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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673.

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Vom verlohrnen Sohn.
machts nicht/ wie jener Wolff/ der kein Wasser wolte trüb gemacht haben/
oder wie ein mancher/ der/ wann er schon die Wort des Fluchs höret/ sich
in seinem Hertzen segnet/ Deut. 20, 19. und sagen darff: Botz/ es ist wol
ein greulicher Handel/ daß man so viel Maulwäschens davon haben mag/
man macht ja auß einer Mucken einen Elephanten. Andere deckens
mit Feigen-Blättern zu/ sagen/ es seyen delicta juventutis, man habe es
in der Jugend gethan/ da man es wol verzeihen oder zu gut halten kan;
oder sie schiebens auff andere/ wie Adam und Eva. Also machets der
verlohrne Sohn nicht/ sondern er erkennets/ und wie er hernach in seiner
Confession sich vernemmen lassen/ spricht er: Vater/ ich habe gesündiget/ etc.

Was folgt nun confitente reo, wann die Bekanntnuß richtig?
V. Sententia condemnatoria, das Verdamnuß- und Todes-Ur-
theil/ der Tod ist der Sünden-Sold. Also wußte der verlohrne Sohn
seinen Sententz wol/ der stehet Exod. 20. und Deut. 21. Er soll verflucht
seyn. Welcher Fluch unter die jenige mit eingeruckt worden/ die laut
Deut. 27. auff dem Berg Ebal geschehen/ und heisset: Verflucht sey/
wer seinem Vater und Mutter flucht/ makle, vilipendens, wer sie
verachtet/ und gebührenden Respect nicht gibet/ und alles Volck soll
sagen/ Amen. Da ist er nun worden autokatakritos, sein Hertz hat
ihn verdamt; wie wir solche autokatakrisin und Selbst-Verdammung
in terminis terminantibus haben/ wann er spricht: ich bin fort nicht
mehr werth/ daß ich dein Sohn heisse/ ich habe das Erb-Recht
der Kindschafft verlohren. Das ist das Facit in dieser dokimasia und
Rechnung/ die conclusio in diesem Syllogismo practico, das End-Urtheil
und Malefitz-Sententz; darauff folgte alsobald die Ubergab dem Pro-
foßen/ der Stab wurde gebrochen/ das Urtheil abgesprochen/ und er dem
Scharffrichter übergeben/ ist nicht mehr übrig als das Supplicium, daß
man das Urtheil sollte vollziehen.

Diese waren M. L. des verlohrnen Sohns Gedancken/ da er unter
den Schweinen im Wald herum spatzirete. Jst auch zugleich primus
actus justificationis,
die erste Handlung in dem hohen Werck der Recht-
fertigung für Gott/ und fürwar kein Spiegel-fechten/ keine Idea noch
bloße Einbildung/ sondern ein grosses Göttliches Geheimnus des Gewis-
sens/ wann es recht auffwacht/ und reg wird. Sichere Leute/ die in den
Tag hinein leben/ die da hören die Wort dieses Fluchs/ und segnen sich
doch/ schlagen nicht in sich selbs/ sondern über und neben sich/ die machen
brandmählige und böse Gewissen.

Wir
J ij

Vom verlohrnen Sohn.
machts nicht/ wie jener Wolff/ der kein Waſſer wolte truͤb gemacht haben/
oder wie ein mancher/ der/ wann er ſchon die Wort des Fluchs hoͤret/ ſich
in ſeinem Hertzen ſegnet/ Deut. 20, 19. und ſagen darff: Botz/ es iſt wol
ein greulicher Handel/ daß man ſo viel Maulwaͤſchens davon haben mag/
man macht ja auß einer Mucken einen Elephanten. Andere deckens
mit Feigen-Blaͤttern zu/ ſagen/ es ſeyen delicta juventutis, man habe es
in der Jugend gethan/ da man es wol verzeihen oder zu gut halten kan;
oder ſie ſchiebens auff andere/ wie Adam und Eva. Alſo machets der
verlohrne Sohn nicht/ ſondern er erkennets/ und wie er hernach in ſeiner
Confeſſion ſich vernem̃en laſſen/ ſpricht er: Vater/ ich habe geſuͤndiget/ ꝛc.

Was folgt nun confitente reo, wann die Bekanntnuß richtig?
V. Sententia condemnatoria, das Verdamnuß- und Todes-Ur-
theil/ der Tod iſt der Suͤnden-Sold. Alſo wußte der verlohrne Sohn
ſeinen Sententz wol/ der ſtehet Exod. 20. und Deut. 21. Er ſoll verflucht
ſeyn. Welcher Fluch unter die jenige mit eingeruckt worden/ die laut
Deut. 27. auff dem Berg Ebal geſchehen/ und heiſſet: Verflucht ſey/
wer ſeinem Vater und Mutter flucht/ makle, vilipendens, wer ſie
verachtet/ und gebuͤhrenden Reſpect nicht gibet/ und alles Volck ſoll
ſagen/ Amen. Da iſt er nun worden ἀυτοκατάκριτος, ſein Hertz hat
ihn verdamt; wie wir ſolche ἀυτοκατάκρισιν und Selbſt-Verdammung
in terminis terminantibus haben/ wann er ſpricht: ich bin fort nicht
mehr werth/ daß ich dein Sohn heiſſe/ ich habe das Erb-Recht
der Kindſchafft verlohren. Das iſt das Facit in dieſer δοκιμασίᾳ und
Rechnung/ die concluſio in dieſem Syllogiſmo practico, das End-Urtheil
und Malefitz-Sententz; darauff folgte alſobald die Ubergab dem Pro-
foßen/ der Stab wurde gebrochen/ das Urtheil abgeſprochen/ und er dem
Scharffrichter uͤbergeben/ iſt nicht mehr uͤbrig als das Supplicium, daß
man das Urtheil ſollte vollziehen.

