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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673.

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Vom Gewalt der Schlüssel.
So beschwerlich war es Simson nicht/ da er muste mahlen im Gefängnuß
und Roß-Arbeit thun; den Kindern Jsrael ihr harter Stand/ da sie zu un-
erschwinglichen Frondiensten angehalten wurden/ und noch hentiges Ta-
ges denen/ die auff Galeen geschmiedet und unbarmhertzig geschlagen wer-
den/ es ist dieser geistliche Jammer noch drüber. Marco der Arethusier
Bischoff/ wurde zur Zeit Juliani diese Marter angethan: Man schloß
ihn in ein eyssern gegittert Keffig/ zog ihn nacket auß/ band ihm Hände
und Füße/ bestreichet ihn mit Honig/ hängt ihn also im Keffig auff an die
Sonne/ daß Jmmen/ Hummeln/ Schnacken/ Käffer in grosser Mänge
zu geflogen/ und ihn jämmerlich gemartert/ biß er daran gestorben: Also
ist unser sündliches Leben ein solch Gefängnuß/ da immer eines dem an-
dern die Hand bietet.

IV. Infinitam & impeditam. Jch fiel auch immer tieffer drein/ ein
übels Gefängnuß war das Gefängnuß Jeremiae/ Jer. 38, 6. das war eine
Grube ohne Wasser/ ein Schlamm/ und er sanck in den Schlamm. Also
klaget die Kirch Zach. 9, 11. Du lässest durchs Blut deines Bun-
des auß deine Gefangene/ auß der Gruben/ da kein Wasser in-
nen ist. Keine Hoffnung/ kein Trost-Wasser/ sondern ein immerwäh-
render Labyrinth und Jrrgarten. Das ist der Stand eines Menschen
ausser der Gande GOttes/ so sind wir von Natur allesampt arme Gefan-
gene Leute/ und laßt sich damit nicht schertzen. Auß diesem Labyrinth uns
zu erlösen/ ist nicht nur Christus vom Himmel herab kommen/ und hat die
Rantzion bezahlt/ sondern hat auch den Schlüssel-Gewalt eingesetzet/ und
den Löß-Schlüssel verordnet/ von dem wir heut acht Tag mit einander ge-
handelt. Nun wollen wir erwegen Objecta clavis solventis, und dem-
nach die Frag: Qui solvendi? Wer des Löß-Schlüssels fähig?
erörtern. Gott gebe darzu Gnad und Segen! Amen.

GEliebte in Christo. Anfangs nun/ wann der Herr sagt:
Welchen ihr die Sünde vergebet/ denen sind sie verge-
ben: So ist das ein außgemachter Handel/ daß in des Predi-
gers Macht nicht stehet/ nach seinem Belieben Sünde zu vergeben/ sondern
er ist gewiesen auff gewisse condition und Bedingung/ die aber dem/ so
absolviret wird/ am besten bekommt. Es pfleget zwar der Prediger die Ab-
solution zu sprechen allen die sich anmelden/ auß Liebe/ die alles hoffet und
glaubet: Er ist kein Hertzen-Kündiger. Jst nun die Buß rechtschaffen/
stimmet Hertz und Mund überein/ so ist die Vergebung für GOtt kräfftig:
Jst die Buß falsch/ so ist die Absolution nichts/ sie gilt nicht/ Prediger sind
nicht Herren/ sondern Oeconomi, Haußhalter/ 1. Cor. 4, 1. Jst derowegen

der

Vom Gewalt der Schluͤſſel.
So beſchwerlich war es Simſon nicht/ da er muſte mahlen im Gefaͤngnuß
und Roß-Arbeit thun; den Kindern Jſrael ihr harter Stand/ da ſie zu un-
erſchwinglichen Frondienſten angehalten wurden/ und noch hentiges Ta-
ges denen/ die auff Galeen geſchmiedet und unbarmhertzig geſchlagen wer-
den/ es iſt dieſer geiſtliche Jammer noch druͤber. Marco der Arethuſier
Biſchoff/ wurde zur Zeit Juliani dieſe Marter angethan: Man ſchloß
ihn in ein eyſſern gegittert Keffig/ zog ihn nacket auß/ band ihm Haͤnde
und Fuͤße/ beſtreichet ihn mit Honig/ haͤngt ihn alſo im Keffig auff an die
Sonne/ daß Jmmen/ Hummeln/ Schnacken/ Kaͤffer in groſſer Maͤnge
zu geflogen/ und ihn jaͤmmerlich gemartert/ biß er daran geſtorben: Alſo
iſt unſer ſuͤndliches Leben ein ſolch Gefaͤngnuß/ da immer eines dem an-
dern die Hand bietet.

IV. Infinitam & impeditam. Jch fiel auch immer tieffer drein/ ein
uͤbels Gefaͤngnuß war das Gefaͤngnuß Jeremiæ/ Jer. 38, 6. das war eine
Grube ohne Waſſer/ ein Schlamm/ und er ſanck in den Schlamm. Alſo
klaget die Kirch Zach. 9, 11. Du laͤſſeſt durchs Blut deines Bun-
des auß deine Gefangene/ auß der Gruben/ da kein Waſſer in-
nen iſt. Keine Hoffnung/ kein Troſt-Waſſer/ ſondern ein immerwaͤh-
render Labyrinth und Jrꝛgarten. Das iſt der Stand eines Menſchen
auſſer der Gande GOttes/ ſo ſind wir von Natur alleſampt arme Gefan-
gene Leute/ und laßt ſich damit nicht ſchertzen. Auß dieſem Labyrinth uns
zu erloͤſen/ iſt nicht nur Chriſtus vom Himmel herab kommen/ und hat die
Rantzion bezahlt/ ſondern hat auch den Schluͤſſel-Gewalt eingeſetzet/ und
den Loͤß-Schluͤſſel verordnet/ von dem wir heut acht Tag mit einander ge-
handelt. Nun wollen wir erwegen Objecta clavis ſolventis, und dem-
nach die Frag: Qui ſolvendi? Wer des Loͤß-Schluͤſſels faͤhig?
eroͤrtern. Gott gebe darzu Gnad und Segen! Amen.

