Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Eilffte Predigt
und gerecht/ daß Er uns die Sünde vergibt/ und reiniget uns
von aller Untugend. Es stehet auch grosse Gefahr darauff allen/ die
es unterlassen/ Psalm. 32., 5. wie es David erfahren/ darum saget er:
Da ichs wolte verschweigen/ verschmachten mir meine Ge-
beine. Und da sollen abgelegt werden sonderlich die bekandte und schwe-
re Sünden/ wie die Jsraeliten darinnen vorgegangen/ und zu Samuel ge-
sprochen: Bitte für deine Knechte den HErrn deinen GOtt/
daß wir nicht sterben. Dann über alle unsere Sünde haben
wir auch das Ubel gethan/ daß wir uns einen König gebetten
haben/ 1. Sam. 12, 19. Und damit niemand einwende/ Gott wisse vor-
hin alles wohl/ so gibt darauff Augustinus die Antwort l. 11. conf. 1. Num-
quid Domine, cum tua sit aeternitas, ignoras, quae tibi dico, aut ante tem-
pus vides, quod fit in tempore? cur ego tot tibi narrationes digero? &c.

Wie/ mein HErr und GOtt/ weil du ewig bist/ wustestu nicht/
was ich dir sage: oder siehestu nicht vor der Zeit/ was geschicht
in der Zeit? Warum hab ich dir so viel zu erzehlen? 2. Coram
proximo,
vor dem Nächsten/ den wir beleidiget/ und zwar zu allerforderst
vor der Kirchen/ als unserer Mutter/ die man geärgert/ welches eigentlich
die Kirchen-Buß heisset/ Matth. 18. wie Achan/ Jos. 7. Die Sünderin/
Luc. 7. der unzüchtige Blut-Schänder/ 1. Cor. 5, 5. 2. Cor. 2, 6, 7. solche
Buße thun müssen. Dahin auch zu ziehen confessio justa & politica, die
politische Beicht/ davon Jac. 5, 16. Bekenne einer dem andern seine
Sünde/ Matth. 5, 23. Wann du deine Gabe auff den Altar
opfferst/ und wirst allda eingedenck/ daß dein Bruder etwas
wider dich/ oder du wider ihn/ so laß allda für dem Altar deine
Gabe/ und gehe zuvor hin/ und versöhne dich mit deinem Bru-
der. Was/ sprichstu/ ist aber von der Beicht/ die man vor dem Kirchendie-
ner/ als seinem Beicht-Vater/ insonderheit und in geheim ableget/ zuhalten?
Antwort: Da muß man zwischen zweyen extremis durchseglen/ daß man
theils nicht zu hart darauff treibe/ und sie den Gewissen als schlechter dings
nothwendig aufftringe, theils aber sie nicht mit Calvino gar verwerffe/
und das Kind sampt dem Bad außschütte/ welcher defens. 2. contra
Westphal.
sagt: sie seye von dem Teuffel auß den stinckenden
Pfützen des Römischen Anti Christs in die Kirch eingeführet
worden. Nicht so streng und blind-eyfferig/ Calvine, mögen wir wohl
sagen; dann ist diese privat-Beicht/ wie wir selbst gestehen/ eben nicht bloß
von nöhten/ weil davon kein eigentlicher und deutlicher Befehl außtruck-
entlich gesetzt worden; doch gleichwol/ weil wir die Exempel in der Schrifft

2. Sam.

Die Eilffte Predigt
und gerecht/ daß Er uns die Suͤnde vergibt/ und reiniget uns
von aller Untugend. Es ſtehet auch groſſe Gefahr darauff allen/ die
es unterlaſſen/ Pſalm. 32., 5. wie es David erfahren/ darum ſaget er:
Da ichs wolte verſchweigen/ verſchmachten mir meine Ge-
beine. Und da ſollen abgelegt werden ſonderlich die bekandte und ſchwe-
re Suͤnden/ wie die Jſraeliten darinnen vorgegangen/ und zu Samuel ge-
ſprochen: Bitte fuͤr deine Knechte den HErꝛn deinen GOtt/
daß wir nicht ſterben. Dann uͤber alle unſere Suͤnde haben
wir auch das Ubel gethan/ daß wir uns einen Koͤnig gebetten
haben/ 1. Sam. 12, 19. Und damit niemand einwende/ Gott wiſſe vor-
hin alles wohl/ ſo gibt darauff Auguſtinus die Antwort l. 11. conf. 1. Num-
quid Domine, cum tua ſit æternitas, ignoras, quæ tibi dico, aut ante tem-
pus vides, quod fit in tempore? cur ego tot tibi narrationes digero? &c.

