Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673.Vom verlohrnen Sohn. und Kind des Verderbens gezeuget; wie dann freylich David die Tagseines Lebens sich gekräncket und bekümmert/ daß sein Sohn Absalon in seinen Sünden gestorben und umkommen! würde er nicht manchmal gewünschet haben/ o daß das böse Kind nie gebohren wäre/ welches Hertzenleid/ wie Philipp Melanchthon davor hält/ grösser als keines in der Welt/ und nechst dem höllischen Feur am allermeisten schmirtzet. Al- lermassen wie auch zweiffels frey der Vater des verlohrnen Sohns in sol- cher grossen Gefahr gestanden/ da er sein ungerathenes Kind für Augen gesehen/ und sich der Verführung befahret/ wann er ihm einen Sprung in die Welt vergönnen würde; wann er auch erfahren müssen/ daß an sei- nem Sohn das Sprichwort wahr worden/ Heroum filii noxae, fürneh- mer Leuth Kinder gerathen selten wol; Ja wann er sich der Verdamnuß befahren müssen/ nachdem er sich hinauß gewagt/ und der Vater ihn all- bereit für todt und verlohren gehalten. Wird er nicht manchmal ge- wünschet haben; O daß der ungerathene Bößwicht nie wäre gebohren worden/ und hätte von ihm nicht auch mögen gesagt werden/ was man wie oben erzehlet/ von M. Antonino vor Zeiten gesagt/ er wäre glückselig gewesen/ wann er nur keine Kinder gehabt. Wann wir nun annoch auff dem Theatro in der Schau des verlohr- SO erscheinet nun der verlohrne Sohn abermal und präsentiret er C iij
Vom verlohrnen Sohn. und Kind des Verderbens gezeuget; wie dann freylich David die Tagſeines Lebens ſich gekraͤncket und bekuͤmmert/ daß ſein Sohn Abſalon in ſeinen Suͤnden geſtorben und umkommen! wuͤrde er nicht manchmal gewuͤnſchet haben/ ô daß das boͤſe Kind nie gebohren waͤre/ welches Hertzenleid/ wie Philipp Melanchthon davor haͤlt/ groͤſſer als keines in der Welt/ und nechſt dem hoͤlliſchen Feur am allermeiſten ſchmirtzet. Al- lermaſſen wie auch zweiffels frey der Vater des verlohrnen Sohns in ſol- cher groſſen Gefahr geſtanden/ da er ſein ungerathenes Kind fuͤr Augen geſehen/ und ſich der Verfuͤhrung befahret/ wann er ihm einen Sprung in die Welt vergoͤnnen wuͤrde; wann er auch erfahren muͤſſen/ daß an ſei- nem Sohn das Sprichwort wahr worden/ Heroum filii noxæ, fuͤrneh- mer Leuth Kinder gerathen ſelten wol; Ja wann er ſich der Verdamnuß befahren muͤſſen/ nachdem er ſich hinauß gewagt/ und der Vater ihn all- bereit fuͤr todt und verlohren gehalten. Wird er nicht manchmal ge- wuͤnſchet haben; O daß der ungerathene Boͤßwicht nie waͤre gebohren worden/ und haͤtte von ihm nicht auch moͤgen geſagt werden/ was man wie oben erzehlet/ von M. Antonino vor Zeiten geſagt/ er waͤre gluͤckſelig geweſen/ wann er nur keine Kinder gehabt. Wann wir nun annoch auff dem Theatro in der Schau des verlohr- SO erſcheinet nun der verlohrne Sohn abermal und praͤſentiret er C iij
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Vom verlohrnen Sohn.
und Kind des Verderbens gezeuget; wie dann freylich David die Tag
ſeines Lebens ſich gekraͤncket und bekuͤmmert/ daß ſein Sohn Abſalon in
ſeinen Suͤnden geſtorben und umkommen! wuͤrde er nicht manchmal
gewuͤnſchet haben/ ô daß das boͤſe Kind nie gebohren waͤre/ welches
Hertzenleid/ wie Philipp Melanchthon davor haͤlt/ groͤſſer als keines in
der Welt/ und nechſt dem hoͤlliſchen Feur am allermeiſten ſchmirtzet. Al-
lermaſſen wie auch zweiffels frey der Vater des verlohrnen Sohns in ſol-
cher groſſen Gefahr geſtanden/ da er ſein ungerathenes Kind fuͤr Augen
geſehen/ und ſich der Verfuͤhrung befahret/ wann er ihm einen Sprung in
die Welt vergoͤnnen wuͤrde; wann er auch erfahren muͤſſen/ daß an ſei-
nem Sohn das Sprichwort wahr worden/ Heroum filii noxæ, fuͤrneh-
mer Leuth Kinder gerathen ſelten wol; Ja wann er ſich der Verdamnuß
befahren muͤſſen/ nachdem er ſich hinauß gewagt/ und der Vater ihn all-
bereit fuͤr todt und verlohren gehalten. Wird er nicht manchmal ge-
wuͤnſchet haben; O daß der ungerathene Boͤßwicht nie waͤre gebohren
worden/ und haͤtte von ihm nicht auch moͤgen geſagt werden/ was man
wie oben erzehlet/ von M. Antonino vor Zeiten geſagt/ er waͤre gluͤckſelig
geweſen/ wann er nur keine Kinder gehabt.
Wann wir nun annoch auff dem Theatro in der Schau des verlohr-
nen Sohns ſtehen/ und heut acht Tag vernommen/ wie er ſich mit Un-
danck an Gott im Himmel vergriffen/ ſo folget anjetzo in der Ordnung
Impietas & iniquitas in parentem, ſeine Untreu und Gottloſigkeit gegen
ſeinem Vater. Daß wir nun hievon aufferbaulich reden moͤgen/ wolle
Gott ſeine Gnad und Segen verleihen. Amen.
SO erſcheinet nun der verlohrne Sohn abermal und praͤſentiret
ſich I. ut Filius perditus inobediens, als ein ungehorſames
Kind/ darauff deutet ſein aͤlterer Bruder/ dann wann er vom
Feld heimkomt/ und vernimt/ daß die ſchoͤne Zucht/ das verlohrne Kind/
wieder gekommen/ ſo fuͤhret er unter andern ſeinen Verweiſungs-Worten
ſeinem Vater auch zu Gemuͤth ſeinen Gehorſam/ ꝟ. 29. Jch habe dein
Gebott noch nie uͤbertretten/ als wolt er ſprechen: aber dieſer dein
Sohn/ das ehrbare Buͤrſchlein/ das dir allezeit zuwider geweſen/ und dir
in der Jugend groß Hertzenleid gemacht/ wie vielmal hat er dein Gebott
veracht/ und ſeinem Kopff nachgelebet. Auſſer zweiffel/ wie es pflegt zu
geſchehen/ wann der Vater ihm befohlen in die Kirch und Schulen zu
gehen/ hat er ſich bey ſeiner Geſellſchafft in Spiel- und Wuͤrths-Haͤuſern
antreffen laſſen. Wann der Vater gemeynt/ der Sohn ligt im Bett/ iſt
er
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