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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673.

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Vom Gewalt der Schlüssel.
Klag. Ein gut Wort findet eine gute statt. 5. Elencho fraterno, brü-
derlich/ sündiget dein Bruder an dir. Gedenck/ daß er dein Bru-
der ist/ durch die natürliche Geburt und geistliche Wiedergeburt/ durch Ge-
meinschafft des Glaubens. Wegen des natürlichen Geblüts/ in mas-
sen von einem Blut aller Menschen Geschlecht auff dem gan-
tzen Erdboden wohnen/ Act. 17. Durch das Blut JEsu Christi/
als der alle Menschen damit erlöset. Nun aber begehret nicht leichtlich ein
Bruder den andern zu verschreyen/ eben darum/ weil er sein Bruder ist.
Ein schönes Exempel lesen wir Gen. 13. da sich allerhand Mißverstand we-
gen der Weid unter den Hirten Abrahams und Loths erhoben/ so sagt Abra-
ham: Lieber/ laß nicht Zanck zwischen mir und dir/ zwischen
meinen und deinen Hirten seyn/ dann wir seynd Gebrüdere.
Stehet dir nicht alles Land offen? Lieber scheide dich von mir.
Wilt du zur Lincken/ so will ich zur Rechten/ oder/ wilt du zur
Rechten/ so will ich zur Lincken? Also scheidete sich ein Bruder
von dem andern. Hier komt 1. Abraham zuvor/ 2. überweißt er den Loth
mit Argumenten. 3. Thut ers in geheim. 4. Suchet er Frieden. 5. Han-
delt er brüderlich. Si juvenem aliquem injustum vel superstitiosum The-
ologum adhibuisset in consiliis, is eum exhortatus esset, ne cederet, sed
potius urgeret jus suum, sibi enim promissionem terrae esse factam,

spricht ein Außleger. Das ist: Wann er einen ungerechten Jüng-
ling oder aberglaubischen Theologum zu rath gefraget hätte/
hätte vielleicht derselbe ihm zugesprochen/ er solle nicht weichen/
auff sein Recht trutzen/ dann ihm wäre das Land versprochen
worden. Er solle ihn nicht ansehen/ weder ihme selbs noch der Posterität
kein beschwerlich praejudicium auffbürden. Aber Abraham gedencket/
summum jus summa injuria, das höchste Recht seye die höchste Unbillich-
keit/ gar zu härtig machet schärtig. Um des lieben Friedens willen cedit
avunculus nepoti, senior juniori, Propheta discipulo,
weichet der Mut-
ter Bruder seinem Enckel/ der ältere dem jüngern/ der Prophet und Lehr-
Meister seinem Discipul. Prediger haben sonderlich ihnen zum Exempel
fürzustellen Christum den Herrn/ wie Er mit Juda gehandelt. Es
straffet Christus der Herr nicht also bald die Personalia, seine eygene
Fehler an ihm/ sondern Er verfahret sanfft und säuberlich mit ihm/ Er
deutet nicht mit Fingern darauff/ sondern sagt allein in genere, ins gemein:
Jhr seyd nicht alle rein/ einer unter euch ist ein Teuffel. Jtem:
Einer der mit uns in die Schüssel eintaucht. Endlich/ da es gar
desperat zu seyn angefangen/ sagt er zu Juda: was du thust/ das thue

bald.
Zehender Theil. Nn

Vom Gewalt der Schluͤſſel.
Klag. Ein gut Wort findet eine gute ſtatt. 5. Elencho fraterno, bruͤ-
derlich/ ſuͤndiget dein Bruder an dir. Gedenck/ daß er dein Bru-
der iſt/ durch die natuͤrliche Geburt und geiſtliche Wiedergeburt/ durch Ge-
meinſchafft des Glaubens. Wegen des natuͤrlichen Gebluͤts/ in maſ-
ſen von einem Blut aller Menſchen Geſchlecht auff dem gan-
tzen Erdboden wohnen/ Act. 17. Durch das Blut JEſu Chriſti/
als der alle Menſchen damit erloͤſet. Nun aber begehret nicht leichtlich ein
Bruder den andern zu verſchreyen/ eben darum/ weil er ſein Bruder iſt.
Ein ſchoͤnes Exempel leſen wir Gen. 13. da ſich allerhand Mißverſtand we-
gen der Weid unter den Hirten Abrahams und Loths erhoben/ ſo ſagt Abra-
ham: Lieber/ laß nicht Zanck zwiſchen mir und dir/ zwiſchen
meinen und deinen Hirten ſeyn/ dann wir ſeynd Gebruͤdere.
Stehet dir nicht alles Land offen? Lieber ſcheide dich von mir.
Wilt du zur Lincken/ ſo will ich zur Rechten/ oder/ wilt du zur
Rechten/ ſo will ich zur Lincken? Alſo ſcheidete ſich ein Bruder
von dem andern. Hier komt 1. Abraham zuvor/ 2. uͤberweißt er den Loth
mit Argumenten. 3. Thut ers in geheim. 4. Suchet er Frieden. 5. Han-
delt er bruͤderlich. Si juvenem aliquem injuſtum vel ſuperſtitioſum The-
ologum adhibuiſſet in conſiliis, is eum exhortatus eſſet, ne cederet, ſed
potius urgeret jus ſuum, ſibi enim promiſſionem terræ eſſe factam,

