Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657.Predigt. daß er niemahls keinen Kützel und reitzende böse Bewegung in seinemFleisch empfunden; im Gebett sich so andächtig erzeigt/ daß ihm keine distraction von frembden Gedancken niemahls ankommen/ und als Bel- larminus ihn gefragt/ wie das möglich seyn könne/ sagt er darauff/ er ver- wundere sich viel mehr/ daß wie es möglich seyn könne/ daß wir einig Ge- bett ohne Andacht ablegen können/ wann er bedenckt daß er mit Gott rede/ und für einer solchen hohen Göttlichen Majestät stehe. Jst dem also/ so muß sich St. Paulus der werthe/ hochgeliebte/ hochheilige Apostel Jesu Christi verkriechen/ stincken und Sünder seyn/ dessen Ejulate und erbärmliche Klage über sein Fleisch und Dienstbarkeit der Sünden in der Epistel an die Römer c. 7. bekant/ welches Capitul er gleichsam mit Thrä-Rom. 7. () l. de nat. & grat. c. 36, nen geschrieben. Aloysius mag wol Alazon heissen. () Augustin. lehret uns anders/ Si omnes sanctos & sanctas, cum heic viverent, congregare posse- mus & interrogare, utrum essent sine peccato, rogo nos, quantalibet fuerint in hoc corpore excellentia sanctitatis, si hoc interrogari potuis- sent, una voce clamassent, si dixerimus quoniam peccatum non habe- mus, nos ipsos seducimus, Hätte Gonzaga diesen Marien-Spiegel recht angesehen/ würde er die Folge leicht haben machen können. So die glorge- würdigste Mutter Gottes nicht ohne sündlichen Flecken und Mackel ge- lebet/ was bild ich armer Narr mir ein? 2. Gantz allerdings schön von aussen/ dieweil sie von der den J i i i 3
Predigt. daß er niemahls keinen Kuͤtzel und reitzende boͤſe Bewegung in ſeinemFleiſch empfunden; im Gebett ſich ſo andaͤchtig erzeigt/ daß ihm keine diſtraction von frembden Gedancken niemahls ankommen/ und als Bel- larminus ihn gefragt/ wie das moͤglich ſeyn koͤnne/ ſagt er darauff/ er ver- wundere ſich viel mehr/ daß wie es moͤglich ſeyn koͤnne/ daß wir einig Ge- bett ohne Andacht ablegen koͤnnen/ wann er bedenckt daß er mit Gott rede/ und fuͤr einer ſolchen hohen Goͤttlichen Majeſtaͤt ſtehe. Jſt dem alſo/ ſo muß ſich St. Paulus der werthe/ hochgeliebte/ hochheilige Apoſtel Jeſu Chriſti verkriechen/ ſtincken und Suͤnder ſeyn/ deſſen Ejulate und erbaͤrmliche Klage uͤber ſein Fleiſch und Dienſtbarkeit der Suͤnden in der Epiſtel an die Roͤmer c. 7. bekant/ welches Capitul er gleichſam mit Thraͤ-Rom. 7. () l. de nat. & grat. c. 36, nen geſchrieben. Aloyſius mag wol Alazon heiſſen. () Auguſtin. lehret uns anders/ Si omnes ſanctos & ſanctas, cum hîc viverent, congregare poſſe- mus & interrogare, utrum eſſent ſine peccato, rogo nos, quantalibet fuerint in hoc corpore excellentiâ ſanctitatis, ſi hoc interrogari potuiſ- ſent, unâ voce clamaſſent, ſi dixerimus quoniam peccatum non habe- mus, nos ipſos ſeducimus, Haͤtte Gonzaga dieſen Marien-Spiegel recht angeſehen/ wuͤrde er die Folge leicht haben machen koͤnnen. So die glorge- wuͤrdigſte Mutter Gottes nicht ohne ſuͤndlichen Flecken und Mackel ge- lebet/ was bild ich armer Narr mir ein? 2. Gantz allerdings ſchoͤn von auſſen/ dieweil ſie von der den J i i i 3
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Predigt.
