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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666.

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Die ein und zwantzigste

Darum habe ich noch ein mehrers zu sagen! Von der kleinen Catechismus-
Milch ist in voriger Predigt gnug gesagt und gehandelt worden. Folget
die starcke Speise der mehrern Vollkommenheit deß grössern Catechismi/
welche (noch halt unserer hiesigen Kirchen-Ordnung pag. 80.) nichts an-
ders ist/ denn eine nützliche und gründliche Erklärung deß
kleinen Catechismi/ daraus beydes die Lehrer und Zuhörer
Bericht empfangen mögen/ wie die Hauptstücke unserer
wahren Religion außzulegen und zu verstehen seyn/ in der
seligmachenden Erkäntnüß Gottes/
anzuzeigen/ wie die Christli-
che Lehrer ferner die gewachsenen Christen mit starcken Trachten abspeisen
sollen: Was starcke Speise heisse? wie dieselbe zu tractiren und auffzutra-
gen? ob sie auch nöthig seyn? Alles nach Anleitung der Apostolischen
Worte/ Hebr. 5/12. Und die ihr soltet längst Meister seyn/ be-
dörfft ihr wiederumb/ daß man euch die ersten Buchstaben der
Göttlichen Wort lehre/ und daß man euch noch Milch ge-
be/ und nicht starcke Speise/ etc.
Der HErr helffe! Amen.

WAs verstehet denn erstlich der Apostel durch die
starcke
(der Milch entgegen gesetzte) Speise? Das zeiget
nicht nur Christus der HERR selbst an parabolice und
Gleichnüßweise/ worin er das objectum und die Speise der geistlichen
Niessung/ das ist/ deß Glaubens-Manna/ Brod und Fleisch nennet/
Beym H. Evangelisten Johanne Cap. 6/49. 50. 51. Euere Väter
haben Manna gessen in der Wüsten und sind gestorben/ diß
ist das Brod/ das vom Himmel kompt/ auf daß/ wer davon
isset/ nicht sterbe. Jch bin das lebendige Brod vom Himmel
kommen/ wer von diesem Brod essen wird/ der wird leben in
Ewigkeit/ und das Brod/ das ich ihm geben werde/ ist mein
Fleisch/ welches ich geben werde für das Leben der Welt.

Das
hindert es unter dem Titul der Einfalt/ unter dero Decke er Blindmauß spielet/
reitzt diesen oder jenen Josuam, daß er aus fleischlichen affecten und blindem
Eiffer sagt: Wehre ihnen! Sie möchten allzugelehrt werden/ unser Wissen soll
Stückwerck seyn und bleiben: Solche höhere Sachen gehören in die Schul und
nicht auff die Cantzel. Auch die/ welche vorwenden/ unsere Vorfahren seyen
eben so wol selig worden/ als wir/ ob sie schon eben so viel Liechts nicht gehabt/ als
wie man heutiges Tags erfordern wil/ und was dergleichen Faulküssen mehr seye/
grad/ als wolte ein Student sagen/ er hätte nicht noth höher zu steigen/ sondern
mit dem/ was er im Gymnasio gelernt hat/ content zu seyn. Der Pfundwucher
sey umbsonst.
Die ein und zwantzigſte

Darum habe ich noch ein mehrers zu ſagen! Von der kleinen Catechiſmus-
Milch iſt in voriger Predigt gnug geſagt und gehandelt worden. Folget
die ſtarcke Speiſe der mehrern Vollkommenheit deß groͤſſern Catechiſmi/
welche (noch halt unſerer hieſigen Kirchen-Ordnung pag. 80.) nichts an-
ders iſt/ denn eine nuͤtzliche und gruͤndliche Erklaͤrung deß
kleinen Catechiſmi/ daraus beydes die Lehrer und Zuhoͤrer
Bericht empfangen moͤgen/ wie die Hauptſtuͤcke unſerer
wahren Religion außzulegen und zu verſtehen ſeyn/ in der
ſeligmachenden Erkaͤntnuͤß Gottes/
anzuzeigen/ wie die Chriſtli-
che Lehrer ferner die gewachſenen Chriſten mit ſtarcken Trachten abſpeiſen
ſollen: Was ſtarcke Speiſe heiſſe? wie dieſelbe zu tractiren und auffzutra-
gen? ob ſie auch noͤthig ſeyn? Alles nach Anleitung der Apoſtoliſchen
Worte/ Hebr. 5/12. Und die ihr ſoltet laͤngſt Meiſter ſeyn/ be-
doͤrfft ihr wiederumb/ daß man euch die erſten Buchſtaben der
Goͤttlichen Wort lehre/ und daß man euch noch Milch ge-
be/ und nicht ſtarcke Speiſe/ ꝛc.
Der HErr helffe! Amen.