Dieſe waren M. L. des verlohrnen Sohns Gedancken/ da er unter
den Schweinen im Wald herum ſpatzirete. Jſt auch zugleich primus
actus juſtificationis,
die erſte Handlung in dem hohen Werck der Recht-
fertigung fuͤr Gott/ und fuͤrwar kein Spiegel-fechten/ keine Idea noch
bloße Einbildung/ ſondern ein groſſes Goͤttliches Geheimnus des Gewiſ-
ſens/ wann es recht auffwacht/ und reg wird. Sichere Leute/ die in den
Tag hinein leben/ die da hoͤren die Wort dieſes Fluchs/ und ſegnen ſich
doch/ ſchlagen nicht in ſich ſelbs/ ſondern uͤber und neben ſich/ die machen
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[67/0085] Vom verlohrnen Sohn. machts nicht/ wie jener Wolff/ der kein Waſſer wolte truͤb gemacht haben/ oder wie ein mancher/ der/ wann er ſchon die Wort des Fluchs hoͤret/ ſich in ſeinem Hertzen ſegnet/ Deut. 20, 19. und ſagen darff: Botz/ es iſt wol ein greulicher Handel/ daß man ſo viel Maulwaͤſchens davon haben mag/ man macht ja auß einer Mucken einen Elephanten. Andere deckens mit Feigen-Blaͤttern zu/ ſagen/ es ſeyen delicta juventutis, man habe es in der Jugend gethan/ da man es wol verzeihen oder zu gut halten kan; oder ſie ſchiebens auff andere/ wie Adam und Eva. Alſo machets der verlohrne Sohn nicht/ ſondern er erkennets/ und wie er hernach in ſeiner Confeſſion ſich vernem̃en laſſen/ ſpricht er: Vater/ ich habe geſuͤndiget/ ꝛc. Was folgt nun confitente reo, wann die Bekanntnuß richtig? V. Sententia condemnatoria, das Verdamnuß- und Todes-Ur- theil/ der Tod iſt der Suͤnden-Sold. Alſo wußte der verlohrne Sohn ſeinen Sententz wol/ der ſtehet Exod. 20. und Deut. 21. Er ſoll verflucht ſeyn. Welcher Fluch unter die jenige mit eingeruckt worden/ die laut Deut. 27. auff dem Berg Ebal geſchehen/ und heiſſet: Verflucht ſey/ wer ſeinem Vater und Mutter flucht/ makle, vilipendens, wer ſie verachtet/ und gebuͤhrenden Reſpect nicht gibet/ und alles Volck ſoll ſagen/ Amen. Da iſt er nun worden ἀυτοκατάκριτος, ſein Hertz hat ihn verdamt; wie wir ſolche ἀυτοκατάκρισιν und Selbſt-Verdammung in terminis terminantibus haben/ wann er ſpricht: ich bin fort nicht mehr werth/ daß ich dein Sohn heiſſe/ ich habe das Erb-Recht der Kindſchafft verlohren. Das iſt das Facit in dieſer δοκιμασίᾳ und Rechnung/ die concluſio in dieſem Syllogiſmo practico, das End-Urtheil und Malefitz-Sententz; darauff folgte alſobald die Ubergab dem Pro- foßen/ der Stab wurde gebrochen/ das Urtheil abgeſprochen/ und er dem Scharffrichter uͤbergeben/ iſt nicht mehr uͤbrig als das Supplicium, daß man das Urtheil ſollte vollziehen. Dieſe waren M. L. des verlohrnen Sohns Gedancken/ da er unter den Schweinen im Wald herum ſpatzirete. Jſt auch zugleich primus actus juſtificationis, die erſte Handlung in dem hohen Werck der Recht- fertigung fuͤr Gott/ und fuͤrwar kein Spiegel-fechten/ keine Idea noch bloße Einbildung/ ſondern ein groſſes Goͤttliches Geheimnus des Gewiſ- ſens/ wann es recht auffwacht/ und reg wird. Sichere Leute/ die in den Tag hinein leben/ die da hoͤren die Wort dieſes Fluchs/ und ſegnen ſich doch/ ſchlagen nicht in ſich ſelbs/ ſondern uͤber und neben ſich/ die machen brandmaͤhlige und boͤſe Gewiſſen. Wir J ij

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673/85>, abgerufen am 21.11.2024.