisset mit einem Worte: Der Ablaß der
Sunden.
Davon wollen wir anietzo in der Furcht des Herren
handeln/ welches hochwichtige Geheimnüß/ daß wirs recht verstehen/

wolle

Die Eilffte
zu Rom auff dem Rathhauſe man nur dreyerley Tafeln gehabt/ darauff die
Rath-Herren ihre vota geſchrieben/ auff der eine ſtund der Buchſtaben D.
bedeutet die Damnation oder Verdammung des Beklagten; auff der an-
dern A. bedeutet die Abſolution, die Loß-Zehlung/ wann der Beklagte un-
ſchuldig befunden/ und fuͤr quitt und loß zu ſprechen erkant worden; auff
der dritten N.L. non liquet, bedentet daß die Sache noch nicht klar/ ſie ſey
noch nicht außgemacht/ man muͤſſe dieſelbe zu weiterer deliberation ge-
ſtellet ſeyn laſſen:) eine außer-ordentliche/ ſonderbare Tafel mit dem
Buchſtaben I. notirt hinzu gethan/ ignotoriam genant/ die Verzeihungs-
Tafel. Aber dieſes (I.) iſt viel zu ſtumpff und zu ſchwach in dem Goͤtt-
lichen Gericht.

Wie dann? Soll der arme beklagte und beſchuldigte Vbelthaͤter ſich
Huͤlffe erholen bey der hochgebenedeyten Mutter Gottes des Herrn/
Jungfrauen Maria/ von welcher jener Fabel-Hanß Jacobus de Vora-
gine
getichtet/ daß man in allen Beſchwernuͤſſen an ſie gleichſam als an
eine Herrſcherin und Koͤnigin appelliren ſoll/ wann man auch von Gott
ſelbſt oder der Gerechtigkeit mit Vnrecht belaͤſtiget und beſchweret were.
Ach nein! Maria iſt viel zu wenig/ ſie iſt ſelbſt die Κεχαριτωμένη paſſivè, ſie
hat ſelbſt empfangen Gnad umb Gnad/ ſie muß ſich ſelbſt erfreuen uͤber ih-
ren Heiland/ ſondern einen andern Gnaden-Thron hat uns Gott vorge-
Exod. 25,
17. ſeqq.
ſtellet/ einen warhafftigen Thron/ vorgebildet im Alten Teſtament/ einen
eintzigen Gnaden-Stul/ der keinen Dagon neben ſich leidet/ das iſt der
1. Sum. 5, 3.
4.
Mittler-Thron/ der Schutz-Thron/ der Verſoͤhnungs-Thron/ der Bet-
Rom. 3, 25.Thron: Das iſt der offene Thron/ von welchem droben im erſton Articul
gehoͤret.

Dieſes iſt das ultimum refugium rei, die euſſerſte Burg und
Schirm eines beklagten und im Geſetze verdammten Suͤnders/ an die
Hoͤrner dieſes Gnaden-Throns muß er ſich halten/ der iſt mit dem Regen-
Apoc. 4, 3.bogen der Barmhertzigkeit gekroͤnet und umbgeben/ da finden wir gratiam
Hebr. 4, 16.[fremdsprachliches Material – 1 Zeichen fehlt]πρόσιτον, den rechten Gnaden-Stul/ dahin wir mit Freudigkeit treten/
und Gnade ſchoͤpffen koͤnnen/ und zwar die gerechtmachende Gna-
de/ zwar
privativam, die jenige Gnade/ dadurch das jenige/
ſo uns irret/ und fuͤr Gott verſtellet/ im Wege ligt/ nemlich
die leidige Suͤnde/ und dero ſchröckliche Straffe abgethan
und abgeleget wird/
heiſſet mit einem Worte: Der Ablaß der
Sůnden.
Davon wollen wir anietzo in der Furcht des Herren
handeln/ welches hochwichtige Geheimnuͤß/ daß wirs recht verſtehen/

wolle
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[134/0166] Die Eilffte zu Rom auff dem Rathhauſe man nur dreyerley Tafeln gehabt/ darauff die Rath-Herren ihre vota geſchrieben/ auff der eine ſtund der Buchſtaben D. bedeutet die Damnation oder Verdammung des Beklagten; auff der an- dern A. bedeutet die Abſolution, die Loß-Zehlung/ wann der Beklagte un- ſchuldig befunden/ und fuͤr quitt und loß zu ſprechen erkant worden; auff der dritten N.L. non liquet, bedentet daß die Sache noch nicht klar/ ſie ſey noch nicht außgemacht/ man muͤſſe dieſelbe zu weiterer deliberation ge- ſtellet ſeyn laſſen:) eine außer-ordentliche/ ſonderbare Tafel mit dem Buchſtaben I. notirt hinzu gethan/ ignotoriam genant/ die Verzeihungs- Tafel. Aber dieſes (I.) iſt viel zu ſtumpff und zu ſchwach in dem Goͤtt- lichen Gericht. Wie dann? Soll der arme beklagte und beſchuldigte Vbelthaͤter ſich Huͤlffe erholen bey der hochgebenedeyten Mutter Gottes des Herrn/ Jungfrauen Maria/ von welcher jener Fabel-Hanß Jacobus de Vora- gine getichtet/ daß man in allen Beſchwernuͤſſen an ſie gleichſam als an eine Herrſcherin und Koͤnigin appelliren ſoll/ wann man auch von Gott ſelbſt oder der Gerechtigkeit mit Vnrecht belaͤſtiget und beſchweret were. Ach nein! Maria iſt viel zu wenig/ ſie iſt ſelbſt die Κεχαριτωμένη paſſivè, ſie hat ſelbſt empfangen Gnad umb Gnad/ ſie muß ſich ſelbſt erfreuen uͤber ih- ren Heiland/ ſondern einen andern Gnaden-Thron hat uns Gott vorge- ſtellet/ einen warhafftigen Thron/ vorgebildet im Alten Teſtament/ einen eintzigen Gnaden-Stul/ der keinen Dagon neben ſich leidet/ das iſt der Mittler-Thron/ der Schutz-Thron/ der Verſoͤhnungs-Thron/ der Bet- Thron: Das iſt der offene Thron/ von welchem droben im erſton Articul gehoͤret. Exod. 25, 17. ſeqq. 1. Sum. 5, 3. 4. Rom. 3, 25. Dieſes iſt das ultimum refugium rei, die euſſerſte Burg und Schirm eines beklagten und im Geſetze verdammten Suͤnders/ an die Hoͤrner dieſes Gnaden-Throns muß er ſich halten/ der iſt mit dem Regen- bogen der Barmhertzigkeit gekroͤnet und umbgeben/ da finden wir gratiam _πρόσιτον, den rechten Gnaden-Stul/ dahin wir mit Freudigkeit treten/ und Gnade ſchoͤpffen koͤnnen/ und zwar die gerechtmachende Gna- de/ zwar privativam, die jenige Gnade/ dadurch das jenige/ ſo uns irret/ und fuͤr Gott verſtellet/ im Wege ligt/ nemlich die leidige Suͤnde/ und dero ſchröckliche Straffe abgethan und abgeleget wird/ heiſſet mit einem Worte: Der Ablaß der Sůnden. Davon wollen wir anietzo in der Furcht des Herren handeln/ welches hochwichtige Geheimnuͤß/ daß wirs recht verſtehen/ wolle Apoc. 4, 3. Hebr. 4, 16.

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus06_1657/166>, abgerufen am 21.11.2024.