WAs verſtehet denn erſtlich der Apoſtel durch die
ſtarcke
(der Milch entgegen geſetzte) Speiſe? Das zeiget
nicht nur Chriſtus der HERR ſelbſt an parabolicè und
Gleichnuͤßweiſe/ worin er das objectum und die Speiſe der geiſtlichen
Nieſſung/ das iſt/ deß Glaubens-Manna/ Brod und Fleiſch nennet/
Beym H. Evangeliſten Johanne Cap. 6/49. 50. 51. Euere Vaͤter
haben Manna geſſen in der Wuͤſten und ſind geſtorben/ diß
iſt das Brod/ das vom Himmel kompt/ auf daß/ wer davon
iſſet/ nicht ſterbe. Jch bin das lebendige Brod vom Himmel
kommen/ wer von dieſem Brod eſſen wird/ der wird leben in
Ewigkeit/ und das Brod/ das ich ihm geben werde/ iſt mein
Fleiſch/ welches ich geben werde fuͤr das Leben der Welt.

Das
hindert es unter dem Titul der Einfalt/ unter dero Decke er Blindmauß ſpielet/
reitzt dieſen oder jenen Joſuam, daß er aus fleiſchlichen affecten und blindem
Eiffer ſagt: Wehre ihnen! Sie moͤchten allzugelehrt werden/ unſer Wiſſen ſoll
Stuͤckwerck ſeyn und bleiben: Solche hoͤhere Sachen gehoͤren in die Schul und
nicht auff die Cantzel. Auch die/ welche vorwenden/ unſere Vorfahren ſeyen
eben ſo wol ſelig worden/ als wir/ ob ſie ſchon eben ſo viel Liechts nicht gehabt/ als
wie man heutiges Tags erfordern wil/ und was dergleichen Faulkuͤſſen mehr ſeye/
grad/ als wolte ein Student ſagen/ er haͤtte nicht noth hoͤher zu ſteigen/ ſondern
mit dem/ was er im Gymnaſio gelernt hat/ content zu ſeyn. Der Pfundwucher
ſey umbſonſt.
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[646/0670] Die ein und zwantzigſte (*) Darum habe ich noch ein mehrers zu ſagen! Von der kleinen Catechiſmus- Milch iſt in voriger Predigt gnug geſagt und gehandelt worden. Folget die ſtarcke Speiſe der mehrern Vollkommenheit deß groͤſſern Catechiſmi/ welche (noch halt unſerer hieſigen Kirchen-Ordnung pag. 80.) nichts an- ders iſt/ denn eine nuͤtzliche und gruͤndliche Erklaͤrung deß kleinen Catechiſmi/ daraus beydes die Lehrer und Zuhoͤrer Bericht empfangen moͤgen/ wie die Hauptſtuͤcke unſerer wahren Religion außzulegen und zu verſtehen ſeyn/ in der ſeligmachenden Erkaͤntnuͤß Gottes/ anzuzeigen/ wie die Chriſtli- che Lehrer ferner die gewachſenen Chriſten mit ſtarcken Trachten abſpeiſen ſollen: Was ſtarcke Speiſe heiſſe? wie dieſelbe zu tractiren und auffzutra- gen? ob ſie auch noͤthig ſeyn? Alles nach Anleitung der Apoſtoliſchen Worte/ Hebr. 5/12. Und die ihr ſoltet laͤngſt Meiſter ſeyn/ be- doͤrfft ihr wiederumb/ daß man euch die erſten Buchſtaben der Goͤttlichen Wort lehre/ und daß man euch noch Milch ge- be/ und nicht ſtarcke Speiſe/ ꝛc. Der HErr helffe! Amen. WAs verſtehet denn erſtlich der Apoſtel durch die ſtarcke (der Milch entgegen geſetzte) Speiſe? Das zeiget nicht nur Chriſtus der HERR ſelbſt an parabolicè und Gleichnuͤßweiſe/ worin er das objectum und die Speiſe der geiſtlichen Nieſſung/ das iſt/ deß Glaubens-Manna/ Brod und Fleiſch nennet/ Beym H. Evangeliſten Johanne Cap. 6/49. 50. 51. Euere Vaͤter haben Manna geſſen in der Wuͤſten und ſind geſtorben/ diß iſt das Brod/ das vom Himmel kompt/ auf daß/ wer davon iſſet/ nicht ſterbe. Jch bin das lebendige Brod vom Himmel kommen/ wer von dieſem Brod eſſen wird/ der wird leben in Ewigkeit/ und das Brod/ das ich ihm geben werde/ iſt mein Fleiſch/ welches ich geben werde fuͤr das Leben der Welt. Das (*) hindert es unter dem Titul der Einfalt/ unter dero Decke er Blindmauß ſpielet/ reitzt dieſen oder jenen Joſuam, daß er aus fleiſchlichen affecten und blindem Eiffer ſagt: Wehre ihnen! Sie moͤchten allzugelehrt werden/ unſer Wiſſen ſoll Stuͤckwerck ſeyn und bleiben: Solche hoͤhere Sachen gehoͤren in die Schul und nicht auff die Cantzel. Auch die/ welche vorwenden/ unſere Vorfahren ſeyen eben ſo wol ſelig worden/ als wir/ ob ſie ſchon eben ſo viel Liechts nicht gehabt/ als wie man heutiges Tags erfordern wil/ und was dergleichen Faulkuͤſſen mehr ſeye/ grad/ als wolte ein Student ſagen/ er haͤtte nicht noth hoͤher zu ſteigen/ ſondern mit dem/ was er im Gymnaſio gelernt hat/ content zu ſeyn. Der Pfundwucher ſey umbſonſt.

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666, S. 646. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus08_1666/670>, abgerufen am 22.11.2024.