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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666.

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Die ein und zwantzigste

dero gründliche Erkantnüß Gottes ist dem mehrsten Theil zu hoch und un-
begreifflich. Die Weltweisen belustigen sich mit ihren Arcanis, alle secre-
ta politica,
alle politische verborgene Ding außzuecken/ wie auch die Ge-
heimnüß der Natur/ die Geheimnüß allerhand Künsten außzudencken
und außzugründen ist ihnen angelegen; Aber wo bleibt das unum neces-
sarium,
das jenige nöthige Geheimnüß/ daran die Seligkeit hafftet/ deß
geoffenbahrten Gottes im Fleisch? da weiß Herodes nicht von/ dem ge-
meinen Mann gilts gleich/ er glaube/ was er wolle. Den Jüngern/ so
nach Emaus wanderten/ kam der Unterscheid deß Reichs Christi auch
schwer für/ dennoch schilt Christus ihre Unwissenheit. Was in die
Schule gehört/ das gehört auch consequenter auff die Cantzel/ als um
dero willen zu Dienste die Schule gebauet und gestifftet. Lieget nur an
der Dexterität im Fürtrag/ daß man menschlicher Weise davon rede/ und
die Speise lactificire. Sprichstu/ unser Wissen ist doch nur Stückwerck/
wir sehen jetzt durch einen Spiegel in einem dunckeln Wort/ derowegen
laß ichs billich beym nächsten bleiben/ spare die vollkommene Erkantnüß
in die höhere und himmlische Schule? Gerad als wann ein Discipul, der
von seinem Praeceptore einsmals gehört/ die Grammatica ist nur ein An-
fang der freyen Künsten/ ist nichts zurechnen gegen den höhern Facultä-
ten/ er deßhalben nicht weiter fortfahren wolte: Wie würde es seinem
Praeceptori gefallen? wird ein solcher Discipul der Ruthen entlauffen/ so
wird er doch einem guten Filtz nicht entgehen. Wahr ists/ die höchste Voll-
kommenheit der Erkantnüß Gottes/ und das Anschauen von Angesicht zu
Angesicht/ gehöret ins andere Leben: Aber darum müssen wir in dieser
untern Schule nicht träge seyn/ sondern/ was uns in dem Spiegel deß
Göttlichen Worts stückweise geoffenbahret/ mit Danck annehmen. Wer
in der Academi und Hohenschule wol bestehen wil/ der muß warhafftig
im Gymnasio und untern Schule das Fundament wol gelegt haben.
Einfältig Catechismus heißt der lautere/ wahre und klare/ und nicht/ der mit
Jrrthumm gemengt/ unter welchem Jrrthumm können verborgen liegen.
Solche Einfalt meynt der teutsche Mann/ wann er sagt: Jß/ was gar
ist/ trincke/ was klar ist/ rede/ was wahr ist.
Wer beym blossen
gemeinen rohen Wortlaut deß Catechismus bleibt/ ohne eigentlichen
rechten Verstand/ der bleibt nicht beym lauteren und klaren Catechismo/
sondern beym dunckeln Catechismo/ und ist nicht viel ein besserer Christ/
als der Papagey. Scripturae non in legendo consistit, sed in intelligende,
sagte vor Zeiten Hieron. aliud est simplicitas fidei, aliud implicitas, Esels-
Einfalt und Tauben-Einfalt sind zwey Ding. August. l. 9. C. D. c. 6. Unum

quae-
Die ein und zwantzigſte

dero gruͤndliche Erkantnuͤß Gottes iſt dem mehrſten Theil zu hoch und un-
begreifflich. Die Weltweiſen beluſtigen ſich mit ihren Arcanis, alle ſecre-
ta politica,
alle politiſche verborgene Ding außzuecken/ wie auch die Ge-
heimnuͤß der Natur/ die Geheimnuͤß allerhand Kuͤnſten außzudencken
und außzugruͤnden iſt ihnen angelegen; Aber wo bleibt das unum neceſ-
ſarium,
das jenige noͤthige Geheimnuͤß/ daran die Seligkeit hafftet/ deß
geoffenbahrten Gottes im Fleiſch? da weiß Herodes nicht von/ dem ge-
meinen Mann gilts gleich/ er glaube/ was er wolle. Den Juͤngern/ ſo
nach Emaus wanderten/ kam der Unterſcheid deß Reichs Chriſti auch
ſchwer fuͤr/ dennoch ſchilt Chriſtus ihre Unwiſſenheit. Was in die
Schule gehoͤrt/ das gehoͤrt auch conſequenter auff die Cantzel/ als um
dero willen zu Dienſte die Schule gebauet und geſtifftet. Lieget nur an
der Dexteritaͤt im Fuͤrtrag/ daß man menſchlicher Weiſe davon rede/ und
die Speiſe lactificire. Sprichſtu/ unſer Wiſſen iſt doch nur Stuͤckwerck/
wir ſehen jetzt durch einen Spiegel in einem dunckeln Wort/ derowegen
laß ichs billich beym naͤchſten bleiben/ ſpare die vollkommene Erkantnuͤß
in die hoͤhere und himmliſche Schule? Gerad als wann ein Diſcipul, der
von ſeinem Præceptore einsmals gehoͤrt/ die Grammatica iſt nur ein An-
fang der freyen Kuͤnſten/ iſt nichts zurechnen gegen den hoͤhern Facultaͤ-
ten/ er deßhalben nicht weiter fortfahren wolte: Wie wuͤrde es ſeinem
Præceptori gefallen? wird ein ſolcher Diſcipul der Ruthen entlauffen/ ſo
wird er doch einem guten Filtz nicht entgehen. Wahr iſts/ die hoͤchſte Voll-
kommenheit der Erkantnuͤß Gottes/ und das Anſchauen von Angeſicht zu
Angeſicht/ gehoͤret ins andere Leben: Aber darum muͤſſen wir in dieſer
untern Schule nicht traͤge ſeyn/ ſondern/ was uns in dem Spiegel deß
Goͤttlichen Worts ſtuͤckweiſe geoffenbahret/ mit Danck annehmen. Wer
in der Academi und Hohenſchule wol beſtehen wil/ der muß warhafftig
im Gymnaſio und untern Schule das Fundament wol gelegt haben.
Einfaͤltig Catechiſmus heißt der lautere/ wahre und klare/ und nicht/ der mit
Jrꝛthum̃ gemengt/ unter welchem Jrꝛthum̃ koͤnnen verborgen liegen.
Solche Einfalt meynt der teutſche Mann/ wann er ſagt: Jß/ was gar
iſt/ trincke/ was klar iſt/ rede/ was wahr iſt.
Wer beym bloſſen
gemeinen rohen Wortlaut deß Catechiſmus bleibt/ ohne eigentlichen
rechten Verſtand/ der bleibt nicht beym lauteren und klaren Catechiſmo/
ſondern beym dunckeln Catechiſmo/ und iſt nicht viel ein beſſerer Chriſt/
als der Papagey. Scripturæ non in legendo conſiſtit, ſed in intelligende,
ſagte vor Zeiten Hieron. aliud est ſimplicitas fidei, aliud implicitas, Eſels-
Einfalt und Tauben-Einfalt ſind zwey Ding. Auguſt. l. 9. C. D. c. 6. Unum