GEliebte in Chriſto. Anfangs nun/ wann der Herr ſagt:
Welchen ihr die Suͤnde vergebet/ denen ſind ſie verge-
ben: So iſt das ein außgemachter Handel/ daß in des Predi-
gers Macht nicht ſtehet/ nach ſeinem Belieben Suͤnde zu vergeben/ ſondern
er iſt gewieſen auff gewiſſe condition und Bedingung/ die aber dem/ ſo
abſolviret wird/ am beſten bekom̃t. Es pfleget zwar der Prediger die Ab-
ſolution zu ſprechen allen die ſich anmelden/ auß Liebe/ die alles hoffet und
glaubet: Er iſt kein Hertzen-Kuͤndiger. Jſt nun die Buß rechtſchaffen/
ſtimmet Hertz und Mund uͤberein/ ſo iſt die Vergebung fuͤr GOtt kraͤfftig:
Jſt die Buß falſch/ ſo iſt die Abſolution nichts/ ſie gilt nicht/ Prediger ſind
nicht Herren/ ſondern Oeconomi, Haußhalter/ 1. Cor. 4, 1. Jſt derowegen

der
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[247/0265] Vom Gewalt der Schluͤſſel. So beſchwerlich war es Simſon nicht/ da er muſte mahlen im Gefaͤngnuß und Roß-Arbeit thun; den Kindern Jſrael ihr harter Stand/ da ſie zu un- erſchwinglichen Frondienſten angehalten wurden/ und noch hentiges Ta- ges denen/ die auff Galeen geſchmiedet und unbarmhertzig geſchlagen wer- den/ es iſt dieſer geiſtliche Jammer noch druͤber. Marco der Arethuſier Biſchoff/ wurde zur Zeit Juliani dieſe Marter angethan: Man ſchloß ihn in ein eyſſern gegittert Keffig/ zog ihn nacket auß/ band ihm Haͤnde und Fuͤße/ beſtreichet ihn mit Honig/ haͤngt ihn alſo im Keffig auff an die Sonne/ daß Jmmen/ Hummeln/ Schnacken/ Kaͤffer in groſſer Maͤnge zu geflogen/ und ihn jaͤmmerlich gemartert/ biß er daran geſtorben: Alſo iſt unſer ſuͤndliches Leben ein ſolch Gefaͤngnuß/ da immer eines dem an- dern die Hand bietet. IV. Infinitam & impeditam. Jch fiel auch immer tieffer drein/ ein uͤbels Gefaͤngnuß war das Gefaͤngnuß Jeremiæ/ Jer. 38, 6. das war eine Grube ohne Waſſer/ ein Schlamm/ und er ſanck in den Schlamm. Alſo klaget die Kirch Zach. 9, 11. Du laͤſſeſt durchs Blut deines Bun- des auß deine Gefangene/ auß der Gruben/ da kein Waſſer in- nen iſt. Keine Hoffnung/ kein Troſt-Waſſer/ ſondern ein immerwaͤh- render Labyrinth und Jrꝛgarten. Das iſt der Stand eines Menſchen auſſer der Gande GOttes/ ſo ſind wir von Natur alleſampt arme Gefan- gene Leute/ und laßt ſich damit nicht ſchertzen. Auß dieſem Labyrinth uns zu erloͤſen/ iſt nicht nur Chriſtus vom Himmel herab kommen/ und hat die Rantzion bezahlt/ ſondern hat auch den Schluͤſſel-Gewalt eingeſetzet/ und den Loͤß-Schluͤſſel verordnet/ von dem wir heut acht Tag mit einander ge- handelt. Nun wollen wir erwegen Objecta clavis ſolventis, und dem- nach die Frag: Qui ſolvendi? Wer des Loͤß-Schluͤſſels faͤhig? eroͤrtern. Gott gebe darzu Gnad und Segen! Amen. GEliebte in Chriſto. Anfangs nun/ wann der Herr ſagt: Welchen ihr die Suͤnde vergebet/ denen ſind ſie verge- ben: So iſt das ein außgemachter Handel/ daß in des Predi- gers Macht nicht ſtehet/ nach ſeinem Belieben Suͤnde zu vergeben/ ſondern er iſt gewieſen auff gewiſſe condition und Bedingung/ die aber dem/ ſo abſolviret wird/ am beſten bekom̃t. Es pfleget zwar der Prediger die Ab- ſolution zu ſprechen allen die ſich anmelden/ auß Liebe/ die alles hoffet und glaubet: Er iſt kein Hertzen-Kuͤndiger. Jſt nun die Buß rechtſchaffen/ ſtimmet Hertz und Mund uͤberein/ ſo iſt die Vergebung fuͤr GOtt kraͤfftig: Jſt die Buß falſch/ ſo iſt die Abſolution nichts/ ſie gilt nicht/ Prediger ſind nicht Herren/ ſondern Oeconomi, Haußhalter/ 1. Cor. 4, 1. Jſt derowegen der

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673/265>, abgerufen am 22.11.2024.