Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 9. Straßburg, 1672.Die Sechszehende wohnen und zuwachsen/ und wie er auff das mündliche Niessen das geist-liche bauen und gründen soll. Jch armer Mensch und Erd-Wurm/ mein Mund ein sündlicher Mund/ meine Zung ein Welt voll Ungerechtigkeit/ hie aber das Blut JEsu Christi/ dadurch sie geheiliget/ und dermaleins verkläret Gott loben und preisen soll! bin ich schon verlassen in der Welt/ hie ist die Mutter-Milch/ da schlotze ich an den Brüsten! Jch bin zwar verlohren und verdammt/ ich habe den Kröbiß noch im Magen von dem ersten Apffel-Biß/ hie aber ist der Baum des Lebens/ der Gnaden-Thron/ der Leben/ Trost und Vergebung der Sünden mittheilet/ und auff mich giessen und fliessen laßt! Jch hungere und dürste nach der Gerechtigkeit/ wie der Hirsch schreyet nach frischem Wasser/ so schreyet meine Seele Gott zu dir/ meine Seele dürstet nach Gott/ nach dem lebendigen Gott/ wie ein truckenes und dürres Land/ da kein Wasser ist. Hie ist der Tisch bereitet/ und darauff lauter Gutes und Barmhertzigkeit/ hie ist der Kelch voll eingeschenckt/ dadurch die Seele in Wollust fett kan werden! Was hat nun abermal ex opposito der übel- und falsch-reformiren- bräuch-
Die Sechszehende wohnen und zuwachſen/ und wie er auff das muͤndliche Nieſſen das geiſt-liche bauen und gruͤnden ſoll. Jch armer Menſch und Erd-Wurm/ mein Mund ein ſuͤndlicher Mund/ meine Zung ein Welt voll Ungerechtigkeit/ hie aber das Blut JEſu Chriſti/ dadurch ſie geheiliget/ und dermaleins verklaͤret Gott loben und preiſen ſoll! bin ich ſchon verlaſſen in der Welt/ hie iſt die Mutter-Milch/ da ſchlotze ich an den Bruͤſten! Jch bin zwar verlohren und verdam̃t/ ich habe den Kroͤbiß noch im Magen von dem erſten Apffel-Biß/ hie aber iſt der Baum des Lebens/ der Gnaden-Thron/ der Leben/ Troſt und Vergebung der Suͤnden mittheilet/ und auff mich gieſſen und flieſſen laßt! Jch hungere und duͤrſte nach der Gerechtigkeit/ wie der Hirſch ſchreyet nach friſchem Waſſer/ ſo ſchreyet meine Seele Gott zu dir/ meine Seele duͤrſtet nach Gott/ nach dem lebendigen Gott/ wie ein truckenes und duͤrres Land/ da kein Waſſer iſt. Hie iſt der Tiſch bereitet/ und darauff lauter Gutes und Barmhertzigkeit/ hie iſt der Kelch voll eingeſchenckt/ dadurch die Seele in Wolluſt fett kan werden! Was hat nun abermal ex oppoſito der uͤbel- und falſch-reformiren- braͤuch-
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Die Sechszehende
wohnen und zuwachſen/ und wie er auff das muͤndliche Nieſſen das geiſt-
liche bauen und gruͤnden ſoll. Jch armer Menſch und Erd-Wurm/ mein
Mund ein ſuͤndlicher Mund/ meine Zung ein Welt voll Ungerechtigkeit/
hie aber das Blut JEſu Chriſti/ dadurch ſie geheiliget/ und dermaleins
verklaͤret Gott loben und preiſen ſoll! bin ich ſchon verlaſſen in der Welt/
hie iſt die Mutter-Milch/ da ſchlotze ich an den Bruͤſten! Jch bin zwar
verlohren und verdam̃t/ ich habe den Kroͤbiß noch im Magen von dem
erſten Apffel-Biß/ hie aber iſt der Baum des Lebens/ der Gnaden-Thron/
der Leben/ Troſt und Vergebung der Suͤnden mittheilet/ und auff mich
gieſſen und flieſſen laßt! Jch hungere und duͤrſte nach der Gerechtigkeit/
wie der Hirſch ſchreyet nach friſchem Waſſer/ ſo ſchreyet meine Seele
Gott zu dir/ meine Seele duͤrſtet nach Gott/ nach dem lebendigen Gott/
wie ein truckenes und duͤrres Land/ da kein Waſſer iſt. Hie iſt der Tiſch
bereitet/ und darauff lauter Gutes und Barmhertzigkeit/ hie iſt der Kelch
voll eingeſchenckt/ dadurch die Seele in Wolluſt fett kan werden!
Was hat nun abermal ex oppoſito der uͤbel- und falſch-reformiren-
de Jrꝛ-Geiſt hie zu thun? Er poldert/ er laͤſtert/ er ſchaͤndet und ſchmaͤhet
auff dieſe Lehr auff das allergrimmigſt und gifftigſte. Beza nennet die
manducationem oralem und Mund-Sacramentliche Nieſſung duos
pilos caudæ equinæ, zwey Pferds-Haar: Pareus in ſeiner Friedens-
Sermon/ paleam oder ſtipulam, in qua nullum granum fidei & quæſtus
ſolatii, ein Sprey oder Stoppel/ in welcher kein Koͤrnlein des Glaubens/
und Gewinn des Troſts ſey. Steinius, idolum humani cerebri, lauter
Menſchen-Gedicht. Bergius, den eigentlichen Grund/ darauff die Meſſe
mit allen ihren Greueln gebauet. Maſſonius des Teuffels liebe Braut.
Er gibt fuͤr/ es ſeye 1. Cibus ventris, ein Bauch-Speiß/ ein Bauch-
Tranck/ dann was mit dem leiblichen Munde gegeſſen und getruncken
wird/ daſſelbe werde durch den Hals in den Magen eingeſchlungen/ und
komme alſo in den Bauch/ es geſchehe nun gleichwie es wolle/ natuͤrlicher
oder uͤbernatuͤrlicher/ irdiſcher oder himmliſcher/ begreifflicher oder unbe-
greifflicher weiſe. Grad/ als wañ alles was mit dem leiblichen Mund geſ-
ſen und getruncken wird/ ſtracks eine Bauch-Speiß und Bauch-Tranck
ſeyn muͤßte/ ſo raͤumlich und natuͤrlicher weiſe in den Magen kommen/
und darin verdaut werden ſolte. Hat nicht Chriſtus nach ſeiner Auffer-
ſtehung von den Todten mit ſeinem leiblichen Mund gegeſſen und ge-
truncken/ Luc. 24, 41. und iſt doch die von ihm genoſſene Speiß und
Tranck kein ſolche Bauch-Speiſe/ und kein ſolcher Tranck geweſen/ der
raͤum- und natuͤrlicher/ bey uns Menſchen auff Erden ins gemein ge-
braͤuch-
Darmſtad.
Gruͤndt.
Außfuͤhr.
pag. 759.
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Zitationshilfe: | Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 9. Straßburg, 1672, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus09_1672/390>, abgerufen am 16.07.2024. |