Wie/ mein HErꝛ und GOtt/ weil du ewig biſt/ wuſteſtu nicht/
was ich dir ſage: oder ſieheſtu nicht vor der Zeit/ was geſchicht
in der Zeit? Warum hab ich dir ſo viel zu erzehlen? 2. Coram
proximo,
vor dem Naͤchſten/ den wir beleidiget/ und zwar zu allerforderſt
vor der Kirchen/ als unſerer Mutter/ die man geaͤrgert/ welches eigentlich
die Kirchen-Buß heiſſet/ Matth. 18. wie Achan/ Joſ. 7. Die Suͤnderin/
Luc. 7. der unzuͤchtige Blut-Schaͤnder/ 1. Cor. 5, 5. 2. Cor. 2, 6, 7. ſolche
Buße thun muͤſſen. Dahin auch zu ziehen confeſſio juſta & politica, die
politiſche Beicht/ davon Jac. 5, 16. Bekenne einer dem andern ſeine
Suͤnde/ Matth. 5, 23. Wann du deine Gabe auff den Altar
opfferſt/ und wirſt allda eingedenck/ daß dein Bruder etwas
wider dich/ oder du wider ihn/ ſo laß allda fuͤr dem Altar deine
Gabe/ und gehe zuvor hin/ und verſoͤhne dich mit deinem Bru-
der. Was/ ſprichſtu/ iſt aber von der Beicht/ die man vor dem Kirchendie-
ner/ als ſeinem Beicht-Vater/ inſonderheit und in geheim ableget/ zuhaltẽ?
Antwort: Da muß man zwiſchen zweyen extremis durchſeglen/ daß man
theils nicht zu hart darauff treibe/ und ſie den Gewiſſen als ſchlechter dings
nothwendig aufftringe, theils aber ſie nicht mit Calvino gar verwerffe/
und das Kind ſampt dem Bad außſchuͤtte/ welcher defenſ. 2. contra
Weſtphal.
ſagt: ſie ſeye von dem Teuffel auß den ſtinckenden
Pfuͤtzen des Roͤmiſchen Anti Chriſts in die Kirch eingefuͤhret
worden. Nicht ſo ſtreng und blind-eyfferig/ Calvine, moͤgen wir wohl
ſagen; dann iſt dieſe privat-Beicht/ wie wir ſelbſt geſtehen/ eben nicht bloß
von noͤhten/ weil davon kein eigentlicher und deutlicher Befehl außtruck-
entlich geſetzt worden; doch gleichwol/ weil wir die Exempel in der Schrifft

2. Sam.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0110" n="92"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die Eilffte Predigt</hi></fw><lb/>
und gerecht/ daß Er uns die Su&#x0364;nde vergibt/ und reiniget uns<lb/>
von aller Untugend. Es &#x017F;tehet auch gro&#x017F;&#x017F;e Gefahr darauff allen/ die<lb/>
es unterla&#x017F;&#x017F;en/ P&#x017F;alm. 32., 5. wie es David erfahren/ darum &#x017F;aget er:<lb/>
Da ichs wolte ver&#x017F;chweigen/ ver&#x017F;chmachten mir meine Ge-<lb/>
beine. Und da &#x017F;ollen abgelegt werden &#x017F;onderlich die bekandte und &#x017F;chwe-<lb/>
re Su&#x0364;nden/ wie die J&#x017F;raeliten darinnen vorgegangen/ und zu Samuel ge-<lb/>
&#x017F;prochen: Bitte fu&#x0364;r deine Knechte den HEr&#xA75B;n deinen GOtt/<lb/>
daß wir nicht &#x017F;terben. Dann u&#x0364;ber alle un&#x017F;ere Su&#x0364;nde haben<lb/>
wir auch das Ubel gethan/ daß wir uns einen Ko&#x0364;nig gebetten<lb/>
haben/ 1. Sam. 12, 19. Und damit niemand einwende/ <hi rendition="#k">Gott</hi> wi&#x017F;&#x017F;e vor-<lb/>
hin alles wohl/ &#x017F;o gibt darauff <hi rendition="#aq">Augu&#x017F;tinus</hi> die Antwort <hi rendition="#aq">l. 11. conf. 1. Num-<lb/>