daß er niemahls keinen Kuͤtzel und reitzende boͤſe Bewegung in ſeinem
Fleiſch empfunden; im Gebett ſich ſo andaͤchtig erzeigt/ daß ihm keine
diſtraction von frembden Gedancken niemahls ankommen/ und als Bel-
larminus ihn gefragt/ wie das moͤglich ſeyn koͤnne/ ſagt er darauff/ er ver-
wundere ſich viel mehr/ daß wie es moͤglich ſeyn koͤnne/ daß wir einig Ge-
bett ohne Andacht ablegen koͤnnen/ wann er bedenckt daß er mit Gott
rede/ und fuͤr einer ſolchen hohen Goͤttlichen Majeſtaͤt ſtehe. Jſt dem
alſo/ ſo muß ſich St. Paulus der werthe/ hochgeliebte/ hochheilige Apoſtel
Jeſu Chriſti verkriechen/ ſtincken und Suͤnder ſeyn/ deſſen Ejulate und
erbaͤrmliche Klage uͤber ſein Fleiſch und Dienſtbarkeit der Suͤnden in der
Epiſtel an die Roͤmer c. 7. bekant/ welches Capitul er gleichſam mit Thraͤ-
nen geſchrieben. Aloyſius mag wol Alazon heiſſen. () Auguſtin. lehret uns
anders/ Si omnes ſanctos & ſanctas, cum hîc viverent, congregare poſſe-
mus & interrogare, utrum eſſent ſine peccato, rogo nos, quantalibet
fuerint in hoc corpore excellentiâ ſanctitatis, ſi hoc interrogari potuiſ-
ſent, unâ voce clamaſſent, ſi dixerimus quoniam peccatum non habe-
mus, nos ipſos ſeducimus, Haͤtte Gonzaga dieſen Marien-Spiegel recht
angeſehen/ wuͤrde er die Folge leicht haben machen koͤnnen. So die glorge-
wuͤrdigſte Mutter Gottes nicht ohne ſuͤndlichen Flecken und Mackel ge-
lebet/ was bild ich armer Narr mir ein?
Rom. 7.
() l. de nat.
& grat.
c. 36,
2. Gantz allerdings ſchoͤn von auſſen/ dieweil ſie von der
Sonn der Gerechtigkeit Chriſto Jeſu ſich beleuchten und beſcheinen laſſen/
und dieſelbe angezogen. Es iſt auſſer Zweifel keine ſchoͤnere Creatur in
der Welt als die Sonn/ von dero Mon und andere Sternen ihren Glantz
ſchoͤpffen und bringen. Die Erde fuͤr ſich ſelbſt iſt ſchwartz/ wuͤſte und
unflaͤtig/ wann ſie aber das guͤldene Stuͤck der anſcheinenden und an-
lachenden Sonnen Glantz gleichſam als ein Kleid anziehet/ ſo leuchtet ſie/
ſie pranget in frembden habit, als waͤre ſie ein Stern ſelbſt: Wie dann
etliche dafuͤr halten/ daß wann durch die Vnmoͤgligkeit einer in des Mons
Hof hinauff fahren/ und von demſelben globo herab ſich ſolte umb-
ſchauen koͤnnen/ ſo wuͤrde ihm die von der Sonn angeleuchtete Erde an-
ders nicht fuͤrkommen als auch ein Mon oder Stern. Alſo weil auch
die Jungfrau Maria in der geiſtlichen conception und Empfaͤngnuͤß
durch den Glauben/ Jeſum Chriſtum die Sonne der Gerechtigkeit und
dero guͤldenes Stuͤck den Rock der vollkommenen Gerechtigkeit und Hei-
ligkeit angezogen/ von demſelben habit, ſplendor und Glantz erlangt/
ſo iſt ſie dadurch per immutationem gantz vollkom̃enlich heilig und gerecht
geſprochen worden. Die vollkom̃ene Gerechtigkeit Jeſu Chriſti iſt ihr durch
den
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