Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673.Die Erste Predigt sonderlich drey/ der ungerathene/ verlohrne aber bußfertige Sohn/der repraesentiret dich/ mich/ und einen jeden unter uns/ es beredt sich ja niemand/ ob seye er um viel Haar besser/ wir haben leider alle mit Gott den verlohrnen Sohn gespielt/ wiewol einer sein Person besser oder viel- mehr ärger vertretten/ als der andere; ah perdite vixi, ich habe schlimm gelebt! müssen wir alle sagen. 2. Der Vater des verlohrnen Sohns praesentiret den himmlischen Vater/ der agirt daselbs seine Per- son/ öffnet sein Vater-Hertz fast nirgend in der gantzen Bibel so klar/ so be- weglich als allhie/ indem er seinem Sohn/ als er noch ferne geweßt/ entge- gen gangen/ ihm um den Hals gefallen und geküsset/ seiner sich erbarmet/ und befohlen/ ihme das beste Kleid/ einen Fingerreiff und Schuch zu bringen/ und ein gemästet Kalb zu schlachten. 3. Der Bruder des verlohrnen Sohns seind die jenige grosse Heiligen/ die ihrer Einbildung nach nie kein Wasser betrübet/ die nicht noth haben zu betten auß Psal. 25. Gedencke nicht HErr der Sünde meiner Jugend und meiner Ubertrettung; Werffens auch bußfertigen Sündern für/ nachdem sie mit Gott sich außgesöhnet. Seind eine rechte idea und Muster der alten Pelagianer und Novatianer/ und der heutigen päpstischen Semi- Pelagianer: die meynen/ sie bedörffen keiner Buß/ und wollen durch und durch recht haben. Ein lebendiges Controfet und Bildnuß der geist- lichen Hoffart und des schnöden Pharisaismi, davon aber zu seiner Zeit gründlich wird gehandelt werden. V. Kommen endlich dazu die folia und Emblemata, die Bey- und Hier stehet nun/ M.L. der herrliche Parabolist/ Ach welch ein Meister Un-
Die Erſte Predigt ſonderlich drey/ der ungerathene/ verlohrne aber bußfertige Sohn/der repræſentiret dich/ mich/ und einen jeden unter uns/ es beredt ſich ja niemand/ ob ſeye er um viel Haar beſſer/ wir haben leider alle mit Gott den verlohrnen Sohn geſpielt/ wiewol einer ſein Perſon beſſer oder viel- mehr aͤrger vertretten/ als der andere; ah perditè vixi, ich habe ſchlimm gelebt! muͤſſen wir alle ſagen. 2. Der Vater des verlohrnen Sohns præſentiret den himmliſchen Vater/ der agirt daſelbs ſeine Per- ſon/ oͤffnet ſein Vater-Hertz faſt nirgend in der gantzen Bibel ſo klar/ ſo be- weglich als allhie/ indem er ſeinem Sohn/ als er noch ferne geweßt/ entge- gen gangen/ ihm um den Hals gefallen und gekuͤſſet/ ſeiner ſich erbarmet/ und befohlen/ ihme das beſte Kleid/ einen Fingerreiff und Schuch zu bringen/ und ein gemaͤſtet Kalb zu ſchlachten. 3. Der Bruder des verlohrnen Sohns ſeind die jenige groſſe Heiligen/ die ihrer Einbildung nach nie kein Waſſer betruͤbet/ die nicht noth haben zu betten auß Pſal. 25. Gedencke nicht HErꝛ der Suͤnde meiner Jugend und meiner Ubertrettung; Werffens auch bußfertigen Suͤndern fuͤr/ nachdem ſie mit Gott ſich außgeſoͤhnet. Seind eine rechte idea und Muſter der alten Pelagianer und Novatianer/ und der heutigen paͤpſtiſchen Semi- Pelagianer: die meynen/ ſie bedoͤrffen keiner Buß/ und wollen durch und durch recht haben. Ein lebendiges Controfet und Bildnuß der geiſt- lichen Hoffart und des ſchnoͤden Phariſaiſmi, davon aber zu ſeiner Zeit gruͤndlich wird gehandelt werden. V. Kommen endlich dazu die folia und Emblemata, die Bey- und Hier ſtehet nun/ M.L. der herꝛliche Paraboliſt/ Ach welch ein Meiſter Un-