quid Domine, cum tua &#x017F;it æternitas, ignoras, quæ tibi dico, aut ante tem-<lb/>
pus vides, quod fit in tempore? cur ego tot tibi narrationes digero? &amp;c.</hi><lb/>
Wie/ mein HEr&#xA75B; und GOtt/ weil du ewig bi&#x017F;t/ wu&#x017F;te&#x017F;tu nicht/<lb/>
was ich dir &#x017F;age: oder &#x017F;iehe&#x017F;tu nicht vor der Zeit/ was ge&#x017F;chicht<lb/>
in der Zeit<hi rendition="#fr">?</hi> Warum hab ich dir &#x017F;o viel zu erzehlen<hi rendition="#fr">?</hi> 2. <hi rendition="#aq">Coram<lb/>
proximo,</hi> vor dem Na&#x0364;ch&#x017F;ten/ den wir beleidiget/ und zwar zu allerforder&#x017F;t<lb/>
vor der Kirchen/ als un&#x017F;erer Mutter/ die man gea&#x0364;rgert/ welches eigentlich<lb/>
die Kirchen-Buß hei&#x017F;&#x017F;et/ Matth. 18. wie Achan/ Jo&#x017F;. 7. Die Su&#x0364;nderin/<lb/>
Luc. 7. der unzu&#x0364;chtige Blut-Scha&#x0364;nder/ 1. Cor. 5, 5. 2. Cor. 2, 6, 7. &#x017F;olche<lb/>
Buße thun mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Dahin auch zu ziehen <hi rendition="#aq">confe&#x017F;&#x017F;io ju&#x017F;ta &amp; politica,</hi> die<lb/>
politi&#x017F;che Beicht/ davon Jac. 5, 16. Bekenne einer dem andern &#x017F;eine<lb/>
Su&#x0364;nde/ Matth. 5, 23. Wann du deine Gabe auff den Altar<lb/>
opffer&#x017F;t/ und wir&#x017F;t allda eingedenck/ daß dein Bruder etwas<lb/>
wider dich/ oder du wider ihn/ &#x017F;o laß allda fu&#x0364;r dem Altar deine<lb/>
Gabe/ und gehe zuvor hin/ und ver&#x017F;o&#x0364;hne dich mit deinem Bru-<lb/>
der. Was/ &#x017F;prich&#x017F;tu/ i&#x017F;t aber von der Beicht/ die man vor dem Kirchendie-<lb/>
ner/ als &#x017F;einem Beicht-Vater/ in&#x017F;onderheit und in geheim ableget/ zuhalte&#x0303;?<lb/>
Antwort: Da muß man zwi&#x017F;chen zweyen <hi rendition="#aq">extremis</hi> durch&#x017F;eglen/ daß man<lb/>
theils nicht zu hart darauff treibe/ und &#x017F;ie den Gewi&#x017F;&#x017F;en als &#x017F;chlechter dings<lb/>
nothwendig aufftringe, theils aber &#x017F;ie nicht mit <hi rendition="#aq">Calvino</hi> gar verwerffe/<lb/>
und das Kind &#x017F;ampt dem Bad auß&#x017F;chu&#x0364;tte/ welcher <hi rendition="#aq">defen&#x017F;. 2. contra<lb/>
We&#x017F;tphal.</hi> &#x017F;agt: &#x017F;ie &#x017F;eye von dem Teuffel auß den &#x017F;tinckenden<lb/>
Pfu&#x0364;tzen des Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Anti Chri&#x017F;ts in die Kirch eingefu&#x0364;hret<lb/>
worden. Nicht &#x017F;o &#x017F;treng und blind-eyfferig/ <hi rendition="#aq">Calvine,</hi> mo&#x0364;gen wir wohl<lb/>
&#x017F;agen; dann i&#x017F;t die&#x017F;e privat-Beicht/ wie wir &#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;tehen/ eben nicht bloß<lb/>
von no&#x0364;hten/ weil davon kein eigentlicher und deutlicher Befehl außtruck-<lb/>