ſpricht ein Außleger. Das iſt: Wann er einen ungerechten Juͤng-
ling oder aberglaubiſchen Theologum zu rath gefraget haͤtte/
haͤtte vielleicht derſelbe ihm zugeſprochen/ er ſolle nicht weichen/
auff ſein Recht trutzen/ dann ihm waͤre das Land verſprochen
worden. Er ſolle ihn nicht anſehen/ weder ihme ſelbs noch der Poſteritaͤt
kein beſchwerlich præjudicium auffbuͤrden. Aber Abraham gedencket/
ſummum jus ſumma injuria, das hoͤchſte Recht ſeye die hoͤchſte Unbillich-
keit/ gar zu haͤrtig machet ſchaͤrtig. Um des lieben Friedens willen cedit
avunculus nepoti, ſenior juniori, Propheta diſcipulo,
weichet der Mut-
ter Bruder ſeinem Enckel/ der aͤltere dem juͤngern/ der Prophet und Lehr-
Meiſter ſeinem Diſcipul. Prediger haben ſonderlich ihnen zum Exempel
fuͤrzuſtellen Chriſtum den Herrn/ wie Er mit Juda gehandelt. Es
ſtraffet Chriſtus der Herr nicht alſo bald die Perſonalia, ſeine eygene
Fehler an ihm/ ſondern Er verfahret ſanfft und ſaͤuberlich mit ihm/ Er
deutet nicht mit Fingern darauff/ ſondern ſagt allein in genere, ins gemein:
Jhr ſeyd nicht alle rein/ einer unter euch iſt ein Teuffel. Jtem:
Einer der mit uns in die Schuͤſſel eintaucht. Endlich/ da es gar
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bald.
Zehender Theil. Nn
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[281/0299] Vom Gewalt der Schluͤſſel. Klag. Ein gut Wort findet eine gute ſtatt. 5. Elencho fraterno, bruͤ- derlich/ ſuͤndiget dein Bruder an dir. Gedenck/ daß er dein Bru- der iſt/ durch die natuͤrliche Geburt und geiſtliche Wiedergeburt/ durch Ge- meinſchafft des Glaubens. Wegen des natuͤrlichen Gebluͤts/ in maſ- ſen von einem Blut aller Menſchen Geſchlecht auff dem gan- tzen Erdboden wohnen/ Act. 17. Durch das Blut JEſu Chriſti/ als der alle Menſchen damit erloͤſet. Nun aber begehret nicht leichtlich ein Bruder den andern zu verſchreyen/ eben darum/ weil er ſein Bruder iſt. Ein ſchoͤnes Exempel leſen wir Gen. 13. da ſich allerhand Mißverſtand we- gen der Weid unter den Hirten Abrahams und Loths erhoben/ ſo ſagt Abra- ham: Lieber/ laß nicht Zanck zwiſchen mir und dir/ zwiſchen meinen und deinen Hirten ſeyn/ dann wir ſeynd Gebruͤdere. Stehet dir nicht alles Land offen? Lieber ſcheide dich von mir. Wilt du zur Lincken/ ſo will ich zur Rechten/ oder/ wilt du zur Rechten/ ſo will ich zur Lincken? Alſo ſcheidete ſich ein Bruder von dem andern. Hier komt 1. Abraham zuvor/ 2. uͤberweißt er den Loth mit Argumenten. 3. Thut ers in geheim. 4. Suchet er Frieden. 5. Han- delt er bruͤderlich. Si juvenem aliquem injuſtum vel ſuperſtitioſum The- ologum adhibuiſſet in conſiliis, is eum exhortatus eſſet, ne cederet, ſed potius urgeret jus ſuum, ſibi enim promiſſionem terræ eſſe factam, ſpricht ein Außleger. Das iſt: Wann er einen ungerechten Juͤng- ling oder aberglaubiſchen Theologum zu rath gefraget haͤtte/ haͤtte vielleicht derſelbe ihm zugeſprochen/ er ſolle nicht weichen/ auff ſein Recht trutzen/ dann ihm waͤre das Land verſprochen worden. Er ſolle ihn nicht anſehen/ weder ihme ſelbs noch der Poſteritaͤt kein beſchwerlich præjudicium auffbuͤrden. Aber Abraham gedencket/ ſummum jus ſumma injuria, das hoͤchſte Recht ſeye die hoͤchſte Unbillich- keit/ gar zu haͤrtig machet ſchaͤrtig. Um des lieben Friedens willen cedit avunculus nepoti, ſenior juniori, Propheta diſcipulo, weichet der Mut- ter Bruder ſeinem Enckel/ der aͤltere dem juͤngern/ der Prophet und Lehr- Meiſter ſeinem Diſcipul. Prediger haben ſonderlich ihnen zum Exempel fuͤrzuſtellen Chriſtum den Herrn/ wie Er mit Juda gehandelt. Es ſtraffet Chriſtus der Herr nicht alſo bald die Perſonalia, ſeine eygene Fehler an ihm/ ſondern Er verfahret ſanfft und ſaͤuberlich mit ihm/ Er deutet nicht mit Fingern darauff/ ſondern ſagt allein in genere, ins gemein: Jhr ſeyd nicht alle rein/ einer unter euch iſt ein Teuffel. Jtem: Einer der mit uns in die Schuͤſſel eintaucht. Endlich/ da es gar deſperat zu ſeyn angefangen/ ſagt er zu Juda: was du thuſt/ das thue bald. Zehender Theil. Nn

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673/299>, abgerufen am 22.11.2024.