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[670/0694] Die ein und zwantzigſte dero gruͤndliche Erkantnuͤß Gottes iſt dem mehrſten Theil zu hoch und un- begreifflich. Die Weltweiſen beluſtigen ſich mit ihren Arcanis, alle ſecre- ta politica, alle politiſche verborgene Ding außzuecken/ wie auch die Ge- heimnuͤß der Natur/ die Geheimnuͤß allerhand Kuͤnſten außzudencken und außzugruͤnden iſt ihnen angelegen; Aber wo bleibt das unum neceſ- ſarium, das jenige noͤthige Geheimnuͤß/ daran die Seligkeit hafftet/ deß geoffenbahrten Gottes im Fleiſch? da weiß Herodes nicht von/ dem ge- meinen Mann gilts gleich/ er glaube/ was er wolle. Den Juͤngern/ ſo nach Emaus wanderten/ kam der Unterſcheid deß Reichs Chriſti auch ſchwer fuͤr/ dennoch ſchilt Chriſtus ihre Unwiſſenheit. Was in die Schule gehoͤrt/ das gehoͤrt auch conſequenter auff die Cantzel/ als um dero willen zu Dienſte die Schule gebauet und geſtifftet. Lieget nur an der Dexteritaͤt im Fuͤrtrag/ daß man menſchlicher Weiſe davon rede/ und die Speiſe lactificire. Sprichſtu/ unſer Wiſſen iſt doch nur Stuͤckwerck/ wir ſehen jetzt durch einen Spiegel in einem dunckeln Wort/ derowegen laß ichs billich beym naͤchſten bleiben/ ſpare die vollkommene Erkantnuͤß in die hoͤhere und himmliſche Schule? Gerad als wann ein Diſcipul, der von ſeinem Præceptore einsmals gehoͤrt/ die Grammatica iſt nur ein An- fang der freyen Kuͤnſten/ iſt nichts zurechnen gegen den hoͤhern Facultaͤ- ten/ er deßhalben nicht weiter fortfahren wolte: Wie wuͤrde es ſeinem Præceptori gefallen? wird ein ſolcher Diſcipul der Ruthen entlauffen/ ſo wird er doch einem guten Filtz nicht entgehen. Wahr iſts/ die hoͤchſte Voll- kommenheit der Erkantnuͤß Gottes/ und das Anſchauen von Angeſicht zu Angeſicht/ gehoͤret ins andere Leben: Aber darum muͤſſen wir in dieſer untern Schule nicht traͤge ſeyn/ ſondern/ was uns in dem Spiegel deß Goͤttlichen Worts ſtuͤckweiſe geoffenbahret/ mit Danck annehmen. Wer in der Academi und Hohenſchule wol beſtehen wil/ der muß warhafftig im Gymnaſio und untern Schule das Fundament wol gelegt haben. Einfaͤltig Catechiſmus heißt der lautere/ wahre und klare/ und nicht/ der mit Jrꝛthum̃ gemengt/ unter welchem Jrꝛthum̃ koͤnnen verborgen liegen. Solche Einfalt meynt der teutſche Mann/ wann er ſagt: Jß/ was gar iſt/ trincke/ was klar iſt/ rede/ was wahr iſt. Wer beym bloſſen gemeinen rohen Wortlaut deß Catechiſmus bleibt/ ohne eigentlichen rechten Verſtand/ der bleibt nicht beym lauteren und klaren Catechiſmo/ ſondern beym dunckeln Catechiſmo/ und iſt nicht viel ein beſſerer Chriſt/ als der Papagey. Scripturæ non in legendo conſiſtit, ſed in intelligende, ſagte vor Zeiten Hieron. aliud est ſimplicitas fidei, aliud implicitas, Eſels- Einfalt und Tauben-Einfalt ſind zwey Ding. Auguſt. l. 9. C. D. c. 6. Unum quæ-

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666, S. 670. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus08_1666/694>, abgerufen am 22.11.2024.