entlich ge&#x017F;etzt worden; doch gleichwol/ weil wir die Exempel in der Schrifft<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">2. Sam.</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[92/0110] Die Eilffte Predigt und gerecht/ daß Er uns die Suͤnde vergibt/ und reiniget uns von aller Untugend. Es ſtehet auch groſſe Gefahr darauff allen/ die es unterlaſſen/ Pſalm. 32., 5. wie es David erfahren/ darum ſaget er: Da ichs wolte verſchweigen/ verſchmachten mir meine Ge- beine. Und da ſollen abgelegt werden ſonderlich die bekandte und ſchwe- re Suͤnden/ wie die Jſraeliten darinnen vorgegangen/ und zu Samuel ge- ſprochen: Bitte fuͤr deine Knechte den HErꝛn deinen GOtt/ daß wir nicht ſterben. Dann uͤber alle unſere Suͤnde haben wir auch das Ubel gethan/ daß wir uns einen Koͤnig gebetten haben/ 1. Sam. 12, 19. Und damit niemand einwende/ Gott wiſſe vor- hin alles wohl/ ſo gibt darauff Auguſtinus die Antwort l. 11. conf. 1. Num- quid Domine, cum tua ſit æternitas, ignoras, quæ tibi dico, aut ante tem- pus vides, quod fit in tempore? cur ego tot tibi narrationes digero? &c. Wie/ mein HErꝛ und GOtt/ weil du ewig biſt/ wuſteſtu nicht/ was ich dir ſage: oder ſieheſtu nicht vor der Zeit/ was geſchicht in der Zeit? Warum hab ich dir ſo viel zu erzehlen? 2. Coram proximo, vor dem Naͤchſten/ den wir beleidiget/ und zwar zu allerforderſt vor der Kirchen/ als unſerer Mutter/ die man geaͤrgert/ welches eigentlich die Kirchen-Buß heiſſet/ Matth. 18. wie Achan/ Joſ. 7. Die Suͤnderin/ Luc. 7. der unzuͤchtige Blut-Schaͤnder/ 1. Cor. 5, 5. 2. Cor. 2, 6, 7. ſolche Buße thun muͤſſen. Dahin auch zu ziehen confeſſio juſta & politica, die politiſche Beicht/ davon Jac. 5, 16. Bekenne einer dem andern ſeine Suͤnde/ Matth. 5, 23. Wann du deine Gabe auff den Altar opfferſt/ und wirſt allda eingedenck/ daß dein Bruder etwas wider dich/ oder du wider ihn/ ſo laß allda fuͤr dem Altar deine Gabe/ und gehe zuvor hin/ und verſoͤhne dich mit deinem Bru- der. Was/ ſprichſtu/ iſt aber von der Beicht/ die man vor dem Kirchendie- ner/ als ſeinem Beicht-Vater/ inſonderheit und in geheim ableget/ zuhaltẽ? Antwort: Da muß man zwiſchen zweyen extremis durchſeglen/ daß man theils nicht zu hart darauff treibe/ und ſie den Gewiſſen als ſchlechter dings nothwendig aufftringe, theils aber ſie nicht mit Calvino gar verwerffe/ und das Kind ſampt dem Bad außſchuͤtte/ welcher defenſ. 2. contra Weſtphal. ſagt: ſie ſeye von dem Teuffel auß den ſtinckenden Pfuͤtzen des Roͤmiſchen Anti Chriſts in die Kirch eingefuͤhret worden. Nicht ſo ſtreng und blind-eyfferig/ Calvine, moͤgen wir wohl ſagen; dann iſt dieſe privat-Beicht/ wie wir ſelbſt geſtehen/ eben nicht bloß von noͤhten/ weil davon kein eigentlicher und deutlicher Befehl außtruck- entlich geſetzt worden; doch gleichwol/ weil wir die Exempel in der Schrifft 2. Sam.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673/110
Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673/110>, abgerufen am 21.11.2024.