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Die Erſte Predigt
ſonderlich drey/ der ungerathene/ verlohrne aber bußfertige Sohn/
der repræſentiret dich/ mich/ und einen jeden unter uns/ es beredt ſich ja
niemand/ ob ſeye er um viel Haar beſſer/ wir haben leider alle mit Gott
den verlohrnen Sohn geſpielt/ wiewol einer ſein Perſon beſſer oder viel-
mehr aͤrger vertretten/ als der andere; ah perditè vixi, ich habe ſchlimm
gelebt! muͤſſen wir alle ſagen. 2. Der Vater des verlohrnen
Sohns præſentiret den himmliſchen Vater/ der agirt daſelbs ſeine Per-
ſon/ oͤffnet ſein Vater-Hertz faſt nirgend in der gantzen Bibel ſo klar/ ſo be-
weglich als allhie/ indem er ſeinem Sohn/ als er noch ferne geweßt/ entge-
gen gangen/ ihm um den Hals gefallen und gekuͤſſet/ ſeiner ſich erbarmet/
und befohlen/ ihme das beſte Kleid/ einen Fingerreiff und Schuch zu
bringen/ und ein gemaͤſtet Kalb zu ſchlachten. 3. Der Bruder des
verlohrnen Sohns ſeind die jenige groſſe Heiligen/ die ihrer Einbildung
nach nie kein Waſſer betruͤbet/ die nicht noth haben zu betten auß Pſal. 25.
Gedencke nicht HErꝛ der Suͤnde meiner Jugend und meiner
Ubertrettung; Werffens auch bußfertigen Suͤndern fuͤr/ nachdem
ſie mit Gott ſich außgeſoͤhnet. Seind eine rechte idea und Muſter der
alten Pelagianer und Novatianer/ und der heutigen paͤpſtiſchen Semi-
Pelagianer: die meynen/ ſie bedoͤrffen keiner Buß/ und wollen durch
und durch recht haben. Ein lebendiges Controfet und Bildnuß der geiſt-
lichen Hoffart und des ſchnoͤden Phariſaiſmi, davon aber zu ſeiner Zeit
gruͤndlich wird gehandelt werden.
V. Kommen endlich dazu die folia und Emblemata, die Bey- und
Neben-Perſonen/ die Neben-Gemaͤhld/ die zwar zum eigentlichen Weſen
und Zweck nicht gehoͤren/ werden aber ad complendam parabolam,
die Gleichnuß zu ergaͤntzen mit eingefuͤhret/ derſelben eine Geſtalt zu geben/
darinnen man eben nicht alles außeckeln muß/ wie bißweilen muͤſſige Leute
zu thun pflegen. Als da iſt die condition des fremden Landes/ dahin er
gezogen/ die Huren/ mit denen er ſein Gut verthan/ der Burger des Lands/
an den er ſich gehaͤnget/ die Tagloͤhner/ die Brod die Fuͤlle haben/ die Spiel-
leut/ die er bey der Mahlzeit gehalten/ die Knechte/ Kleid/ Finggerreiff
und Schuch/ und dergleichen.
Hier ſtehet nun/ M.L. der herꝛliche Paraboliſt/ Ach welch ein Meiſter
zu lehren! allen Predigern/ ſonderlich aber Theologiæ Studioſis zu einem
dapffern Lehrmeiſter/ und weiſet den rechten Hand-Griff/ wie man nach
ſeinem Exempel lehren ſoll. Quid I. docendum, was man fuͤrtragen
ſoll/ nicht Menſchen-Tand/ nicht weltliche/ heydniſche Hiſtorien/ die Ohr-
en damit zu grauen/ nicht lauter moralia und legalia, vom Geitz/ Wucher/
Un-
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